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1. Die Beobachtung der Gebote, die ein unverbrüchliches Halten von ihnen ist, bewirkt Sicherheit des Lebens. Und es ist nicht möglich, ohne Tapferkeit S. a209 ausdauernd zu sein, und ebenso wenig, ohne Besonnenheit enthaltsam zu sein.
2. Die Tugenden stehen eben in ununterbrochener Wechselwirkung miteinander (sie bedingen sich gegenseitig),1 und bei demjenigen, bei dem diese Verbindung der Tugenden vorhanden ist, bei dem ist auch die Rettung, die eine Bewahrung des Wohlbefindens ist.
3. Es ist daher begreiflich, daß wir, während wir noch über die oben genannten Tugenden handelten, damit zugleich Erwägungen über alle angestellt haben; denn wer eine einzige Tugend mit voller Erkenntnis besitzt, der besitzt wegen ihrer unlösbaren Verbindung untereinander alle Tugenden.
4. So ist die Enthaltsamkeit ein Verhalten, das nie die durch die richtige Vernunft gezogenen Grenzen überschreitet.2 Enthaltsamkeit ist demnach, wer die der richtigen Vernunft widerstrebenden Triebe beherrscht oder wer sich selbst so beherrscht, daß er nichts gegen die richtige Vernunft erstrebt.3
5. Diese Tugend (die Enthaltsamkeit) ist Besonnenheit, zugleich verbunden mit Tapferkeit, da sie aus der Befolgung der Gebote hervorgeht, gehorsam gegen Gott, der diese anordnete; ferner ist sie auch Klugheit und Gerechtigkeit, die das göttliche Verhalten nachahmt. Wenn wir dieser Gerechtigkeit entsprechend enthaltsam sind, sind wir in Reinheit auf dem Wege zur Frömmigkeit und zu einem Handeln, das Gott getreu folgt, und wollen dem Herrn ähnlich werden, soweit das für uns möglich ist, die wir von vergänglichem Wesen sind.