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1. Denn es ist zwar gestattet, sich von dem Fleisch der Böckchen und Lämmer1 zu nähren, und man könnte es S. a218 deshalb vielleicht noch entschuldigen, wenn man das Neugeborene von seiner Mutter trennt; aber welche Entschuldigung gibt es für das Aussetzen der Kinder? Denn wer keine Kinder haben will, sollte lieber überhaupt nicht heiraten, als daß er wegen seiner unbeherrschten Wollust zum Kindermörder wird.2
2. Wiederum verbietet das gütige Gesetz, am gleichen Tage das Junge und seine Mutter zu schlachten.3 Davon ist das Gesetz der Römer abhängig, wonach an einer zum Tode verurteilten schwangeren Frau die Strafe nicht vollzogen werden darf, bevor die entbunden hat.4
3. Das Gesetz verbietet ja geradezu, trächtige Tiere zu schlachten, bevor die das Junge zur Welt gebracht haben5 und verurteilt so schon von weitem die frevelhafte Leichtfertigkeit derer, die gegen einen Menschen freveln wollen. So dehnte das Gesetz seine Milde sogar auf die unvernünftigen Tiere aus, damit wir an denen, die nicht gleichen Wesens mit uns sind, Milde üben und dann in weit höherem Maß Freundlichkeit gegen Unseresgleichen walten lassen.6