136.
1. So sagt der Herr im Namen Gottes: „Bittet mich, und ich will dir Völker zu deinem Erbe geben“,1 womit er den Menschen lehren will, die königlichste Bitte an ihn zu richten, nämlich das Heil der Menschen zu erbitten ohne eigenen Lohn, damit in der Tat wir selbst den Herrn erben und ihn für uns gewinnen.
2. Andererseits ist für den Gnostiker nicht eigentümlich, wegen irgendeines Zwecks, damit mir dies geschehe und dies nicht geschehe, die Gotteserkenntnis zu erstreben; vielmehr genügt ihm als Anlaß des Schauenwollens die Erkenntnis an und für sich.
3. Ja, ich möchte es wagen, zu behaupten: Nicht weil er selig werden will, wird der die Erkenntnis wählen, der allein wegen des Wissens von Gott der Erkenntnis nachjagt.
4. Denn das Denken erweitert sich durch Übung zum fortwährenden Denken; das unausgesetzte Denken aber, das infolge der unaufhörlichen Verbindung mit dem Erkennenden zu dessen Wesenseigenschaft und zur ewigen Anschauung geworden ist, bleibt lebendige Wirklichkeit.
5. Angenommen also, es würde den Gnostiker jemand vor die Frage stellen, was von beiden er wählen wolle, die Erkenntnis Gottes oder die ewige Seligkeit, und diese beiden wären etwas Verschiedenes (während sie doch vielmehr S. b93 gleichbedeutend sind) so würde er sich keinen Augenblick besinnen, sondern die Erkenntnis Gottes wählen, in der Überzeugung, daß die Beschaffenheit, die über den Glauben hinaus durch die Liebe zur Erkenntnis fortgeschritten ist, ihrer selbst wegen wählenswert sei.
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Ps 2,8. ↩