94.
1. Dann fährt die Schrift fort: „Und es sprach Gott: Es werde Licht! Und es ward Licht.“1 Bei der Erschaffung der sichtbaren Welt aber läßt die Schrift einen festen Himmel entstehen (das Feste aber ist sinnlich wahrnehmbar) und eine sichtbare Erde und ein sichtbares Licht.2
2. Glaubst du nicht, daß Platon von dieser Stelle abhängig ist, wenn er Urbilder der lebenden Wesen in der geistigen Welt annimmt und die sinnlich wahrnehmbaren Einzelwesen nach den geistigen Gattungen bilden läßt?3
3. Mit gutem Recht sagt also Moses, daß der Leib aus Erde geformt wurde (was Platon eine irdische Hütte4 nennt) und daß die vernünftige Seele von oben her von Gott in das menschliche Antlitz eingehaucht worden sei.5
4. Denn hier, sagt man, hat der herrschende Teil der Seele seinen Platz erhalten, indem man so andeutet, daß beim ersten Menschen die Seele nachträglich durch die Sinneswerkzeuge hineingekommen sei;6 deshalb sei auch der Mensch „nach Bild und nach Ähnlichkeit“7 geschaffen worden.
5. Denn „Bild“ Gottes ist das göttliche und königliche Gotteswort, der von jeder Gemütsbewegung freie Mensch, Abbild des Bildes aber ist der menschliche Geist.8
6. Wenn du aber das Ähnlichwerden mit einem anderen Wort benennen willst, so findest du es bei Moses als „Nachfolge Gottes“ S. b199 bezeichnet. Denn er sagt: „Folgt dem Herrn, eurem Gott, nach und haltet seine Gebote!“9 „Nachfolger“ aber, meine ich, und Verehrer Gottes sind alle Tugendhaften.10
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Gen 1,1-3. ↩
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Vgl. Philon, a.a.O. 36.38.55. ↩
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Vgl. Platon, Timaios p. 30 CD. ↩
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Vgl. Platon, Axiochos p. 365 E; 366 A. ↩
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Vgl. Gen 2,7. ↩
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Vgl. Philon, Leg. alleg. I 31 ff.39; De opif. mundi 139. ↩
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Vgl. Gen 1,26. ↩
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Vgl. Philon, Quis rer. div. her. 231. ↩
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Dtn 13,4. ↩
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Vgl. Strom. II 100,4; 101,1; Philon, De migr. Abr. 127 f.131. ↩