95.
1. Infolge davon haben die Stoiker als Ziel des Weisheitsstrebens das naturgemäße Leben bezeichnet,1 Platon aber das Gottähnlichwerden, wie wir im zweiten Buche der Teppiche dargelegt haben.2
2. Der Stoiker Zenon aber ist von Platon abhängig (wie dieser von der barbarischen Philosophie), wenn er sagt, daß alle Guten untereinander Freunde seien.3
3. Sokrates sagt nämlich im Phaidros: „Es ist vom Schicksal so bestimmt, daß kein Schlechter einem Schlechten Freund sein kann und kein Guter nicht Freund eines Guten.“4 Dies hat er auch im Lysis hinreichend klar gemacht, daß inmitten von Unrecht und Schlechtigkeit niemals Freundschaft bestehen kann.5
4. Und ähnlich sagt der Gastfreund aus Athen: „Eine Gott wohlgefällige Handlungsweise und eine Nachfolge Gottes und eine solche, die einem alten Sprichwort entspricht, ist es, wenn gleich und gleich sich gern gesellt und miteinander befreundet ist, wenigstens wenn es das richtige Maß in sich trägt, während sich das, was das rechte Maß überschreitet, weder mit seinesgleichen noch mit dem Maßvollen befreunden kann. Gott aber sollte für uns das Maß aller Dinge sein.“6