55.
Hierauf sagt der Jude seinen Mitbürgern, die den Glauben an Jesus angenommen haben: „Wohlan, nun wollen wir auch glauben, dass euch dies gesagt worden sei. Aber wie viele andere vollbringen nicht solche Wunderdinge, um ihre einfältigen Zuhörer zu überzeugen und aus der Verführung Vorteil zu ziehen? Dasselbe hat, wie man erzählt, Zamolxis, der Sklave des Pytagoras, bei den Skythen1 und Pythagoras selbst in Italien{^251] getan, S. 173 desgleichen Rhampsinit in Ägypten, der nach der Sage in der Unterwelt 'mit Demeter Würfel spielte' und 'mit einem goldenen Handtuch von ihr beschenkt`zur Oberwelt zurückkehrte2; und fürwahr auch Orpheus bei den Odrysen, Protesilaos in Thessalien, Herakles zu Tänaron und Theseus3. Aber jene Frage muß man prüfen, ob einmal jemand, der in Wahrheit gestorben war, mit demselben Leibe auferstanden ist. Oder meint ihr, was von den andern erzählt wird, das sei Fabel und gelte auch dafür, von euch dagegen sei der Ausgang des Schauspiels schicklich oder glaubwürdig erfunden worden, nämlich sein Ausruf am Pfahl, als er verschied, und das Erdbeben und die Finsternis4. Dass er nun, der lebend sich selbst nicht helfen konnte, als Toter auferstanden ist und die Merkmale seiner Strafe zeigte, und die Hände, wie sie durchbohrt waren5 - wer hat dies gesehen? Ein halbrasendes Weib, wie ihr sagt6 und vielleicht noch ein anderer von derselben Gaunerbande7, der entweder die Anlage zu solchen Träumen in sich trug und ein Opfer irregeleiteter Phantasie, sich nach Belieben ein solches Trugbild schuf, wie dies schon Tausenden begegnet ist, oder der, was ich lieber glauben möchte, die andern Menschen mit dieser Gaukelei in Erstaunen setzen und durch solche S. 174 Lüge andern Schwindlern einen Anhakt geben wollte“.
Weil es nun ein Jude ist, der dies sagt, so wollen wir die Verteidigung unseres Jesus so führen, als ob ein Jude unser Gegner wäre, und auch weiter das, was er vorgebracht hat, auf Moses beziehen und ihm entgegnen: "Aber wie viele andere vollbringen nicht solche Wunderdinge, wie Moses sie gewirkt, um ihre einfältigen Zuhörer zu überzeugen und aus der Verführung Vorteil zu ziehen?" Die Anführung der Wundertaten des "Zamolxis und Pythagoras" wäre eher möglich gewesen bei einem, der dem Moses nicht glaubt, als bei dem Juden, der die Sagen der Griechen gar nicht kennen lernen will. Auch würde ein Ägyptier, der die von Moses berichteten Wunder leugnet, mit <größerer8> Wahrscheinlichkeit auf "Rhampsinit" verweisen und sagen können, es sei viel glaubwürdiger, dass dieser in die Unterwelt hinabgestiegen sei und dort 'mit Demeter Würfel gespielt und ein goldenes Handtuch von ihr mitgenommen zum Beweis für seinen Aufenthalt in der Unterwelt und seine Rückkehr von dort vorgezeigt habe',als dass Moses, wie er von sich selber schreibt, "in das Dunkel, wo Gott war, hineingegangen sei"9, und dass er „allein Gott nahte“, und die andern nicht. Denn also schreibt er: „Und Moses soll allein Gott nahen, die andern aber sollen (ihm) nicht nahen“10. Wir Jünger Jesu werden nun zu dem Juden, der uns dies vorhält, sagen: Da du uns den Glauben an Jesus zum Vorwurf machst, so verteidige dich nun <auch selbst11> und sage dem Ägyptier und den Griechen, was du zu den gegen unsern Jesus von dir erhobenen Vorwürfen bemerken wirst, da diese auch den Moses treffen würden. Und wenn du die Verteidigung für Moses kräftig führst, wie er sich auch in klarer und schlagender Weise verteidigen läßt, so wirst S. 175 du, ohne es zu merken, in deiner Verteidigung des Moses wider Willen für Jesus größere Göttlichkeit als für Moses feststellen.
Vgl. Herodot IV 95. ↩
Vgl. Herodot II 122. ↩
Vgl. Apollodor, Bibl. I 14. 15 (3,2); II 122-124 (5, 12); Epit. 3, 30. 31. ↩
Vgl. Mt 27,46.51.54.45 u. Par. ↩
Vgl. Joh 20,24-29 u. Par. ↩
Vgl. Joh 20,1.11-18 u. Par. ↩
Vgl. Lk 24,34; Joh 20,25.26-29. ↩
Siehe Scan. ↩
Vgl. Ex 20,21. ↩
Ex 24,2. ↩
Siehe Scan. ↩
