51.
Sind aber jene Philosophen, wenn sie so handeln, nicht zu tadeln, so fragt es sich, ob nicht die Christen mit größerem Eifer und Erfolg, als sie, die große Menge zur Tugend ermahnen. Denn die Philosophen, die ihre Vorträge auf öffentlicher Straße halten, wählen sich ihre Zuhörer nicht aus, sondern wer will, bleibt stehen und hört zu. Die Christen aber prüfen zuvor, so gut sie es können, die Herzen derer, die ihnen zuhören wollen, sie geben ihnen persönlich vorher Unterweisung, und erst wenn diese Zuhörer vor ihrem Eintritt in die Gemeinschaft ausreichende Fortschritte in dem Willen, sittlich zu leben, gemacht zu haben scheinen, werden sie aufgenommen. Aus den Neuaufgenommenen und Anfängern aber, die das Zeichen der Reinigung (d. h. die Taufe) noch nicht empfangen haben, bilden sie eine eigene Abteilung und sondern sie von jenen ab, die, soweit dies möglich ist, ihrem Entschluß, nur nach den Vorschriften des christlichen Glaubens leben zu wollen, erwiesen haben. Unter den letzteren sind einige damit S. 264 betraut, das Leben und den Wandel der Personen eifrig zu überwachen, die in die Gemeinschaft aufgenommen werden wollen. Sie müssen denjenigen, die ein verrufenes Leben führen, die Aufnahme versagen, die andern aber mit Freuden aufnehmen und mit jedem Tage besser zu machen suchen. Was für eine Zucht üben sie aber auch gegenüber den Sündern, besonders jenen gegenüber aus, die sich der Unzucht ergeben!
Diese entfernen sie von ihrer Gemeinschaft, und trotzdem vergleicht sie Celsus mit jenen Leuten, „die auf den Märkten die berüchtigsten Dinge zur Schau stellen“. Die ehrwürdige Schule der Pythagoreer betrachtete diejenigen als Tote, die von ihrer Lehre abfielen, und errichtete ihnen Grabmäler. Die Christen aber beklagen diejenigen, welche der Unkeuschheit oder einer anderen Sünde verfallen sind, als Tote, als wenn sie verloren und Gott abgestorben seien1. Wenn sie aber genügende Beweise einer aufrichtigen Sinnesänderung gegeben haben, so werden sie wie von den Toten Auferstandene später einmal wieder aufgenommen; indessen ist für diese Wiederaufnahme längere Vorbereitungszeit als für die erste Aufnahme erforderlich. Weil sie nach ihrem Eintritt ins Christentum gefallen sind, so werden sie für die Zukunft zu keinem Amt und zu keiner leitenden Stellung in der Kirche Gottes herangezogen.
Vgl. Lk 15,32 und Clemens Al., Strom. V 9. Quis dives salv. c. 42, 9 (II 364, 27 ff. u. III 189, 16 f. Stählin). ↩
