20. Weissagung über Jesus Christus.
Denn jetzt noch versammeln sich die Juden am zehnten Tage des Monats Gorpiäus und lesen die Klagelieder Jeremiä, in welchen gesagt ist: „Der Geist, Christus der Herr, ist vor unserm Angesichte in verderbenbringenden Schlingen gefangen,”1 und Baruch, wo geschrieben steht: „Dieser ist S. 173 unser Gott, kein Anderer ist ihm zu vergleichen;2 er fand alle Wege der Weisheit und lehrte sie Jakob, seinem Knecht Israel, seinem Liebling. Darnach erschien er auf Erden und wandelte unter den Menschen.” Und während der Lesung beklagen und beweinen sie, wie sie selbst glauben, die Verwüstung durch Nabuchodonosor, in Wahrheit aber spielen sie unfreiwillig die Vorspiele der Trauer über das künftige Leid, welches sie treffen wird. — Am zehnten Tage nach der Himmelfahrt, welcher vom ersten Sonntag (Ostern) an gerechnet der fünfzigste (πεντεκοστή) ist, sollet ihr ein hohes Fest begehen. An diesem (Tage) nämlich hat der Herr Jesus um die dritte Stunde auf uns herab die Gabe des hl. Geistes gesendet, und wir wurden erfüllt mit seiner Kraft und sprachen in neuen Sprachen, wie der Geist es uns eingab, und wir haben den Juden und Heiden gepredigt, daß er sei der Sohn Gottes, bestimmt von ihm als Richter der Lebendigen und der Todten.3 Diesem gibt Moses Zeugniß mit den Worten: „Es nahm der Herr Feuer vom Herrn und regnete.”4 Diesen sah Jakob in der Gestalt eines Mannes und sprach: „Ich habe Gott gesehen von Angesicht zu Angesicht, und meine Seele ward gerettet.”5 Diesen nahm Abraham gastlich auf und pries ihn als Richter und seinen Herrn.6Diesen sah Moses im Dornstrauch,7 und von ihm sprach er im Deuteronomium: „Einen Propheten aus deinem Volke und aus deinen Brüdern, wie mich, wird dir der Herr dein Gott erwecken; den sollt ihr hören, was immer er zu euch sagen wird; und jede Seele, welche den Propheten nicht hört, wird ausgerottet werden aus seinem Volke.”8 Diesen sah Jesus, der Sohn des Nave, als den Anführer der Kriegsmacht des Herrn und Bundesgenossen im Kampfe und Streite gegen Jericho; vor diesem fiel er nieder wie ein Diener vor seinem Herrn und betete ihn an. Diesen S. 174 sah Samuel als Gesalbten Gottes und nannte Priester und Könige Gesalbte.9Diesen sah David10 und sang über ihn das Lied mit der Aufschrift: „Lied für den Geliebten” und an seine Person sich wendend, sprach er: „Gurte dein Schwert um deine Hüfte, Gewaltiger, gemäß deiner Wohlgestalt und spanne (den Bogen), schreite (siegreich) voran und herrsche um der Wahrheit und Sanftmuth und Gerechtigkeit willen, so wird dich wunderbar führen deine Rechte. Deine Pfeile sind scharf, Gewaltiger, daß Völker unter dir fallen; sie gehen ins Herz der Feinde des Königs: deswegen hat dich gesalbt Gott, dein Gott, mit dem Ö!e der Freude vor allen Theilnehmern.” Von ihm und wie in seinem Namen sprach auch Salomon: „Der Herr hat mich erschaffen als Anfang seiner Wege zu seinen Werken; vor der Zeit hat er mich gegründet im Anfang, ehe er die Erde schuf, ehe die Wasserquellen flossen, ehe die Berge gefestigt wurden, und vor allen Hügeln schuf er mich;”11 und wieder: „Die Weisheit baute sich ein Haus.”12Von ihm redete auch Isaias: „Und ein Reis wird hervorkommen aus der Wurzel Jesse und eine Blume aufgehen aus seiner Wurzel. Die Wurzel Jesse wird zum Panier für die Völker stehen, auf ihn werden die Völker hoffen;”13 und Zacharias: „Siehe, dein König kommt zu dir, gerecht und als Heiland; er ist sanftmüthig und reitet auf einer Eselin, auf dem jungen Füllen einer Eselin.”14 Daniel15 sagt von ihm, daß er des Menschen Sohn sei, zum Vater komme und alles Gericht und die Ehre von ihm empfange, und daß er jener Stein sei, der sich vom Berge losriß ohne Menschenhände und zu einem großen Berge wurde, welcher die ganze Erde ausfüllte, die Herrschaft vieler Fürsten und den Kultus der Vielgötterei vernichtete, den einen Gott predigte und das Reich der Römer auserwählte. Von ihm sprach auch S. 175 Jeremias prophetisch: „Der Geist, Christus der Herr, ward vor unsern Augen in ihren Verderben bringenden Schlingen gefangen, er, von dem wir sagten: Unter seinem Schatten wollen wir wohnen unter den Heiden.”16 Aber auch Ezechiel und die übrigen Propheten sagen allenthalben, Dieser sei Christus, Herr, König, Richter, Gesetzgeber, Engel des Vaters, der eingeborne Gott. Diesen also verkünden und predigen auch wir euch, Gott das Wort, welches seinem Gott und Vater diente bei der Schöpfung des Alls. Im Glauben an Diesen werdet ihr leben. Wenn ihr aber nicht glaubet, werdet ihr gestraft werden. „Denn wer nicht glaubt dem Sohne, wird nicht sehen das Leben, sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm.”17
Nachdem ihr den Pfingsttag gefeiert, feiert noch eine Woche und darnach fastet (eine Woche); denn es ist billig, daß ihr des göttlichen Geschenkes euch erfreut und nach der Erholung fastet. Denn auch Moses18 und Elias19 fasteten vierzig Tage, und Daniel20 aß drei Wochen lang das beliebte Brod nicht, und Fleisch und Wein kam nicht in seinen Mund. Und die selige Anna, als sie um den Samuel bat, sprach: „Wein und Alles, was berauschen kann, hab' ich nicht getrunken, sondern nur ausgeschüttet mein Herz vor dem Herrn!”21 Auch die Niniviten fasteten drei Tage und drei Nächte, um der Gefahr des göttlichen Zornes zu entfliehen,22 und Esther23 und Mardochäus und Judith24 haben den Aufruhr der Gottlosen — des Holofernes und Aman — durch Fasten abgewendet, und David endlich sagt: „Meine Kniee sind schwach von Fasten, und mein Fleisch ist entfallen aus Mangel des Öls.”25 In gleicher Weise sollet auch ihr Alles, um was ihr Gott bittet, in Fasten von ihm erbitten. Nach dieser Fastenwoche, so verordnen wir, sollet ihr jede vierte und sechste Ferie fasten und euern Überfluß vom Fasten den Ar- S. 176 men geben. An jedem Sabbat aber, einen ausgenommen, und an jeglichem Tag des Herrn haltet Zusammenkünfte und freuet euch; denn der Sünde würde schuldig sein, wer am Sonntag, der der Tag der Auferstehung des Herrn ist, fasten würde, oder Pfingsten oder überhaupt einen Festtag in Trauer beginge; denn an diesen Tagen muß man sich freuen, nicht aber trauern.
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Klagelied. Jer. 4, 20. ↩
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Bar. 3, 36. ↩
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Apostelg. 10, 24. ↩
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Gen. 19, 24. ↩
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Gen. 32, 30. ↩
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Gen. 18, 25. 27. ↩
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Exod. 3, 2. ↩
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Deut. 18, 15. ↩
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I. Kön. 12, 3. ↩
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Ps. 44, 1. 4. 6. ↩
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Sprüchw. 8, 22 . ↩
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Sprüchw. 9, 1. ↩
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Is. 11, 1. 10. ↩
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Zach. 9, 9. ↩
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Dan, 7, 13. ↩
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Klagel. 4, 20. ↩
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Joh. 3, 6. ↩
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Exod. 34, 28. ↩
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III. Kön. 19, 8. ↩
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Dan. 10, 2. ↩
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I. Kön. 1. 15. ↩
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Jon. 3, 5. ↩
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Esth. 4, 16. ↩
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Jud. 8, 6. ↩
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Ps. 108, 24. ↩