58.
So kennt also die göttliche Schrift den Unterschied von Zeugung und Geschöpfen und erweist die Zeugung als Sohn, der nicht mit irgendeinem Anfang begann, sondern ewig ist, die Schöpfung aber bezeichnet sie als ein Werk, das außerhalb von seinem Schöpfer existiert und zu werden begonnen hatte. Denn so kannte auch Johannes, wo er vom Sohne handelte, den Unterschied der Worte und sagte nicht: „Im Anfang ist geworden oder gemacht worden“, sondern: „Im Anfang war das Wort“, damit mit dem „war“ zugleich die S. 201 Zeugung wahrgenommen würde, und man nicht an eine Unterbrechung dächte, sondern damit man glaube, daß der Sohn immer und ewig existiert. Wenn aber dies so bewiesen ist, wie konntet ihr Arianer dann ohne Verständnis der Stellen im Deuteronomium auch hierin wieder gegen den Herrn zu freveln euch erkühnen und sagen, er sei ein gemachtes Wesen oder Geschöpf oder eine Zeugung? Denn ihr behauptet ja, daß Zeugung und gemachtes Wesen dasselbe bedeute. Gleichwohl wird man euch auch hieraus wieder als unwissende und gottlose Leute erkennen. Die erste Stelle nämlich lautet also: „Hat nicht dieser dein Vater selbst dich erworben, dich gemacht und dich geschaffen?“1 Und kurz darauf sagt er in demselben Gesänge: „Gott, der dich erzeugt hat, hast du verlassen und Gott, der dich ernährt, hast du vergessen“2. Der Sinn ist recht merkwürdig. Denn er hat nicht zuerst gesagt „gezeugt“, damit der Ausdruck nicht gleichbedeutend wäre mit „gemacht“ und diese nicht einen Vorwand fänden zu behaupten: Moses hat gesagt, daß Gott im Anfang gesprochen habe: „Lasset uns den Menschen machen“; später aber sagte er selbst: „Gott, der dich erzeugt hat, hast du verlassen“, weil die Worte gleichbedeutend sind; denn Zeugung und gemachtes Wesen bedeuten dasselbe. Vielmehr hat er nach dem „erworben“ und „gemacht“ nachher noch „gezeugt“ hinzugefügt, damit die Rede auch mit einer Erklärung dastünde. Denn mit dem Ausdruck „gemacht“ bezeichnet er in Wahrheit das naturhafte Wesen der Menschen, nämlich, daß sie Geschöpfe und gemachte Wesen sind, mit „gezeugt“ offenbart er die Liebe Gottes gegen die Menschen nach ihrer Erschaffung. Und da sie sich gegen diese undankbar erwiesen haben, so schilt sie Moses zunächst mit den Worten: „So vergeltet ihr dem Herrn?“3. Dann fährt er fort: „Hat nicht dieser dein Vater selbst dich erworben und dich gemacht und dich geschaffen?“4 Und dann sagt er wiederum: „Sie opferten den Dämonen und S. 202 nicht Gott, Göttern, die sie nicht kannten. Neu und jüngst kamen sie, die ihre Väter nicht verehrten. Gott, der dich erzeugt hat, hast du verlassen“5.