1.
S. 400 Dein Brief, ein Beweis deiner heiligen Zuneigung, wurde mir in der Wüste übergeben. Und wenn auch bittere Verfolgung und mannigfache Nachstellung derer uns bedrängte, die uns nach dem Leben strebten, so hat uns doch „der Vater der Erbarmung und Gott jeglichen Trostes"1 durch deinen Brief getröstet. Denn in der Erinnerung an deine und aller Edeldenkenden Wohlgeneigtheit glaubte ich sie alle da bei mir zugegen. Ich war deshalb beim Empfang des Briefes hocherfreut; als ich ihn aber gelesen hatte, überkam mich um jener willen, die nun einmal gegen die Wahrheit streiten wollen, alsbald wieder große Niedergeschlagenheit. Du, innig und wahrhaft geliebter Freund, selbst voll Betrübnis, schreibst mir nämlich, daß sich einige wegen der Lästerung des Gottessohnes zwar von den Arianern getrennt haben, aber selbst unrichtige Anschauungen über den Heiligen Geist haben und behaupten, derselbe sei nicht bloß ein Geschöpf, sondern sogar einer der dienenden Geister2 und nur um eine Stufe von den Engeln verschieden. Das ist zwar ein scheinbarer Kampf gegen die Arianer, in Wahrheit jedoch ein Widerspruch gegen den frommen Glauben. Denn wie jene durch die Leugnung des Sohnes auch den Vater leugnen, so schmähen S. 401 diese durch die Schmähung des Heiligen Geistes auch den Sohn. Beide Parteien teilten sich lediglich in den Widerstand gegen die Wahrheit, um so, indem die einen über den Logos und die andern über den Geist unrichtigen Anschauungen huldigen, die heilige Trinität in gleicher Weise zu lästern. Als ich nun das so bedachte und eingehend überlegte, überkam mich Traurigkeit, weil der Teufel wieder Gelegenheit gefunden hatte, durch jene, die seine wahnwitzige Rolle darstellen, sein Spiel zu treiben. Ich hatte zwar den Entschluß gefaßt, in dieser Zeit zu schweigen; aber auf die Anregung deiner Heiligkeit hin und um des Irrglaubens und der satanischen Dreistigkeit jener Leute willen schreibe ich in aller Kürze diesen Brief, allerdings kaum dazu imstande, nur damit auch du dadurch veranlaßt würdest, gemäß deiner Einsicht das Mangelnde zu ergänzen, und damit so die Widerlegung der gottlosen Ketzerei vollkommen wäre.