289. Frage.
Wer die Sünde bereut und in dieselbe zurückfällt, was soll Der thun?
Antwort. Hat Jemand sich einmal bekehrt und fällt wieder in dieselbe Sünde, so ist Das ein Beweis, daß die erste Ursache jener Sünde noch nicht ausgerottet war, aus der wie aus einer Wurzel die gleichen Sünden entsprießen müssen. Denn wie wenn Jemand die Zweige eines Baumes abhauen wollte und die Wurzel ließe, die bleibende Wurzel nichts destoweniger dieselben Zweige treiben würde; ebenso muß, da einige Sünden nicht in sich selbst den Ursprung haben, sondern aus anderen entsprießen, Derjenige, der von S. 349 ihnen rein werden will, die ersten Ursachen jener Sünden entfernen. So entspringen Streit und Neid nicht aus sich selbst, sondern entsprießen der Wurzel des Ehrgeizes. Denn wer nach der Ehre bei den Menschen strebt, der streitet mit Dem, der in Ansehen steht, oder beneidet Denjenigen, der in gutem Rufe steht. Fällt nun Jemand, der sich einmal des Neides oder Streites angeklagt hat, wieder in diese Fehler zurück, so wisse er, daß er noch an der ersten Ursache des Neides oder Streites, nämlich an dem Ehrgeize krank ist. Und er muß im Gegentheile durch die Übungen der Demuth — denn die Übung der Demuth besteht in der Beschäftigung mit niedrigen Arbeiten — die Leidenschaft des Ehrgeizes heilen, damit er, nachdem er sich so in die Verfassung der Demuth gesetzt hat, nicht mehr in die erwähnten Fehler des Ehrgeizes falle; und in ähnlicher Weise verhält es sich mit jeder derartigen Sünde.