1.
XVI. Rede.
An den schweigenden Vater anläßlich eines Hagelschlages1.
Warum stört ihr eine löbliche Ordnung2? Warum zwingt ihr eine Zunge, welche sich dem Gesetze fügt? Warum fordert ihr ein Wort, das sich willig dem Geiste unterordnen möchte? Warum verzichtet ihr auf das Haupt und eilt ihr zu den Füßen? Warum übergeht ihr den Aaron und verlangt ihr den Eleazar? Mir gefällt es nicht, daß man die Quelle verstopft und dem Gießbach freien Lauf läßt, die Sonne versteckt und einen Stern sehen läßt, daß das Alter sich zurückzieht und die Jugend gebietet, daß die Weisheit schweigt und die Unerfahrenheit sich hervortut. Nicht ist stets ein stärkerer Regen vorteilhafter als ein geringerer. Denn ein starker Regen nimmt das Erdreich mit sich und bringt dem Landmann großen Schaden. Ein sanfter Regen aber dringt in die Tiefen, befruchtet den Boden, nützt dem Landmann und entwickelt die Ähren rechtzeitig zur Frucht. So verhält es sich mit dem Redegewandten und dem Weisen; jener bringt nicht größeren Nutzen als dieser. Jener bereitet wohl einiges Vergnügen, dann aber tritt er ab und verschwindet zugleich mit der Luft, die er in Bewegung gesetzt hat. Dies ist seine ganze Leistung. Lüsternen Ohren schmeichelt er mit schönen S. 322 Phrasen. Der Weise dagegen dringt in die Seele ein. Öffnet er seinen Mund, dann ist er voll des Geistes; er wächst über sich selbst hinaus. Und schon wenige Worte bringen reichliche Ernte.