1.
Ich nahm im Geiste den Begriff, den sie früher von der Seele gegeben hatte, wieder auf und gestand, daß ihre Erklärung, die Seele sei ein geistiges Wesen und bringe in den organisch ausgestatteten Körper Lebenskraft, um die Sinneswerkzeuge zu ihrer Tätigkeit zu befähigen, mich nicht genügend über die Kräfte unterrichtet habe, welche an der Seele hervortreten. Denn nicht bloß mit Denken zum Zwecke des Erforschens und Verstehens beschäftigt sich unsere Seele, indem sie in ihrem geistigen Teile nach solcher Richtung tätig ist, auch lenkt sie nicht allein die Sinneswerkzeuge zu der ihrer Natur entsprechenden Tätigkeit, sondern man bemerkt auch in ihrer Anlage eine starke Tätigkeit des Begehrens sowie eine ebenso starke Tätigkeit des Zürnens; und da beide sich in umfassender Weise in uns auswirken, so beobachten wir Äußerungen derselben, die ebenso häufig als mannigfaltig sind; viele Handlungen gehen ja aus der Begierde, viele aus dem Zorn hervor. Und nichts von alldem ist körperlich; das Unkörperliche ist aber geistig; nun ist unsere Seele nach der gegebenen Definition etwas Geistiges. Daraus folgt aber notwendig, daß von zwei Ungereimtheiten die eine auftauchen muß: entweder auch der Zorn und die Begierde seien noch andere Seelen in uns, so daß wir mehrere Seelen statt einer bekämen, S. 266 oder aber das, was in uns denkt, sei keine Seele. Denn dadurch, daß die Geistigkeit auf alle Seelenvermögen übertragen wird, werden entweder alle als Seelen erklärt oder es wird allen ausnahmslos das eigentümliche Wesen der Seele gleichmäßig abgesprochen.