9.
„Demnach läßt der Ackersmann die schlimmen Samenkörner in uns, nicht damit sie für immer die gute Saat überwuchern, sondern damit der Acker selbst ― so wird bildlich das Herz genannt ― durch die ihm angeborene Kraft, welche in der Vernunfttätigkeit besteht, die eine Saat des Unkrautes zum Verdorren bringe, die andere Saat des Guten aber zur Blüte und zu herrlicher Frucht entwickle. Falls dies aber nicht geschieht, so überträgt er dem Feuer die Sichtung des Saatfeldes.
Wenn wir demnach die öfter erwähnten Triebe in der richtigen Weise gebrauchen, indem wir sie unter unsere Herrschaft bringen, aber nicht selbst unter die ihrige geraten, sondern wie ein König die Vielhändigkeit unserer Untertanen zur Mitarbeit beiziehen, so werden wir um so besseren Erfolg im Streben nach Tugend haben. Falls wir aber unter ihr Joch geraten, wie wenn Sklaven gegen ihren Herrn sich erheben, und uns knechten lassen, indem wir uns schmählich ihren Sklavenlaunen beugen und Knechte derer werden, die ihrer natürlichen Bestimmung gemäß uns unterworfen sind, so werden wir mit Notwendigkeit dazu verführt werden, wozu die Gewalttätigkeit unserer Zwingherren uns nötigt. Weder als Tugenden noch als Laster werden wir so bei der geschilderten Sachlage all die Seelenregungen auffassen, bei denen es ganz von der Anwendung abhängt, ob sie einen guten oder schlimmen Einfluß ausüben, sondern bei ihrer Richtungnahme auf das Edlere werden sie zur Grundlage für herrliche Werke, wie die Begierde Daniels, der Zorn Phinees, die Trauer der in rechter Weise Betrübten; nehmen sie dagegen die Richtung zum Schlimmen, so sind und heißen sie Leidenschaften“.§ 9. Von der Unterwelt.