6.
Sodann denken wir1 an Himmel und Erde und Meer, an Sonne, Mond und Sterne, an die ganze S. 385 vernünftige und unvernünftige, sichtbare und unsichtbare Schöpfung, an Engel, Erzengel, Kräfte, Mächte, Herrschaften, Gewalten, Throne und an die vieläugigen Cherubim und sprechen mit Nachdruck das Wort Davids> „Preiset den Herrn mit mir!“2 Wir denken auch an die Seraphim, welche Isaias im Hl. Geiste den Thron Gottes umstehen sah, welche mit zwei Flügeln das Angesicht, mit zwei Flügeln die Füße verhüllen und mit zwei Flügeln fliegen und welche sprechen: Heilig, heilig, heilig ist der Herr Sabaoth3. Wir sprechen diese von den Seraphim her uns überlieferte göttliche Lobpreisung, um an dem Lobgesang der überirdischen Heerscharen teilzunehmen.
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Hier wird der Inhalt der εὐχαριστία [eucharistia], d. i. des Dankgebetes, angedeutet, zu welchem die Worte „Lasset uns dem Herrn Dank sagen“ (εὐχαριστήσωμεν τῷ κυρίῳ) [eucharistēsōmen tō kyriō] aufgefordert haben. — Wie Justinus in seiner ersten Apologie Kap. 65 berichtet, sandte nach dem Friedenskuß und nach der Darbringung von Brot und Wein „der Vorsteher Lob und Preis zum Vater aller Dinge durch den Namen des Sohnes und des Hl. Geistes empor und spricht eine lange Danksagung (εὐχαριστίαν) [eucharistian] dafür, daß wir dieser Gaben von ihm gewürdigt worden sind“. — Der Inhalt des eucharistischen Dankgebetes in der älteren morgenländischen Liturgie war entsprechend den jüdischen Vorlagen (vgl. Nehem. 9, 5 ff.; Ps. 135 [hebr. Ps. 136]) ein Preis Gottes einerseits für die einzelnen Teile der Schöpfung, andererseits für die gütige Führung der Menschheit. Vom 4.―6. Jahrhundert hat die Liturgieform gerade an diesem eucharistischen Dankgebet zahlreiche Verkürzungen und aus dogmatischen Gründen erfolgte Veränderungen (Ausführungen über das Verhältnis der göttlichen Personen zueinander) vorgenommen. „Bei immer zunehmender Kürzung schrumpft wesentlich das Dankgebet zu einem trinitarischen Lobspruch zusammen. Mehr als eine jüngere westsyrische Anaphora liefert dafür eine Probe. Daneben hat man frühzeitig wenigstens in der alexandrinischen und griechisch-byzantinischen Messe schon im Zusammenhang des eucharistischen Dankgebetes auch auf den Opfercharakter der eucharistischen Feier Bezug genommen und so noch von einer zweiten Seite her dessen ursprünglichen Inhalt zurückgedrängt. (A. Baumstark, Die Messe im Morgenland 1906, S. 132). ↩
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Ps. 33, 4 [hebr. Ps. 34, 4]. ↩
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Is. 6, 2 f.; vgl. schon Clemens von Rom 34, 6. 7. ↩