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Works Epiphanius of Salamis (315-403) Ancoratus Der Festgeankerte (BKV)
Brief

53.

Ich muß mich immer sehr verwundern, o Söhne des Glaubens und der Kirche, wenn ich bedenke, wie die zänkischen Irrlehrer die eigentlichen Redensarten zu uneigentlichen verdrehen, und die uneigentlichen ganz irrtümlich für eigentlich und wahr annehmen1 . Das Gezeugtsein, wie es doch dem Sohn seiner Natur nach zukommt, leugnen sie und sagen, bei ihm sei es nicht wie bei einem Sohn; das Geschaffensein aber, das doch mit seiner Gottheit in Widerspruch steht, nehmen sie, wenn es je an einer Stelle in allegorischem Sinne von ihm gesagt wird, im eigentlichen und wirklichen Sinne. Aussprüche aber, die im eigentlichen Sinne zu nehmen sind, deuten sie beliebig um; so, wenn Isaias sagt: "Ich sah den Herrn der Heerscharen"2 , oder wenn es heißt: "Er erschien der Herr dem Moses", und3 : "Es erschien der Herr dem Abraham", "Daniel4 sah in einem S. 85Gesichte den Alten an Tagen". Es erschien der Herr dem Ezechiel und dieser sprach: "Ich sah die Gestalt Gottes"5 . Da sagen sie, so etwas gebe es nicht, die Propheten würden durch das Wort des Evangeliums Lügen gestraft werden. Der Herr selbst lehrte: "Niemand hat Gott je gesehen"6 . Da die Propheten behaupten, ihn gesehen zu haben, so muß entweder der Eingeborene selbst oder die Propheten lügen. Nach der Meinung derer, welche so schließen, sowie nach der Lehre der Manichäer werden die Prophetien überhaupt Lügen sein. Wenn aber nichtsdestoweniger die Propheten nicht lügen, sondern die Wahrheit reden, wie ja der Heiland selbst es bestätigt mit den Worten: "Ich bin es, der durch die Propheten spricht, siehe, da bin ich"7 , so wird ein geheimer Sinn zu suchen und eine allegorische Erklärung notwendig sein. Das begegnet uns im gewöhnlichen Leben schon oft. Wir sehen zum Beispiele]8 von der Spitze eines Berges oder von einer Ebene aus das Meer: so sprechen wir doch volle Wahrheit, wenn wir behaupten, das Meer gesehen zu haben. Und doch spricht auch der, welcher etwa sagen sollte, daß er das Meer nicht gesehen habe, volle Wahrheit und lüget nicht; denn er hat ja weder des Meeres Tiefe noch auch die Länge und die Masse und den Umfang desselben gesehen. So sehen wir auch häufig durch ein ganz schmales Fenster einen Menschen, ohne aber seine ganze Gestalt bemerken zu können. So nun jemand sagt, er habe den Menschen gesehen, redet er recht, und so ein anderer sagt, er habe ihn nicht gesehen, redet er auch recht Denn wir haben wirklich gesehen, soweit wir's eben vermochten; wir sahen aber nicht, was der Betreffende in sich ist. So wurden auch die Propheten gewürdigt, gleichsam durch das enge Fenster ihres Leibes den Herrn zu sehen, und sie haben ihn in Wahrheit gesehen, allerdings nicht wie es die Unermeßlichkeit des Geschauten fordert. Und so erweist es sich, daß die heiligen Schriften vollständig S. 86miteinander übereinstimmen, wenn die Propheten sagen, daß sie den Herrn gesehen haben, denn sie haben ihn auch in Wahrheit gesehen, und wenn der Heiland aussprach: "Niemand hat Gott je gesehen", denn sie haben ihn nicht gesehen, wie er an sich ist. Er selbst aber hat gesehen unsichtbar die Wesenheit und er hat denen, die [sie] nicht sehen können, eine Kraft der Gnade gegeben zu geistiger Schauung.


  1. Die "Alexandrinische Methode" hatte eben Geister gerufen, deren sie nicht leicht los werden konnte. ↩

  2. Is. 6, 5. ↩

  3. Exod. 3, 2. — Gen. 12, 7. ↩

  4. Dan. 7, 9. ↩

  5. Ezech. 1, 26 f. ↩

  6. Joh. 1, 18. ↩

  7. Vgl. Is. 52, 6. ↩

  8. Vgl. Haer. 70, n. 6.7.8: Die Patriarchen und Propheten haben Gott gesehen nur καθὸ ἠδύναντο καί καθὸ ἐνεχώρει, [W.]. ↩

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