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Œuvres Jean Chrysostome (344-407) De sacerdotio libri 1-6 Über das Priestertum (BKV)
3. Buch

KAPITEL XVII.

Was die Aufsicht über die Jungfrauen betrifft, so muß die Besorgnis um sie umso größer sein, je kostbarer das Gut und je königlicher diese Schar vor allen anderen zu werten ist. Schon haben sich allerdings auch in den Chor dieser Heiligen Tausende, mit tausend Lastern behaftet, eingeschlichen. Umso stärker macht sich hierüber die Betrübnis geltend. Und wie es nicht einerlei ist, ob ein freigeborenes Mädchen oder deren Dienerin sich versündigt, so auch nicht, ob eine Jungfrau oder Witwe. Für die Witwen hat es nicht viel zu bedeuten, ob sie ungereimte Dinge schwatzen, einander schmähen, schmeicheln, sich frech benehmen, überall sich sehen lassen, auf dem Markte herumschlendern; allein die Jungfrau hat sich für höhere Dinge verpflichtet: sie hat sich der erhabensten Lebensweisheit hingegeben und versprochen, auf Erden das Leben der Engel zu führen. Es kommt ihr die Aufgabe zu, in diesem Fleische den Wandel jener körperlosen Mächte vollkommen nachzuahmen. Sie darf keine unnützen, überhaupt nicht viele Ausgänge machen; auch ist es ihr nicht erlaubt, unüberlegte und zwecklose Worte zu reden, Schmähungen und Schmeicheleien darf sie nicht einmal dem Namen nach kennen. Deshalb hat sie möglichst sicheren Schutz und stärkeren Beistand im Kampfe nötig. Denn der Feind unserer Heiligung setzt immerfort gerade den Jungfrauen zu, und dies mit besonderer Beharrlichkeit, bereit, sie zu verschlingen, falls nur irgendwo eine ausgleitet und zu Falle kommt. Auch viele Menschen stellen ihnen nach und nebst all dem die Leidenschaft der eigenen Natur. So haben sich die Jungfrauen für einen doppelten Kampf in Bereitschaft zu halten, gegen einen, der sie von außen her bedroht, und gegen einen zweiten, der sie von innen bedrängt.

Wem demnach die Aufsicht über sie anvertraut ist, der hat sicherlich viel zu fürchten. Größer jedoch ist die Gefahr und die Betrübnis, wenn wirklich einmal — was Gott verhüten möge —ein solch unerwünschter Fall vorkommen sollte. Denn wenn schon "eine im Hause S. 175 geborgene Tochter dem Vater durchwachte Nächte verursacht und die Sorge um sie ihm den Schlaf raubt"1, da er in großer Angst lebt, sie möchte unfruchtbar bleiben oder verblühen oder [von ihrem Gatten] verschmäht werden, was wird da erst der 2auszustehen haben, der zwar um nichts von all dem, wohl aber um andere, viel wichtigere Dinge besorgt ist? Ist es doch hier kein gewöhnlicher Mann, dem Schmach droht3, sondern Christus selber, und die Unfruchtbarkeit zieht nicht bloß Schande nach sich, sondern das Unheil endet hier mit dem Verderben der Seele, "Jeder Baum", spricht der Herr, "der keine Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen"4. Und wenn die Braut hier vom Bräutigam verschmäht wird, so genügt es nicht, daß sie sich einen Scheidebrief geben läßt und davongeht, sondern sie muß dessen Abweisung büßen durch ewige Strafe. Dem leiblichen Vater stehen viele Mittel zur Verfügung, welche ihm die Überwachung seiner Tochter leicht machen; denn die Mutter, die Amme, eine große Anzahl von Dienerinnen, sowie der Schutz des Hauses helfen dem Vater mit bei der Behütung der Jungfrau. Auch wird ihr nicht gestattet, sich beständig auf den Markt zu begeben, noch ist sie genötigt, wenn sie einmal dahin geht, sich einem begegnenden Manne zu zeigen, da das Dunkel des Abends ebenso gut wie die Wände des Hauses diejenige verbirgt, die sich nicht sehen lassen will. Sonst hat sie keine Veranlassung, auszugehen, so daß sie wohl niemals sich gezwungen sieht, Männern vor die Augen zu treten. Denn weder die Sorge für die Bedürfnisse des Lebens noch die Intrigen boshafter Menschen noch ein anderer derartiger Grund versetzt sie in die Notwendigkeit eines solchen Zusammentreffens, da bei all dem der Vater ihr zur Seite steht. Sie selbst hat nur die eine Sorge, daß sie nichts tue, nichts rede, was der ihr geziemenden Züchtigkeit unwürdig, wäre.

Hier hingegen gibt es gar vieles, was dem [geistlichen] Vater die Obhut schwer, vielmehr sogar unmöglich macht, Er kann sie [die geistliche Tochter] nicht bei sich in seinem Hause behalten. Ein solches Zusammenwohnen würde weder schicklich noch ungefährlich sein. Denn wenn beide auch nicht selber Schaden erleiden, sondern ihre Heiligkeit beständig unbefleckt bewahren, so werden sie doch für die Seelen, denen sie Ärgernis gegeben, nicht minder Rechenschaft ablegen müssen, als wenn sie gegenseitig sich versündigt hätten. Da also das Zusammenwohnen unmöglich ist, so bereitet es ihm große Schwierigkeiten, die Regungen ihrer Seele kennen zu lernen, den ungeordneten Einhalt zu tun, dagegen den geordneten und zulässigen zur geregelteren Übung und damit zur größeren Vervollkommnung zu verhelfen. Auch ist es nicht leicht, sich sorgfältig um ihre Ausgänge zu kümmern. Denn der Umstand, daß sie arm und ohne Aufsicht ist, macht es dem Bischof unmöglich, genau sich zu erkundigen, ob sie immerfort die ihr geziemende Sittsamkeit bewahre. Da sie sich nämlich genötigt sieht, sich alles selbst zu besorgen, so kann sie, wenn sie sich nicht züchtig betragen will, viele Vorwände für ihre Ausgänge vorbringen. Und der, welcher ihr befehlen wollte, durchaus zu Hause zu bleiben, müßte ihr auch jede Veranlassung zum Ausgehen abschneiden, indem er ihr den Bedarf zum notwendigen Lebensunterhalt und auch eine Person zur entsprechenden Bedienung bereit stellt. Ja, er müßte sie sogar von Leichenbegängnissen und von der gottesdienstlichen Feier zur Nachtzeit fernhalten. Denn jene listige Schlange versteht es, versteht es wirklich, ihr Gift selbst bei der Ausübung löblicher Werke zu verspritzen. So muß also die Jungfrau von allen Seiten wie von einer Mauer umgeben werden und darf im Laufe des ganzen Jahres nur selten das Haus verlassen, wenn nämlich unvermeidliche und zwingende Gründe hierzu drängen.

Wollte aber jemand behaupten, es sei ja gar nicht nötig, daß der Bischof sich mit diesen Dingen befasse, der möge wohl wissen, daß bei all dem die Sorge und die Verantwortung gerade dem Bischof zugeschoben wird. Es ist deshalb viel vorteilhafter für ihn, daß er S. 177 alles selbst besorge und sich so von Vorwürfen frei halte, die er andernfalls um der Versehen anderer willen auf sich nehmen müßte, als daß er seine Amtspflicht vernachlässige und vor der Rechenschaft für die Handlungen fremder Leute zittere. Zudem wird derjenige, der diese Angelegenheiten in eigener Person besorgt, mit allem sehr leicht fertig. Wer aber, um dasselbe Ziel zu erreichen, erst die Ansichten anderer zu beeinflussen sich genötigt sieht, findet dadurch, daß er sich selbst von der Arbeit losmacht, nicht so sehr Erleichterung als vielmehr Verlegenheiten und Aufregungen seitens derer, die ihm entgegen handeln und seine eigene Meinung bekämpfen. Ich kann jedoch hier nicht alle Sorgen, welche die Beaufsichtigung der Jungfrauen mit sich bringt, auseinandersetzen. Bereiten sie doch schon, wenn sie in das Verzeichnis eingeschrieben werden sollen, demjenigen, der mit diesem Geschäfte betraut ist, keine geringen Schwierigkeiten.

Was schließlich das Schiedsrichteramt anbelangt, so bringt dasselbe zahllose Beschwerden mit sich, erfordert viele Arbeit und hat so große Schwierigkeiten im Gefolge, wie sie nicht einmal die weltlichen Richter zu überwinden haben. Denn einerseits ist es ein mühsames Werk, ausfindig zu machen, was recht ist, anderseits ist es schwer, wenn man es gefunden, es nicht zu verletzen. Aber nicht bloß Arbeit und Schwierigkeiten, auch nicht geringe Gefahren sind damit verbunden. Haben doch schon manche der schwächer Veranlagten, die in Händel verwickelt waren, weil sie keinen Rechtsschutz bekommen konnten, am Glauben Schiffbruch gelitten. Und viele, die Unrecht erlitten haben, hassen die, welche ihnen keinen Schutz verschaffen, ebenso sehr wie jene, die ihnen das Unrecht zufügten. Sie wollen dabei keineswegs Rücksicht nehmen, weder auf den äußerst verwickelten Charakter des Streitfalles, noch auf die Schwierigkeit der Zeitverhältnisse, noch auf den beschränkten Umfang der priesterlichen Machtbefugnisse, noch auf einen anderen derartigen Umstand. Sie sind vielmehr unerbittliche Richter und kennen nur e i n e Verteidigung, nämlich Befreiung von der Bedrängnis, die sie bedrückt, Und wer ihnen diese Befreiung nicht S. 178 zu verschaffen vermag, wird ihrem verdammenden Urteil niemals entrinnen, wenn er auch tausend Gründe zu seiner Rechtfertigung vorbringt.

Nachdem ich nun des Rechtsschutzes Erwähnung getan, so laß mich dir noch einen anderen Vorwand zu Klagen aufdecken. Wenn nämlich der Bischof nicht täglich, mehr noch als die gewöhnlichen Müßiggänger, von Haus zu Haus die Runde macht, so entstehen infolgedessen unsagbar viele Mißhelligkeiten. Denn nicht bloß Kranke, sondern auch Gesunde wollen besucht werden, wobei sie jedoch zu diesem Wunsche nicht die Ehrfurcht bewegt, vielmehr erheben die meisten den Anspruch deshalb, um sich selbst geehrt und ausgezeichnet zu sehen. Sollte es aber einmal vorkommen, daß er, um irgendein Bedürfnis durchzusetzen, einen der Reicheren und Angeseheneren zum allgemeinen Besten der Kirche häufiger besucht, so zieht er sich dadurch sofort den Verdacht der Schmeichelei und Kriecherei zu.

Doch was rede ich von Rechtsschutz und Besuchen? Haben doch die Bischöfe allein schon infolge ihrer Ansprachen eine solche Last von Vorwürfen zu ertragen, daß sie sich oft niedergedrückt fühlen und in Mutlosigkeit versinken. Ja sogar für ihre Blicke sollen sie Rechenschaft ablegen. Schon ihr gewöhnliches Auftreten prüft die große Menge ganz genau; man beobachtet den Ton ihrer Stimme, den Ausdruck ihres Blickes, die Stärke ihres Lachens. Den oder jenen, heißt es da, hat er auffallend angelächelt und mit heiterem Antlitz und mit lauter Stimme angeredet, mich aber weniger freundlich und nur so obenhin. Läßt er inmitten einer großen Versammlung beim Sprechen seine Augen nicht ringsherum nach allen Seiten umherschweifen, so nennen die übrigen 5 sein Verhalten Hochmut. Wer vermöchte, wenn er sich nicht äußerst stark fühlt, so vielen Anklägern gewachsen zu sein, so daß er entweder gar nicht von ihnen angeschwärzt wird oder aus der Anklage gerechtfertigt hervorgeht? Eigentlich sollte der Bischof überhaupt keine Ankläger haben; wenn dies jedoch nicht S. 179 möglich ist, muß er von deren Vorwürfen sich frei machen 6. Ist aber auch das nicht leicht ausführbar, da gewisse Leute ihre Freude daran haben, unüberlegte und unbegründete Beschuldigungen auszusprechen, so darf er auf solche Anwürfe hin nicht verzagen, sondern muß mit Starkmut auftreten. Allerdings wer mit Recht beschuldigt wird, der erträgt seinen Ankläger leicht; denn es gibt keinen bittereren Ankläger als das Gewissen. Darum ertragen wir, wenn wir zuvor von diesem lästigsten Ankläger angepackt sind, jene äußeren und milderen Ankläger ohne besondere Aufregung. Derjenige aber, welcher sich keines Unrechts bewußt ist, läßt sich bei einer unbegründeten Beschuldigung schnell zum Zorne hinreißen und verfällt leicht in Mutlosigkeit, wenn er sich nicht schon vorher darin geübt hat, die von der großen Menge ausgehenden Belästigungen 7 ruhig auf sich zu nehmen. Denn es kann gar nicht ausbleiben, es ist rein unmöglich, daß, wenn jemand ohne Grund verleumdet und unschuldig verurteilt wird, er nicht außer Fassung gebracht werde und er nicht unter solch ungerechter Bosheit sich niedergedrückt fühle.

Wie könnte man die Betrübnis schildern, welche die Bischöfe erfaßt, wenn es notwendig wird, jemanden aus der Kirchengemeinschaft auszuschließen? O daß doch dieses Unglück beim Kummer allein sein Bewenden hätte! Nun droht aber noch ein anderes, kein geringes Unheil. Es ist nämlich zu befürchten, daß, wenn jener vielleicht mehr als erforderlich bestraft worden, ihm schließlich das widerfahre, was der selige Paulus mit den Worten ankündigt, "er möchte in übermäßige Traurigkeit versinken" 8. Es bedarf also auch hier der äußersten Vorsicht, damit nicht, was zu seinem Besten hätte sein sollen, der Anlaß zu noch größerem Schaden für ihn werde. Denn es trifft auch den Arzt, welcher die Wunde nicht richtig geschnitten hat, der [göttliche] Zorn 9 über S. 180 eine jede Sünde, die jener nach einem solch strengen Heilverfahren begeht. Welch schwerer Strafe muß er also gewärtig sein, wenn er nicht nur für seine eigenen Verfehlungen Rechenschaft abzulegen hat, sondern auch um der Vergehen anderer willen in die höchste Gefahr gerät? Wenn wir schon zittern, für unsere eigenen Sünden zur Verantwortung gezogen zu werden aus Furcht, jenem Feuer nicht entrinnen zu können, was hat dann erst der zu erwarten, der für so viele Rede stehen soll? Daß das die Wahrheit ist, darüber vernehme den seligen Paulus, oder vielmehr nicht ihn, sondern Christus, der in ihm spricht: "Gehorchet euren Vorstehern und seid ihnen untertan; denn sie wachen als solche, die Rechenschaft geben sollen über eure Seelen" 10. Nun, ist die Angst ob dieser Drohung gering? Unsagbar groß. Aber fürwahr, all das muß genügen, um auch die hartnäckigsten und verstocktesten Leute zu überzeugen, daß ich weder aus Hochmut noch aus Ehrgeiz, sondern nur aus Furcht für mich selbst und im Hinblick auf die Schwere des Vorsteheramtes mich demselben durch die Flucht entzogen habe. S. 181


  1. Sirach 42, 9. ↩

  2. Gemeint ist der geistliche Vorsteher des Jungfrauenbundes. ↩

  3. Hinweis auf den Vater der zurückgewiesenen Tochter. ↩

  4. Matth. 3, 10. ↩

  5. auf die sich nämlich sein Blick nicht richtet. Statt „οί λοιποί“ lesen manche Ausgaben „οί λοιποί“. ↩

  6. Nairn liest „ἀποδύεσθαι“. In den meisten Ausgaben, so bei Savilius, Migne, Bengel, Seltmann, steht „ἀπολὐεσθαι“. ↩

  7. Nairn liest „ἀνίας“ im Gegensatze zu sämtlichen soeben genannten Ausgaben, bei denen „ἀνοίας, Torheiten“ steht. ↩

  8. 2 Kor. 2, 7. ↩

  9. Zu ergänzen ist: ebenso wie den Sünder selbst. ↩

  10. Hebr. 13, 17. ↩

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Traité du Sacerdoce Comparer
Treatise concerning the christian priesthood Comparer
Über das Priestertum (BKV)
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Introduction to the treatise on the priesthood

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