Auf die Neujahrskalenden (In kalendas)
Vorbemerkungen
S. 8 Bei Montfoucon I, 697 ff.
In der Einleitung bedauert der heilige Chrysostomus die Abwesenheit des Bischofs. Daraus erhellt, daß er die vorliegende Predigt vor seiner Erhebung auf den Patriarchenstuhl in Konstantinopel, als Presbyter in Antiochien gehalten hat.
Gleicher Weise ist aus innern Gründen der Tag, an dem sie gehalten wurde, mit Sicherheit zu bestimmen. Es war der erste Januar; denn an diesem Tage wurde nach dem Zeugnisse des Libanius1 der Anfang des neuen Jahres durch jene Unordnungen und Ausschweifungen gefeiert, die hier so kräftig gerügt werden. Heiden und Christen pflegten bei dieser Gelegenheit nicht bloß ihre Häuser zu bekränzen und zu illuminiren, sondern auch in ausgelassener Fröhlichkeit, in wüsten Gast und Trinkgelagen gleichsam eine Gewähr für den glücklichen Verlauf des neuen Jahres zu suchen. Dieser Unfug und der zu Grunde liegende Aberglaube wird hier mit großem Nachdruck bekämpft. S. 9 wodurch sich der Christ das Glück dieses und des zukünftigen Lebens sichern soll, wird dann ebenso einfach als praktisch dargelegt in der ausführlichen Erklärung der Worte des Apostels: „Thuet Alles zur Ehre Gottes!“2
Inhalt
Obgleich dem Leibe nach abwesend, ist der Bischof durch das Band der Liebe innigst mit uns vereinigt. Auf sein Gebet vertrauend will ich gegen die am heutigen Tage von sehr vielen Antiochenern begangenen Sünden zu Felde ziehen, gegen die abergläubische Feier der Kalenden durch Unmäßigkeit und Ausschweifungen.
I. Es ist ein thörichter Aberglaube und ein großes Unrecht gegen Gott, wenn man gewisse Tage des Jahres an und für sich als glückliche oder unglückliche bezeichnet. Jeder Tag ist für uns ein Tag des Glücks oder des Unglücks, je nachdem wir uns an dem betreffenden Tage der Tugend befleissigen oder der Sünde hingeben. Was der Christ beim Jahreswechsel bedenken soll.
II. Um allezeit glücklich zu sein, müssen wir Alles zur Ehre Gottes thun. Erklärung der Worte des Apostels: Thuet Alles zur Ehre Gottes! Diese Vorschrift wird an einer Reihe von Beispielen erläutert: die Ehre Gottes sollen wir im Auge behalten, wenn wir essen und trinken, daheimbleiben oder ausgehen, loben, tadeln und schelten, Freundschaften schließen und Freundschaften aufgeben, reden und schweigen u. s. w. Was nicht zur Ehre Gottes ist, sollen wir auch nicht thun.