1. Chrysostomus ermahnt die Olympias, in ihren Leiden muthig auszudauern und wegen seiner ohne Besorgniß zu sein.
S. 580 Warum trauerst du? Warum quälst du dich und legst dir Strafen auf, welche deine Feinde dir nicht haben auflegen können, indem du dein Herz so sehr der tyrannischen Herrschaft der Traurigkeit preisgibst? Denn der Brief, den du mir durch Patricius zugeschickt hast, hat diese Wunden deines Herzens verrathen. Es macht mir großen Schmerz, daß du, anstatt alle deine Kräfte zur Vertreibung deines Kummers aufzubieten, vielmehr überall, wo du gehst und stehst, traurige Gedanken zusammensuchst (sogar grundlose Einbildungen, wie du mir mitgetheilt hast), und daß du dir nutzloser und vergeblicher Weise, ja selbst zu deinem größten Schaden Angst und Qual bereitest. Denn warum betrübt es dich, daß es dir nicht gelungen ist, mich von Kukusus wegzubringen? So viel an dir lag, hast du mich ja weggebracht, indem du zu diesem Ende alle möglichen Anstrengungen aufgeboten hast. Wenn die Sache aber nicht bei dem gewünschten Ziele angelangt ist, so sollst du auch deßhalb nicht traurig sein. Denn vielleicht hat es Gott S. 581 gefallen, meine Laufbahn zu verlängern, damit die Siegeskrone um so glänzender ausfällt. Warum betrübst du dich also über diese Dinge, wegen deren ich mich selber preise? Du müßtest ja vor Freude hüpfen und tanzen und dich mit Kränzen umwinden, daß ich eines solchen Glückes bin gewürdigt worden, welches meine Verdienste weit übersteigt. Oder grämst du dich wegen der einsamen Lage dieses Ortes? So bedenke doch: Nichts kann angenehmer sein als sich hier aufzuhalten. Hier habe ich Abgeschiedenheit, Ruhe, Freiheit von Arbeit, Gesundheit. Hat diese Stadt auch keinen Markt und keinen Handel, Das thut mir Nichts. Denn ich bekomme Alles sozusagen aus erster Hand; dafür habe ich sowohl meinen Herrn den hiesigen Bischof als meinen Herrn Dioskorus; beide thun alles Mögliche zu meiner Erholung und Kräftigung. Auch der treffliche Patricius wird dir sagen, daß ich, was meinen hiesigen Aufenthalt angeht, zufrieden und wohlgemuth bin, und mich einer sehr guten Verpflegung erfreue. Wenn du aber meine Schicksale in Cäsarea beklagst, so ist Das deiner auch nicht recht würdig. Denn auch dort sind für mich herrliche Siegeskränze geflochten worden, so daß mich Jedermann lobt und verherrlicht, bewundert und anstaunt, weil ich so schlecht behandelt und dann hinaus geschafft worden bin. Doch soll Das bis jetzt noch Niemand wissen, wenn es auch von Vielen überall erzählt wird. Denn mein Herr Päanius hat mir mitgetheilt, daß es dort selbst Priester des Pharetrius gibt, welche behaupteten, daß sie mit mir Gemeinschaft hätten, und durchaus Nichts gemein hätten mit meinen Feinden, und mit ihnen durchaus keine Verbindung zugelassen oder unterhalten hätten. Damit ich diese nun nicht in Verwirrung bringe, soll Niemand davon wissen. Was ich habe ertragen müssen, ist nämlich in der That recht hart; und hätte ich sonst Nichts gelitten, so wären diese Leiden von Cäsarea genügend, um mir eine Menge von Siegespreisen zu verschaffen. So sehr waren die Gefahren und Bedrängnisse bis aufs Äusserste gestiegen. Ich bitte dich aber, halte es ganz geheim; dann will ich es dir kurz erzählen, nicht S. 582 um dir Kummer, sondern um dir Freude zu machen. Denn daß ich fortwährend durch solche Anfechtungen hindurchgehe, und diese Anfechtungen von Leuten zu erdulden habe, von denen ich mich dergleichen nie versehen hätte, Das sind für mich Gelegenheiten, Etwas zu gewinnen, Das ist mein Reichthum und ein Ersatz für meine Sünden.
Als ich dem Galatier, der mich fast mit dem Tode bedroht hat, glücklich entwischt war und in Kappadocien einziehen wollte, begegneten mir unterwegs viele Leute mit der Nachricht, der Herr Pharetrius erwarte mich, laufe überall umher, um mich nicht zu verfehlen, biete Alles auf, um mich zu sehen, zu umarmen und mit Liebesbeweisen zu überhäufen, und habe die Männerklöster und Frauenklöster alarmirt. Ich freilich habe bei diesen Mittheilungen Nichts von alle Dem erwartet, sondern mich gerade auf das Gegentheil gefaßt gemacht. Doch habe ich davon keinem dieser Boten Etwas gesagt.