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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Vierzehnte Homilie. Kap. IV, V.12-25.

1.

V.12: „Als aber Jesus hörte, dass Johannes gefangen worden sei, zog er sich nach Galiläa zurück.“

Weshalb zog sich der Herr zurück? Er will uns auch damit wieder die Lehre geben, dass wir die Versuchungen nicht herausfordern, sondern sie fliehen und meiden sollen. Sich nicht selbst in Gefahr zu stürzen, ist ja keine Schande, wohl aber, nicht mannhaft festzustehen, wenn wir in Gefahr sind. Das also will der Herr uns lehren, und deshalb sucht er den Hass der Juden zu besänftigen und begibt sich nach Kapharnaum. Er erfüllt damit auch eine Weissagung und zu gleicher Zeit bemüht er sich, die zukünftigen Lehrer der Welt zu gewinnen, die dort von ihrem Fischerhandwerk lebten.

Da sollst du nun auch beachten, wie immer und S. 227überall die Juden die Ursache sind, wenn der Herr sich zu den Heiden begibt. Hier hatten sie es auf den Vorläufer abgesehen und ihn ins Gefängnis geworfen; dadurch nötigen sie den göttlichen Heiland, sich in das heidnische Galiläa zu begeben. Dass aber der Prophet weder bloß einen Teil des jüdischen Volkes meint, noch auch auf alle seine Stämme anspielt, kannst du aus der Art und Weise sehen, wie er diesen Ort beschreibt:

V.15: „Land Nephtalim, Meeresstraße jenseits des Jordan, Galiläa der Heiden:

V.16: Das Volk, das in Finsternis saß, schaute ein großes Licht“1

Er meint damit nicht die äußerlich wahrnehmbare Finsternis, sondern die des Irrtums und der Gottlosigkeit. Darum fügte er auch hinzu:„Denen, die im Lande und im Schatten des Todes wohnten, ließ er ein Licht erstehen.“ Du sollst daraus ersehen, dass er nicht an das materielle Licht und die materielle Finsternis dachte: denn, da er vom Lichte redet, nennt er es nicht einfach Licht, sondern ein „großes Licht“, das er anderswo2 als „wahres“ Licht bezeichnet; und wenn er von Finsternis spricht, so meint er damit den Schatten des Todes.

Um ferner zu zeigen, dass nicht sie es waren, die durch ihr Suchen das Licht gefunden haben, sondern dass Gott es ihnen vom Himmel herab brachte, sagt er: Gott „ließ ihnen ein Licht erstehen“, das heißt, das Licht selbst ist erschienen und hat ihnen geleuchtet; nicht sie waren es, die zuerst dem Lichte entgegengingen. Das Menschengeschlecht war ja vor der Ankunft Christi im tiefsten Abgrund angelangt. Es wandelte nicht mehr in Finsternis, nein, es dass förmlich fest in der Finsternis; das deutet darauf hin, dass sie selbst schon die Hoffnung aufgegeben hatten, je daraus befreit zu werden. Wie S. 228Leute, die nicht einmal wissen, wohin sie eigentlich gehen sollen, so lagen sie da in Finsternis gehüllt, nicht mehr imstande, auch nur auf den Füßen zu stehen.

V.17: „Von dieser Zeit an begann Jesus öffentlich zu predigen und zu rufen: Tuet Buße, denn das Himmelreich ist nahe.“

Von welcher Zeit an? Von da an, als Johannes eingekerkert wurde. Und warum hat Jesus denn nicht selbst schon von Anfang an gepredigt? Was brauchte er überhaupt Johannes, da doch seine eigenen Wundertaten laut genug Zeugnis für ihn ablegten? Er beabsichtigte eben damit, dass du auch daran seine göttliche Würde erkennen sollst, dass er, so wie der Vater, ebenfalls seine Propheten hat. Das weissagte ja auch Zacharias: „Und du, o Kind, wirst der Prophet des Allerhöchsten genannt werden“3 . Auch wollte der Herr den verstockten Juden keinerlei Vorwand übrig lassen. Deshalb hat er auch selbst noch besonderen Nachdruck darauf gelegt und gesagt: „Es kam Johannes; der aß und trank nicht, und da sagen sie: Er ist vom Teufel besessen. Es kam der Menschensohn, aß und trank, und sie sagen: Siehe da den Fresser und Säufer, den Freund der Zöllner und Sünder! So wurde die Weisheit gerichtet von ihren eigenen Kindern“4 .

Indes war es auch sonst notwendig, dass seine Mission zuerst von einem anderen angekündigt würde, und nicht von ihm selbst. Wenn nämlich die Juden nach so großen und vollgiltigen Zeugnissen und Beweisen noch sagten: „Du legst Zeugnis ab über dich selbst; dein Zeugnis ist nicht wahr“5 , was hätten sie da nicht erst gesagt, wenn er selbst zuerst in ihre Mitte getreten und von sich selbst Zeugnis abgelegt hätte, bevor Johannes geredet hatte? Deshalb hat er vor ihm weder gepredigt noch Wunder gewirkt, bis Johannes ins Gefängnis kam, damit nicht andernfalls Parteiungen entstünden. Aus dem gleichen Grunde hat auch Johannes kein Wunder gewirkt, damit er auf diese Weise die Menge zu Jesus S. 229führen könnte, dessen Wunderzeichen sie anzogen. Wenn nun trotz dieser Vorsichtsmaßregeln, vor und nach der Einkerkerung des Johannes, dessen Schüler eifersüchtig auf den Herrn waren, während die große Menge nicht von ihm, sondern in Johannes Christus vermuteten, was wäre da erst geschehen, wenn sie nicht in der angegebenen Weise vorgegangen wären? Aus diesem Grund betont also auch Matthäus, dass Jesus von dieser Zeit an zu predigen begann; und als er seine Predigttätigkeit begonnen hatte, lehrte er zuerst dasselbe, was Johannes verkündet hatte, ohne in seiner Predigt etwas über sich selbst zu sagen. Vorläufig musste man ja zufrieden sein, wenn sie nur wenigstens das annahmen, da sie ja über den Herrn noch nicht entsprechend unterrichtet waren.


  1. Jes 9,12 ↩

  2. Joh 1,9 ↩

  3. Lk 1,76 ↩

  4. Mt 11,1819 ↩

  5. Joh 8,13 ↩

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