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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Fünfzehnte Homilie. Kap. V, V.1-16.

1.

V.1: "Als aber Jesus die Menschenmenge sah, sieg er auf den Berg, und als er sich gesetzt hatte, kamen seine Jünger zu ihm.

V.2: Und er öffnete seinen Mund und lehrte sie, indem er sprach:

V.3: Selig sind die Armen im Geiste, denn ihrer ist das Himmelreich."

Siehe, wie wenig der Herr Ehre und Ruhm sucht! Er zog nicht mit der Menschenmenge umher; nur wenn es galt, Kranke zu heilen, ging er selbst überall hin und besuchte Städte und Dörfer. Weil sich aber jetzt viel Volk angesammelt hatte, so bleibt er an Ort und Stelle, und zeigt sich weder in der Stadt noch auf offenem Markt, sondern auf einsamem Berge; er will uns damit die Lehre geben, dass wir nichts tun dürfen, bloß um uns S. 238vor den Menschen zu zeigen, und dass wir den Lärm der Welt fliehen sollen, besonders wenn es sich um himmlische Dinge handelt, und um Angelegenheiten unseres Seelenheils. Nachdem er aber hinaufgegangen und sich gesetzt hatte, kamen seine Jünger zu ihm. Siehst du da, welchen Fortschritt sie in der Tugend gemacht, und wie sie in kurzer Zeit besser geworden sind? Die große Menge schaut nur auf seine Wunder; sie hingegen verlangten auch etwas Hohes und Erhabenes zu hören. Das bewog denn auch den Herrn, mit seiner Belehrung durch die Bergpredigt zu beginnen. Er wollte eben nicht bloß die Leiber heilen, sondern auch die Seelen auf den rechten Weg bringen und verband darum auch die Sorge für diese mit der Heilung jener. So wechselte er mit seiner Hilfe ab, und verband mit der mündlichen Belehrung auch den sichtbaren Beweis seiner Taten. Indem er also für die leibliche und geistige Seite Sorge trug, benahm er den verwegenen Häretikern jede Möglichkeit eines Einwandes, denn er zeigte ja damit, dass er der Schöpfer des ganzen Menschen ist. Darum erwies er beiden Naturen große Aufmerksamkeit, und hat bald der einen1 , bald der anderen2 seine rettende Fürsorge angedeihen lassen. So machte er es denn auch jetzt; denn, heißt es, "er öffnete seinen Mund und lehrte sie." Warum setzt der Evangelist hinzu: "Er öffnete seinen Mund"? Damit du wissest, dass er auch durch Schweigen lehrte, nicht bloß durch Reden; er hat eben das eine Mal den Mund geöffnet, ein andermal ließ es seine Werke reden. Wenn du sodann die Worte hörst: "Er lehrte sie", so denke nicht, er habe sich nur an seine Jünger gewandt, nein, er tat es durch sie an alle. Die große Menge bestand eben aus einfachem Volk, deshalb wählte der Herr aus denen, die sich gelagert hatten, den Kreis seiner Jünger aus, und richtete seine Worte an sie und durch sie auch an alle anderen: Dabei trachtete er, die Lehre seiner Weisheit auch allen denen mundgerecht zu machen, die seiner Belehrung am meisten bedurften.

S. 239Das deutet auch Lukas an, wenn er sagt, der Herr habe sich mit seiner Rede an seine Jünger gewendet3 : und Matthäus sagt uns dasselbe, wenn er schreibt: "Seine Jünger kamen zu ihm und lehrte sie"4 .Auf diese Weise waren auch die übrigen genötigt, besser achtzugeben, als wenn er zu allen geredet hätte.

Womit machte also nun der Herr den Anfang? Was ist das Fundament der neuen Lebenssatzungen, die er uns verkündet? Hören wir mit Aufmerksamkeit auf das, was er sagt; geredet hat er zwar nur zu jenen, die um ihn waren, aber geschrieben ist es für alle, die später leben. Deshalb wandte er sich also mit seiner Predigt an seine Jünger; aber das, was er sagt, beschränkt er nicht auf sie, sondern verkündet seine sämtlichen Seligpreisungen für alle ohne Unterschied. So sagte er nicht: Selig seid ihr, wenn ihr arm werdet, sondern: "Selig sind die Armen." Und wenn er dies auch nur zu den Jüngern sagte, so wollte er doch, dass sein Rat für alle gelte. Auch wenn er sagt: "Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt", so ist das ebenfalls nicht bloß für sie gesagt, sondern durch sie für die ganze Welt. Und wenn er sie glücklich preist, weil sie verfolgt und vertrieben werden und die ärgsten Dinge zu erdulden haben, so hält er deswegen nicht bloß für sie, sondern für alle, die denselben Weg gehen, seinen Siegeskranz bereit. Damit aber dies noch deutlicher werde und du klar erkennest, dass seine Worte auch dich sehr nahe angehen, und überhaupt jeden, der sie nur hören und verstehen will, so gib jetzt acht darauf, wie er seine wunderbare Rede beginnt: "Selig sind die Armen im Geiste, denn ihrer ist das Himmelreich." Wer sind denn diese "Armen im Geiste"? Das sind jene, die demütig sind und ein zerknirschtes Herz haben. Unter "Geist" versteht er nämlich hier die Seele und den freien Willen. Es gibt ja viele, die niedrig und klein sind, aber sie sind es nicht freiwillig, sondern nur durch die Umstände gezwungen; diese übergeht der Herr (denn sie verdienen S. 240ja dafür auch kein Lob) und preist zuerst jene selig, die sich aus freiem Willen verdemütigen und erniedrigen. Warum sagte der Herr aber nicht "die Demütigen", sondern "die Armen"? Weil das mehr ist als das andere. Er meint eben hier diejenigen, die in Furcht und Zittern die Gebote Gottes beobachten. Von ihnen hat Gott ja schon durch Isaias gesagt, wie sehr sie ihm wohlgefällig seien, denn: "Auf wen soll ich5 schauen, wenn nicht auf den Sanftmütigen und Friedfertigen, und den, der zittert vor meinem Worte?6 .


  1. geistigen ↩

  2. leiblichen ↩

  3. Lk 6,20 ↩

  4. Mt 5,12 ↩

  5. in Gnaden ↩

  6. Jes 66,2 ↩

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