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Works John Chrysostom (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Sechzehnte Homilie. Kap V. V.17-26.

8.

S. 290Sage mir doch, weshalb erscheint dir dieses Gebot so schwer? Weißt du nicht, dass die meisten Strafen und Sünden in Worten ihre Ursache haben? Mit Worten werden Gotteslästerungen begangen, mit Worten wird der Glaube verleugnet, geschehen Beleidigungen, Beschimpfungen, Meineide, falsche Zeugnisabgabe. Sieh also nicht darauf, dass es sich um ein bloßes Wort handelt. Um zu sehen, ob es nicht wirklich eine ganz gefährliche Sache ist, erwäge vielmehr folgendes: Ist dir etwa unbekannt, dass zur Zeit, in der man Feindschaft hegt, solange der Zorn entflammt ist, und die Seele wie von Feuer brennt, auch das Kleinste groß erscheint, und einem auch das unerträglich vorkommt, was gar nicht besonders beleidigend ist? Auch haben oft solch kleine Dinge Mord im Gefolge gehabt und ganzen Städten den Untergang gebracht. Wie nämlich von Freundesseite auch unangenehme Dinge leicht ertragen werden, so erscheinen unter Feinden auch kleine Dinge unerträglich, und wenn man selbst etwas ganz Unschuldiges sagt, so glaubt der andere doch, es sei aus böser Absicht gesprochen. Es ist dies wie bei einem Feuer. Solange nur ein kleiner Funke vorhanden ist, kann noch so viel Holz umherliegen, er wird es nicht leicht entzünden. Sobald aber die Flamme groß und mächtig geworden ist, erfasst sie mit Leichtigkeit nicht bloß Holz, sondern sogar Steine und jede andere Materie, die ihr nahe kommt; Ja selbst die Dinge, durch die das Feuer gelöscht wird, bieten ihr nur noch mehr Nahrung. Es gibt nämlich Leute, die sagen, nicht bloß Holz, Werg und andere leicht brennbare Stoffe, sondern sogar Wasser, das man darauf gießt, steigern die Macht des Feuers.1 . Gerade so ist es beim Zorn; was man auch sagen mag, sofort dient es als Nahrung für dieses unselige Feuer. All dies wollte Christus im Keime ersticken. Darum hat er mit Recht den Zornigen dem Gerichte überantwortet2 , und den, der Rakka sagt, dem hohen Rate. Das sind aber noch keine besonders großen Strafen, weil sie nur zeitlich sind. Darum hat er auch S. 291den, der seinen Nächsten einen Toren schilt, zum höllischen Feuer verurteilt, das er hier zum erstenmal erwähnt. Zuerst sprach er nämlich lange über das Himmelreich; dann erst erwähnt er die Hölle. Er wollte uns damit zeigen, dass wir jenes seiner Liebe und Gnade zu verdanken haben, diese unserer eigenen Fahrlässigkeit. Beachte auch, wie der Herr nur zögernd fortfährt in der Androhung seiner Strafen, gleichsam als wollte er sich bei dir entschuldigen und dir zu verstehen geben, dass er selbst lieber keine solchen Drohungen machen möchte, dass aber wir ihn zu derlei Äußerungen zwingen. Sieh nur, er sagt: Ich habe dir befohlen, nicht grundlos zu zürnen, da du sonst des Gerichtes schuldig bist. Du hast dich nicht daran gekehrt. Nun so sieh, welches die Folgen des Zornes sind; er hat dich alsbald zu Beschimpfungen verleitet, denn du hast deinen Bruder einen Rakka genannt. In gleicher Weise habe ich eine zweite Strafe festgesetzt, den hohen Rat. Wenn du aber auch diese missachtest und noch ärgere Fehler begehst, so werde ich es nicht mehr bei diesen mäßigen Strafen bewenden lassen, sondern dich dem ewigen Feuer der Hölle überliefern, damit du nicht zuletzt gar noch zum Mörder wirst. Es gibt ja wahrlich nichts Unerträglicheres als Beschimpfungen, und nichts geht dem Menschen so sehr zu Herzen wie sie. Wenn aber das beschimpfende Wort an sich schon sehr verletzend ist, so wird auch das Feuer des Zornes verdoppelt.

Glaube also nicht, es sei etwas Belangloses, jemand einen Toren zu schelten. Wenn du deinem Bruder das absprichst, wodurch wir uns von den unvernünftigen Tieren unterscheiden, das, was uns eigentlich gerade zu Menschen macht, den Verstand und die Einsicht, so hast du ihn aller Menschenwürde entkleidet. Wir dürfen also nicht bloß auf die Worte sehen, sondern müssen auf die Sache selbst und ihre Wirkung achten und wohl bedenken, welche Wunde ein solches Wort schlägt und welches Unheil es im Gefolge hat. Deshalb hat ja auch der hl. Paulus nicht bloß die Ehebrecher und Unkeuschen, sondern auch die Schmähsüchtigen vom Himmelreich ausgeschlossen, und zwar ganz mit Recht. Der Lästerer S. 292verdirbt eben das Glück der Liebe, fügt dem Nächsten unendlich viel Böses zu, stiftet immerfort Feindschaften, zerreißt die Glieder des3 Leibes Christi, zerstört tagtäglich den Gott so wohlgefälligen Frieden, und schafft durch seine Lästerreden dem Teufel weiten Spielraum und größeren Einfluss. Aus diesem Grunde hat Christus dieses Gesetz gegeben, um dadurch die Wurzeln der Macht des Teufels abzuschneiden. Ihm steht eben die Liebe sehr hoch. Unter allen Tugenden ist ja gerade sie die Mutter alles Guten, das Erkennungszeichen seiner wahren Jünger, die Tugend, die unser ganzes Sein umfasst. Mit Recht hat darum Christus die Wurzeln und Ursachen der Feindschaft, die die Liebe zerstört, mit aller Entschiedenheit weggeräumt. Glaube also nicht, seine Worte enthielten eine Übertreibung; blicke vielmehr auf das Gute, das sie bewirken, bewundere die Güte und Sanftmut, die sich in diesen Gesetzen kundgibt. Nichts liegt ja Gott so sehr am Herzen, als dass wir untereinander geeinigt und verbunden seien. Darum dringt er sowohl persönlich wie auch durch seine Jünger, und zwar die des Neuen wie die des Alten Testamentes, gar nachdrücklich auf dieses Gebot, und ist ein überaus strenger Richter und Rächer für diejenigen, die in ihrem Handeln das Gebot der Liebe verachten. Nichts öffnet ja jeglicher Schlechtigkeit so sehr Tür und Tor, als die Preisgabe der Liebe. Darum sagt auch der Herr: „Wenn das Maß der Sünde voll sein wird, wird die Liebe der meisten Menschen erkalten“4 .Auf diese Weise wurde ja Kain zum Brudermörder, ebenso auch Esau und die Brüder des Joseph. So entstand tausendfaches Böse, wo sie vernichtet ward. Darum also rottet der Herr auch persönlich mit großer Strenge alles aus, was sie verletzten könnte.


  1. Das ist eine ganz richtige Beobachtung ↩

  2. er sagte ja deshalb: „Der Zornige wird des Gerichtes schuldig sein“ ↩

  3. mystischen ↩

  4. Mt 24,12 ↩

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