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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Sechsundzwanzigste Homilie. Kap. VIII, V.5-13.

4.

Es ist ja auch wirklich etwas Großes, dass ein Mann, der ja nicht im jüdischen Stammesregister stand, so große Einsicht erlangt hatte. Ich glaube, er hatte die Heerscharen es Himmels geschaut, oder erkannt, dass die Leiden, der Tod und alles andere Christus ebenso untertan sind, wie ihm seine Soldaten. Darum sagte er:„Denn ich bin ein Mensch, der unter die Macht gestellt ist“, das heißt: Du bist Gott, ich ein Mensch. Ich bin Untertan, Du nicht. Wenn also ich, ein untertäniger Mensch, solche Macht besitze, dann um so mehr er, der Gott ist und niemandem untertan. Er will eben den Herrn recht deutlich davon überzeugen, dass er den Vergleich nicht macht, als ob wirklich eine Ebenbürtigkeit bestünde, sondern um von dem einen auf das Höhere zu schließen. Wenn ich, der ich die Stellung eines Untergebenen einnehme und Untertan bin, trotzdem soviel vermag, bloß wegen des unbedeutenden Vorzugs einer Befehlshaberstelle, und mir deshalb keiner widerspricht, sondern das geschieht, was ich befehle, selbst wenn ich das eine Mal dies, ein andres Mal das Gegenteil befehle1 , dann wirst du nur um so mehr Macht besitzen. Andere verstehen diese Stelle auch so: „Wenn also ich, der ich ein bloßer Mensch bin“, machen dann ein Satzzeichen und fahren fort: „und Soldaten unter meinem Befehle habe.“ Du aber sollst beachten, wie der Hauptmann sogar seinen Glauben offenbarte, dass der Herr auch über den Tod zu gebieten vermag wie über einen Sklaven und ihm befehlen könne, wie ein Herr. Denn mit den Worten: „Komm, und er kommt", und: "Geh, und er geht“, wollte er sagen: Wenn du dem Tode befiehlst, nicht über meinen Knecht zu kommen, so wird er nicht kommen.

Siehst du da, wieviel Glauben er besaß? Was später allen Menschen klar werden sollte, das hat dieser Hauptmann schon ganz offen erklärt, dass nämlich der S. d370 Herr die Macht über Leben und Tod habe, dass er zu den Toren der Unterwelt hin und zurückführe. Zudem sprach der Hauptmann nicht nur von Soldaten, sondern auch von Sklaven, die ja noch mehr zum Gehorsam verpflichtet sind. Allein trotz seines großen Glaubens hielt er sich selbst noch für unwürdig. Christus dagegen zeigte ihm, dass er wohl würdig sei, ihn in seinem Hause zu empfangen. Ja, er tat noch viel mehr, er bewunderte ihn, er lobte ihn und gab ihm mehr, als er gebeten hatte. Der Hauptmann war gekommen, um seinem Knechte die leibliche Gesundheit zu verschaffen und ging zurück im Besitze des himmlischen Reiches. Siehst du, wie sich bereits das Wort erfüllt hatte: „Suchet das Himmelreich und dieses alles wird euch dazu gegeben werden“2 ? Weil der Hauptmann viel glaubte und Demut gezeigt hatte, so hat ihm Christus auch noch den Himmel gegeben und dazu noch die Gesundheit3 . Und nicht bloß damit hat er ihn geehrt, sondern auch dadurch, dass er bekannt machte, an wessen Stelle er ins Himmelreich eingehen werde. Denn schon dadurch allein zeigt er allen ganz deutlich, dass das Heil aus dem Glauben4 kommt, nicht aus den Werken, die das5 Gesetz vorschreibt. Deshalb ist dieses Geschenk nicht nur für die Juden, sondern auch für die Heiden bestimmt; aber für jene noch mehr als für diese. Glaubt nicht, will der Herr sagen, dass dies nur bei diesem Hauptmann so geschehen ist; das gleiche Gesetz6 gilt für die ganze Welt. Mit diesen Worten kündet der Herr seine Absicht betreffs der Heiden an und macht ihnen zum voraus gute Hoffnungen. Unter denen, die ihm folgten, waren nämlich auch einige aus dem Teile von Galiläa, der von Heiden bewohnt war. Er redete aber deshalb so, damit die Heiden nicht verzweifelten und die Juden gedemütigt würden. Um aber seine Zuhörer dadurch nicht zu beleidigen und ihnen keinerlei Handhabe zu bieten, so redet er nicht gleich am Anfang von den Heiden, sondern benützt die Gelegenheit, die ihm der Hauptmann bietet, und selbst dann S. d371 gebraucht er nicht den bloßen Ausdruck „Heiden“. Er sagt nicht: viele Heiden, sondern: „viele vom Aufgang und vom Niedergang“, womit er eben die Heiden meinte. Auf diese Weise stieß er bei den Zuhörern nicht an, weil eben der Ausdruck etwas dunkel war. Aber nicht bloß dadurch milderte er in etwas die Neuerung, die in seiner Lehre zu liegen schien, sondern auch dadurch, dass er den Schoß Abrahams an Stelle des Himmelreiches nannte. Dies war ihnen eben kein geläufiger Ausdruck, während die Erwähnung Abrahams ihnen nur um mehr schmerzlicher sein musste. Deshalb hat auch Johannes nicht so gleich von der Hölle gesprochen, sondern sagte etwas, was die Juden am meisten betrübte, nämlich: „Rühmet euch nur nicht und sagt: Wir sind Kinder Abrahams!“7 .

Der Herr erreichte damit auch noch etwas anderes, nämlich, dass er nicht als Gegner des Alten Testamentes dastand. Denn wer mit Bewunderung von den Patriarchen sprach und ihren Schoß ein Glück nannte, der beugte einem solchen Verdacht mehr als genügend vor. Keiner soll also glauben, die Drohung betreffe nur eine Sache allein; es handelt sich um eine doppelte, sowohl bei der Strafe für die einen, wie bei der Glückseligkeit für die andern. Denn jene werden nicht bloß einen Verlust erleiden, sondern werden etwas verlieren, was ihnen eigentlich zu Recht gehört; diese werden nicht bloß etwas erhalten, sondern das erlangen, was sie gar nicht erwartet hatten; dazu kommt noch ein drittes Moment, dass sie nämlich das erhalten, was jenen bestimmt war. Kinder des Himmelreiches aber nennt der Herr diejenigen, denen das Himmelreich bestimmt war. Gerade das musste die Juden am schmerzlichsten treffen. Zuerst weist er darauf hin, dass sie der Offenbarung und Verheißung gemäß dem Schoße Abrahams angehören und dann schließt er sie davon aus. Und weil dies zunächst nur Worte waren, bekräftigte er sie auch noch durch ein Wunderzeichen, wie andererseits auch die Wunderzeichen eine Bestätigung fanden in den Prophezeiungen, die sich nachher erfüllten. S. d372 Wer also nicht an die Heilung glauben wollte, die dem Knechte zuteil wurde, möge wenigstens um der Prophezeiung willen, die sich bereits erfüllte, auch an das andere glauben. Denn auch die Prophetie wurde schon vor ihrer Erfüllung durch das damalige Wunder allen bekannt. Deshalb hat er zuerst diese Dinge vorausgesagt und dann den kranken Knecht geheilt, damit er durch das, was sie vor Augen hatten, zum Glauben an das geführt würden, was erst kommen sollte, damit sie gleichsam das Geringere annehmen um des Größeren willens. Dass die Tugendhaften glücklich werden sollten, die Gesetzesübertreter dagegen Strafe erleiden, das war ja gar nichts Außerordentliches.

Das entspricht nur der Vernunft und der Billigkeit des Gesetzes. Dass aber ein Gelähmter wieder gehen und ein Toter auferstehen sollten, das ging doch über die Möglichkeit der Natur hinaus. Gleichwohl hat der Hauptmann auch hier nicht wenig dazu beigetragen, um die Juden zum Glauben auch an diese größeren und wunderbaren Dinge zu führen. Das gibt uns auch Christus zu verstehen mit den Worten: „Wohlan, wie du geglaubt hast, soll dir geschehen!“ Siehst du, wie die Gesundheit, die dem Knechte zurückgegeben wurde, auch für die Macht Christi lautes Zeugnis ablegt, ebenso wie für den Glauben des Hauptmannes, und wie sie auch den Glauben an das bekräftigte, was erst kommen sollte? Ja, es hat eigentlich alles die Macht Christi in helles Licht gestellt. Denn der Herr gab nicht nur dem Knechte die leibliche Gesundheit wieder, er gewann auch die Seele des Hauptmannes durch seine Wunderzeichen für den Glauben. Du aber richte dein Augenmerk nicht bloß auf die Tatsache, dass dieser glaubt und die anderen geheilt wurden; bewundere vielmehr auch die Schnelligkeit der Heilung. Gerade darauf wollte der Evangelist aufmerksam machen, wenn er sagte: „Und es ward der Knecht in derselben Stunde geheilt.“ Ebenso sagte er auch beim Aussätzigen: „Er ward alsbald rein.“ Christus zeigt seine Macht nicht nur durch die Heilung an sich, sondern auch durch ihre ganz außergewöhnliche Art, da sie in einem einzigen Augenblick sich vollzog. S. d373 Und nicht nur dadurch nützte er uns, sondern auch dadurch, dass er bei allen seinen Wundertaten vom Gottesreich zu reden anfängt und alle für dasselbe zu gewinnen sucht.

Auch jenen, die er mit Ausschluss bedroht, droht er nicht, um sie wirklich auszuschließen, sondern damit sie ob seiner Rede Furcht empfänden und so zum Himmel hingezogen würden. Wenn sie aber auch da keinen Nutzen zögen, so sind ausschließlich sie selbst daran schuld, wie überhaupt alle, die an der gleichen Krankheit leiden. Es kann ja jedermann sehen, dass dies nicht nur an den Juden geschah, sondern auch an solchen, die den Glauben gehabt hatten. Auch Judas war ja ein Kind des Gottesreiches gewesen, auch an ihn waren, wie an die anderen Jünger, die Worte gerichtet: „Ihr werdet auf zwölf Thronen sitzen“8 ; gleichwohl ward aus ihm ein Kind der Hölle. Der Äthiopier dagegen, ein Barbar, einer von denen, die vom Aufgang und vom Niedergang kommen, genießt den Himmelslohn mit Abraham, Isaak und Jakob. Dasselbe geschieht jetzt auch an uns.„Denn“, heißt es, „viele von den ersten werden die letzten sein, und viele von den letzten die ersten“9 . Das sagte aber der Herr, damit die einen sich nicht der Trägheit hingeben, da sie ja doch nicht ans Ziel kommen könnten, die anderen dagegen nicht übermütig würden, als ob ihnen die Sache ja bereits sicher sei. Das hat früher auch schon Johannes10 gesagt: „Es kann Gott aus diesen Steinen Kinder Abrahams erwecken“11 . Da dies tatsächlich geschehen sollte, so wurde es auch schon früher vorhergesagt, damit niemand in Zweifel gerate wegen so auffallender Dinge. Jener verkündete dies aber nur als etwas Mögliches; er war eben der Vorläufer; Christus dagegen sagte es als ganz sicher voraus, und bekräftigte seine Worte durch Wunderzeichen.


  1. denn wenn ich dem einen sage: Geh, so geht er, und zum andern: Komm, so kommt er ↩

  2. Mt 6,33 ↩

  3. für seinen Knecht ↩

  4. an Christus ↩

  5. alttestamentliche ↩

  6. des Heiles aus dem Glauben ↩

  7. Mt 3,9 ↩

  8. Mt 19,28 ↩

  9. ebd 30 ↩

  10. der Täufer ↩

  11. ebd 3,9 ↩

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