1.
V.14: „Und als Christus in das Haus des Petrus gekommen war, sah er dessen Schwiegermutter krank am Fieber darniederliegen;
V.15: und er nahm sie bei der Hand und das Fieber verließ sie; und sie stand auf und bediente ihn.“
Markus fügt auch noch das Wort „alsbald“ hinzu, da er auch die Zeit bestimmen wollte1 . Matthäus erzählt nur die bloße Wundertat, ohne Angabe der Zeit. Ja die anderen Evangelisten erzählen, die Kranke habe ihn sogar rufen lassen2 . Auch das verschwieg Matthäus. Hierin liegt aber kein Widerspruch; vielmehr wollte der eine sich kurz fassen, der andere die Sache ausführlich erzählen. Weshalb kam aber der Herr in das Haus des Petrus? Ich glaube, er wollte am Mahle teilnehmen; wenigstens weist der Evangelist darauf hin mit den Worten: „Sie stand auf und bediente ihn.“ Bei seinen Jüngern pflegte er sich aufzuhalten, wie auch bei Matthäus nach dessen Berufung3 , um sie zu ehren und sie auf diese Weise zutraulicher zu machen. Du aber beachte auch hier wieder die Ehrfurcht, die Petrus für Jesus hatte. Da seine Schwiegermutter zu Hause an heftigem Fieber krank lag, da zog er ihn nicht in sein Haus, S. d383 sondern wartete, bis der Herr seine Unterweisung beendet hatte, und alle anderen zuerst geheilt waren; dann erst trug er ihm seine Bitte vor, nachdem er schon ein Haus betreten hatte. So wurde er von Anfang an dazu erzogen, die Interessen der anderen den seinigen vorzuziehen. Auch war nicht er es, der den Herrn hereinführte, sondern der Herr kam selbst und aus eigenem Antriebe, nachdem der Zenturio gesagt hatte: „Ich bin nicht würdig, dass Du mein Haus betretest“4 . Er zeigte dadurch, wie sehr er dem Jünger zugetan war. Da bedenke auch, was das für Häuser waren, die diesen Fischern gehörten. Gleichwohl verschmähte es der Herr nicht, diese armseligen Hütten zu betreten. Er wollte dir damit die Lehre geben, in allem den menschlichen Stolz mit Füßen zu treten. Auch bewirkte er seine Heilungen bald mit bloßen Worten, bald streckte er auch seine Hand aus, bald tut er beides, um so die Aufmerksamkeit auf die Heilung zu ziehen. Er wollte eben solche Wunder nicht immer unter großem Aufsehen wirken. Er musste es zunächst noch mehr geheim halten, besonders in Gegenwart der Jünger, die aus lauter Freude alles ausposaunt hätten. Das ergibt sich klar aus dem Umstand, dass er seinen Jüngern nach dem Aufstieg auf den Berg noch einschärfen musste, dass sie niemandem etwas davon sagten5 .
Er berührte also den Leib der Kranken und löschte damit nicht nur den Fieberbrand, sondern gab ihr auch die volle Gesundheit wieder zurück. Da es sich nur um eine leichte Krankheit handelte, so hat er seine Macht mehr durch die Art und Weise der Heilung gezeigt. Ärztliche Kunst hätte ja doch das nicht zustande gebracht. Ihr wißt ja wohl, dass man auch dann, wenn man fieberfrei geworden ist, infolge der Ermattung noch lange Zeit braucht, bis man die frühere Gesundheit wieder erlangt hat. Damals ging aber alles in einem Augenblick vor sich; und nicht nur hier, sondern auch bei dem Meeressturm. Auch dort hat der Herr die Winde und den Sturm nicht bloß beruhigt, sondern brachte die Wogen in einem S. d384 Augenblick zum Stillstand; und auch das war etwas Außergewöhnliches. Denn wenn auch ein Sturmwind sich legt, die Gewässer bleiben doch noch lange Zeit in Bewegung. Bei Christus aber war es nicht so; er bewirkte alles auf einmal. Also machte er es nun auch hier bei dieser Frau. Das wollte auch der Evangelist hervorheben, wenn er sagt: „Sie stand auf und bediente ihn.“ Darin zeigt sich sowohl die Macht Christi, als auch die dankbare Gesinnung, welche die Frau gegen den Herrn bekundete. Noch etwas anderes können wir aus diesem Wunder ersehen: Dass nämlich Christus um des Glaubens willen, den der eine hat, einem anderen die Heilung gewährt. Auch hier haben ihm ja andere die Bitte vorgebracht, ebenso wie bei dem Knechte des Hauptmannes. Er erhört aber die Bitte, wenn der, den er heilen will, nicht ungläubig und nur durch Krankheit verhindert ist, zu ihm zu kommen, oder aus bloßer Unwissenheit nicht die entsprechende hohe Meinung von ihm hat, oder er noch zu jung ist.
V.16: „Da es aber Abend geworden war, brachten sie viele Besessene zu ihm und er trieb durch sein Wort die bösen Geister von ihnen aus, und alle, die an einer Krankheit litten, heilte er,
V.17: auf dass in Erfüllung gingen die Worte des Propheten Isaias: Unsere Schwachheiten nahm er auf sich und trug selbst unsere Krankheiten.“
Siehst du, wie der Glaube der Leute bereits im Wachsen begriffen war? Sie hielten es nicht für unzeitig, ihre Kranken noch am Abend daherzubringen. Da beachte aber auch, welche Menge von Geheilten die Evangelisten übergehen, ohne uns im Einzelnen alles zu berichten und zu erzählen; mit einem einzigen Wort fassen sie eine Unzahl von Wundern zusammen. Damit du aber nicht wieder ob der Größe des Wunders zu zweifeln beginnst, wenn du da hörst, wie Christus eine solche Menge Volkes und so viele Krankheiten in einem Augenblicke vollständig heilte, so bringt der Evangelist den Propheten als Zeugen für das Geschehene, und zeigt, dass uns für alles ein sehr gewichtiger Schriftbeweis zu Gebote steht, der nicht weniger S. d385 wertvoll ist, als die Wunderzeichen selbst. So macht er darauf aufmerksam, dass auch Isaias dies vorausgesagt mit den Worten: „Er hat unsere Schwachheiten von uns genommen und unsere Krankheiten getragen. “Er sagte nicht: Er hat sie zunichte gemacht, sondern: „er nahm sie auf sich und trug sie“. Das scheint mir eher von den Sünden gemeint zu sein, in Übereinstimmung mit dem Prophetenwort des Johannes6 : „Seht, das ist das Lamm Gottes, welches hinwegnimmt die Sünden der Welt!“7 .