• Start
  • Werke
  • Einführung Anleitung Mitarbeit Sponsoren / Mitarbeiter Copyrights Kontakt Impressum
Bibliothek der Kirchenväter
Suche
DE EN FR
Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Achtundzwanzigste Homilie. Kap. VIII, V.23-34.

5.

Da aber dies in Wirklichkeit nicht möglich ist, so stellen wir uns wenigstens einmal in Gedanken vor, wir befreiten einen solchen Menschen von all seinen Fesseln! Dann werden wir erst klar erkennen, wie stark seine Raserei ist. Doch haben wir keine Angst vor dem wilden Tiere, wenn wir es auch zeigen, wie es ist; wir stellen es uns ja nur in Gedanken vor und haben es nicht in Wirklichkeit vor uns. Denkt euch also einen Menschen, dem Feuer aus den Augen sprüht, der ganz schwarz ist, dem an beiden Schultern anstatt der Arme Schlangen hängen, dessen Mund an Stelle der Zähne mit scharfen Schwertern besetzt ist und wo an Stelle der Zunge eine Gift und Verderben sprudelnde Quelle fließt! Sein Bauch, gefräßiger als ein Feuerofen, vertilgt alles, was in ihn hineingeworfen wird. Seine Füße sind geflügelt und rascher als Feuer. Sein Gesicht hält die Mitte zwischen dem eines Hundes und eines Wolfes. Nichts Menschliches hat seine Stimme an sich; sie ist im Gegenteil widerwärtig, abstoßend, schrecklich. Auch in den Händen trägt er Feuer. Vielleicht erscheint euch das schrecklich, was ich gesagt habe. Aber meine Schilderung entspricht der Wirklichkeit noch lange nicht. Wir müssen noch ganz andere Dinge dazufügen. Denkt euch, das Ungetüm zerfleische alle, die ihm begegnen, verschlinge sie und reiße ihre Leiber in Stücke. Aber auch so ist noch viel schrecklicher der Geizige, der allen nachstellt wie die Hölle, der alle verschlingt und ein öffentlicher Feind des Menschengeschlechtes geworden ist. Er möchte, dass es keine Menschen mehr gäbe, um selber alles zu besitzen. Und selbst das genügt ihm noch nicht. Wenn er durch seine S. d408 Habsucht alles zugrunde gerichtet hat, dann möchte er auch noch die Natur der Erde ändern und sie in Gold verwandelt sehen; ja nicht bloß die Erde, auch die Berge, die Täler, die Quellen, kurz alles, was man sehen kann.

Damit ihr aber seht, dass ich seine Raserei noch nicht erschöpft habe, so setzt den Fall, es sei niemand da, der ihn tadle oder reize, sondern nehmt an, er werde nicht mehr durch die Furcht vor den Gesetzen gehemmt, und ihr werdet sehen, wie er alsbald ein Schwert ergreift und alle niedermacht, ohne irgend jemand zu verschonen, weder den Freund, noch die Verwandten, nicht den Bruder und selbst nicht den eigenen Vater. Ja, wir brauchen uns dies nicht einmal bloß vorzustellen. Fragen wir nur gleich selbst, ob er nicht in der Tat fortwährend solche Gedanken mit sich herumträgt, ob er nicht wenigstens im Herzen alle angreift und niedermacht, die Freunde, die Verwandten, ja selbst die eigenen Eltern? Aber es ist nicht einmal notwendig, ihn zu fragen. Es wissen ja ohnehin alle, dass jene, die von solchem Laster angesteckt sind, nur unwillig ihren alten Vater ertragen, und selbst das lästig und unangenehm empfinden, was allen anderen das Süßeste und Liebste ist, nämlich Kinder zu haben. Viele haben aus diesem Grunde sich kinderlos, die Natur unfruchtbar gemacht, nicht indem sie die geborenen Kinder umgebracht, sondern dadurch, dass sie sie nicht einmal geboren werden ließen.

Wundert euch also nicht, dass wir einen Geizhals in dieser Weise schilderten; er ist ja eigentlich noch schlechter, als ich gesagt habe. Überlegen wir vielmehr, wie wir ihn von seinem Dämon befreien könnten. Wie werden wir also das erreichen? Wenn wir ihm die klare Überzeugung beibringen, dass sein Geiz ihm gerade dazu am meisten hinderlich ist, nämlich um Reichtümer zu erwerben; denn wer auch das Kleinste gewinnen will, wird großen Schaden leiden. Das ist sogar schon zum Sprichwort geworden. So ist es schon oft vorgekommen, dass diejenigen, die ihr Geld für hohe Zinsen ausleihen wollten, aus lauter Gewinnsucht sich die Schuldner nicht genau ansahen, und dann mit den Zinsen auch das ganze Kapital verloren. Andere haben selbst nicht in S. d409 Lebensgefahr einen geringen Teil opfern wollen und verloren deshalb zugleich Leben und Vermögen. Wieder andere wären in der Lage gewesen, einträgliche Stellen oder sonst etwas Ähnliches sich zu verschaffen, haben aber dann aus Knauserigkeit alles verloren. Da sie eben nicht zu säen verstehen, sondern immer nur ans Einheimsen denken, so geht ihnen oft die ganze Ernte verloren. Niemand kann immerfort Ernte halten, niemand fortwährend Gewinn machen. Da sie also nichts ausgeben wollen, verstehen sie auch keinen Gewinn zu machen. Ja, selbst wenn es sich darum handelte, eine Frau nehmen zu müssen, es ginge ihnen gerade so. Denn entweder werden sie hintergangen und erwischen statt einer Reichen eine Arme, oder sie bekommen eine Reiche, die aber dafür tausend Fehler und Untugenden hat, und dann sind sie noch schlimmer daran, als im ersten Falle. Denn nicht Vermögen, sondern Tugend macht wahrhaft reich. Oder was nützt Reichtum, wenn die Frau rechten Aufwand macht und das Geld verschwendet und alles fortträgt, schneller als der Wind? Was nützt der Reichtum, wenn sie sich der Unzucht ergibt und ein Heer von Liebhabern nach sich zieht? Was nützt er, wenn sie sich dem Trunke ergibt? Wird sie nicht in kürzester Zeit den Mann an den Bettelstab bringen? Aber nicht bloß beim Heiraten, auch beim Einkaufen schaden die Geizigen sich selbst, da sie aus lauter Interesse nicht die Sklaven anschaffen, die etwas wert sind, sondern die man recht billig haben kann.

Erwägt also alles das; denn was ich über die Hölle und den Himmel zu sagen hätte, könnt ihr noch gar nicht fassen. Denkt an den Schaden, den euer Geiz euch oft einträgt, beim Ausleihen von Geld, beim Einkaufen, beim Heiraten, bei Anstellungen und in allen anderen Dingen, und lasset endlich ab von eurer Liebe zum Geld. Nur so könnt ihr sowohl dieses zeitliche Leben in Ruhe und Sicherheit genießen, und, wenn ihr auch nur ein wenig Fortschritte macht, auch die Lehren der wahren Weisheit fassen und bei genauem Zusehen die Sonne der Gerechtigkeit selber schauen und der Güter teilhaftig werden, die uns durch sie verheißen wurden und die wir alle erlangen mögen durch die S. d410 Gnade und Liebe unseres Herrn Jesus Christus, der Ehre und Macht besitzt in alle Ewigkeit. Amen!

pattern
  Drucken   Fehler melden
  • Text anzeigen
  • Bibliographische Angabe
  • Scans dieser Version
Download
  • docxDOCX (1.04 MB)
  • epubEPUB (1.01 MB)
  • pdfPDF (3.23 MB)
  • rtfRTF (3.18 MB)
Übersetzungen dieses Werks
Commentaire sur l'Evangile selon Saint Matthieu vergleichen
Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)

Inhaltsangabe

Theologische Fakultät, Patristik und Geschichte der alten Kirche
Miséricorde, Av. Europe 20, CH 1700 Fribourg

© 2025 Gregor Emmenegger
Impressum
Datenschutzerklärung