• Start
  • Werke
  • Einführung Anleitung Mitarbeit Sponsoren / Mitarbeiter Copyrights Kontakt Impressum
Bibliothek der Kirchenväter
Suche
DE EN FR
Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Dreißigste Homilie. Kap. IX, V.9-17.

1.

S. d419

V.9: „Und als Jesus von dort wegging, sah er einen Menschen beim Zollhaus sitzen, der Matthäus hieß. Und er sprach zu ihm: Folge mir.“

Nach der wunderbaren Heilung1 hielt sich der Herr nicht mehr lange auf, um nicht durch seinen Anblick die Eifersucht der Juden noch mehr zu erregen; vielmehr entfernt er sich ihnen zuliebe in der Absicht, ihre Leidenschaft dadurch zu besänftigen. So wollen auch wir es machen; wollen nicht mit denen zusammenbleiben, die uns übelgesinnt sind, sondern durch Nachgiebigkeit ihre Wunden lindern und so die Spannung heben. Weshalb hat aber Jesus den Matthäus nicht zugleich mit Petrus und Johannes und den übrigen Aposteln berufen? Weil die Berufung der Apostel immer erst dann erfolgte, wenn der Herr wusste, sie würden seinem Rufe auch wirklich Folge leisten. So rief er auch den Matthäus erst dann, als er ihn bereit wusste, auf seinen Ruf zu hören. Deshalb hat er auch den hl. Paulus erst nach seiner Auferstehung in sein Netz gezogen. Er kannte eben die Herzen und sah die verborgenen Gedanken eines jeden. So wusste er, wann jeder von ihnen bereit sein würde, ihm zu folgen. Aus diesem Grunde rief Jesus den Matthäus nicht schon gleich im Anfange, weil er damals noch nicht zugänglich genug war, sondern erst, nachdem er viele Wunder gewirkt und großen Ruf erlangt hatte, und als er wusste, dass er inzwischen bereitwilliger geworden war, seiner Berufung Gehör zu schenken.

Auch die Weisheit des Evangelisten verdient Bewunderung; denn er verbirgt sein früheres Leben nicht, sondern nennt sogar seinen Namen, während alle anderen S. d420 ihn hinter einem fremden Namen verbargen2 . Warum sagt er aber: „Er saß bei dem Zollhaus“? Er wollte damit die Macht dessen zeigen, der ihn nicht zu einer Zeit berief, da er sein schlechtes Gewerbe bereits aufgegeben und verlassen hatte, sondern ihn mitten aus dem Verderben herauszog. So hat er auch den hl. Paulus bekehrt, da er noch voll Wut und Zorn gleichsam Feuer schnaubte3 . Das hat der hl. Paulus selbst als Beweis für die Macht dessen hingestellt, der ihn berief; denn er schrieb an die Galater: „Ihr habt gehört von meiner Bekehrung aus meinem früheren Judaismus und wie heftig ich damals die Kirche Gottes verfolgte“4 . Auch die Fischer hat Christus mitten in ihrer Arbeit berufen. Doch war ihr Handwerk wenigstens nicht so verrufen, sondern nur das vom ungebildeten, schlichten und ganz einfachen Leuten. Dieses Zöllnergewerbe hingegen ward meist von unverschämten, frechen Leuten ausgeübt, die auf nicht einwandfreien Gewinn ausgingen und auf rücksichtslosen Gelderwerb. Aber trotz all dem scheute der Herr vor seiner Berufung nicht zurück. Doch was sage ich, er hat sich des Zöllners nicht geschämt; er hat sich ja nicht einmal gescheut, eine Buhldirne zu rufen und zu gestatten, dass sie seine Füße küsse und mit ihren Tränen abtrockne5 . Gerade deshalb ist ja der Herr gekommen; nicht um bloß die Leiber zu heilen, sondern um auch die Seelenkrankheiten zu beseitigen. Das tat er auch bei dem Gichtbrüchigen. Und erst nachdem er klar gezeigt hatte, dass er die Macht habe, Sünden nachzulassen, kam er auch zu Matthäus, damit niemand Ärgernis nähme, wenn sie sähen, dass ein Zöllner in den Kreis seiner Jünger aufgenommen worden sei. Denn wenn er die Macht besaß, alle Sünden zu vergeben, was wunderst du dich, wenn er auch diesen Zöllner zum Apostel machte? Wenn du aber auf der einen Seite die Macht des Berufenden gesehen, so lerne auf der anderen auch den Gehorsam des Berufenen kennen. Er sträubte sich nicht und sagte nicht S. d421 zweifelnd: Was willst du von mir? Willst du mich etwa täuschen, wenn du mich, einen so schlechten Menschen, berufst? Solche Demut wäre gewiss nicht am Platze gewesen. Nein, er gehorchte sofort und bat nicht einmal, vorher nach Hause gehen zu dürfen, um den Seinigen Mitteilung davon zu machen, so wenig als dies die Fischer getan. So wie diese das Netz, das Schiff und den Vater verließen, so dieser sein Zollhaus und seinen Erwerb, und folgte dem Herrn nach. Er zeigte damit, dass er in seinem Herzen zu allem bereit war; und indem er sich heroisch von allen Weltgeschäften losriß, bewies er durch seinen vollendeten Gehorsam, dass der Herr ihn zur rechten Zeit berufen.

Warum hat uns aber der Evangelist nicht auch bei den anderen Aposteln berichtet, wie und auf welche Weise sie berufen wurden, sondern nur bei Petrus, Jakobus, Johannes und Philippus, bei den anderen aber nicht? Weil gerade diese die niedrigsten und unansehnlichsten Gewerbe ausübten. Es gibt ja nichts Gemeineres als das Zöllneramt, nichts Armseligeres als das Fischerhandwerk. Dass auch Philippus von sehr niedrigem Stande war, ergibt sich schon aus seiner Heimat. Deshalb machen sie uns mit den Gewerben6 bekannt, um uns zu zeigen, dass man ihnen auch dann glauben müsse, wenn sie etwas Ehrenvolles von ihnen berichten. Denn wenn sie nichts auslassen von dem, was nicht für vornehm gilt, sondern gerade das vor allen anderen Dingen gewissenhaft hervorheben, handle es sich nun um den Meister oder um die Jünger, wie könnte man dann Misstrauen gegen sie haben, wenn sie einmal etwas Ruhmvolles erzählen? Zumal, da die ja viele Zeichen und Wundertaten übergehen, dagegen die Schmach, die mit dem Kreuzestod verbunden zu sein schien, ganz ausführlich berichten? Auch bei den Jüngern haben sie das Gewerbe und ihren niedrigen Stand offen bekannt, so wie die beim Herrn jene Vorfahren erwähnten, die ob ihrer Sünden verrufen waren. Daraus ergibt sich klar, dass es ihnen durchaus um die Wahrheit zu tun war, und dass sie nichts niederschrieben aus Rücksicht auf Personen, oder um bei den Menschen Ruhm zu ernten.


  1. des Gichtbrüchigen ↩

  2. Mk 2,14; Lk 5,27 ↩

  3. Apg 9,1 ↩

  4. Gal 1,13 ↩

  5. Lk 7,36-50 ↩

  6. gerade dieser Apostel ↩

pattern
  Drucken   Fehler melden
  • Text anzeigen
  • Bibliographische Angabe
  • Scans dieser Version
Download
  • docxDOCX (1.04 MB)
  • epubEPUB (1.01 MB)
  • pdfPDF (3.23 MB)
  • rtfRTF (3.18 MB)
Übersetzungen dieses Werks
Commentaire sur l'Evangile selon Saint Matthieu vergleichen
Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)

Inhaltsangabe

Theologische Fakultät, Patristik und Geschichte der alten Kirche
Miséricorde, Av. Europe 20, CH 1700 Fribourg

© 2025 Gregor Emmenegger
Impressum
Datenschutzerklärung