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Works John Chrysostom (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Dreiunddreißigste Homilie. Kap X, V.16-22.

1.

V.16: „Siehe, ich sende euch wie Schafe inmitten von Wölfen. Werdet also klug wie die Schlangen und einfältig wie die Tauben.“

Zuerst hatte der Herr die Apostel wegen der notwendigen Nahrung beruhigt, hatte ihnen alle Häuser geöffnet und ihnen das Betreten derselben in ehrenvoller Weise ermöglicht. Er wollte nicht, dass sie wie Landstreicher und Bettler in die Häuser kommen, sondern wie Leute, die an Würde weit über denen stehen, von denen sie aufgenommen werden. Das zeigt er ja durch die Worte: „Der Arbeiter ist seines Lohnes wert“ und dadurch, dass er ihnen befahl, zu fragen wer würdig sei, und dann erst dort zu bleiben, und dass er ihnen auftrug, den Gastgebern den Friedensgruß zu entbieten, während er denen, die die Gastfreundschaft verweigern, jene unerträgliche Strafe androht. So hatte er ihnen S. d473 also alle Sorge benommen und sie noch dazu mit der Gabe der Wunderkraft ausgerüstet und gewissermaßen gehärtet wie Eisen und Diamant; und erst nachdem er sie von allen irdischen Gedanken befreit und ihnen jede eitle Sorge benommen hatte, da kündete er ihnen auch die Leiden an, die ihrer harrten, und zwar nicht bloß die, die unmittelbar bevorstanden, sondern auch jene, die erst nach langer Zeit eintreten sollten. Er wollte sie dadurch schon lange zuvor auf den Kampf mit dem Teufel vorbereiten. Damit erreichte der Herr verschiedene gute Absichten. Erstens, dass die Apostel seine Prophetengabe erkannten; zweitens, dass keinem der Gedanke kam, sie hätten wegen der Machtlosigkeit ihres Herrn solches zu leiden; drittens, dass diejenigen, denen solches bevorstand, nicht zu erschrecken brauchten, wie wenn es plötzlich und unerwartet gekommen wäre; viertens, dass sie nicht etwa verwirrt würden, wenn sie dies erst in dem Augenblicke zu hören bekämen, wo ihm schon der Kreuzestod bevorstand. Denn so ging es ihnen, als er jene tadelnden Worte sprach: „Weil ich dies zu euch gesagt habe, hat Trauer euer Herz erfüllt; und keiner von euch fragt mich: Wohin gehst du?“1 . Und doch hatte er noch gar nichts von sich selbst gesagt, wie z.B., dass er sollte gebunden, gegeißelt und getötet werden. Er wollte eben nicht auch noch damit ihre Seele betrüben; vielmehr sagte er ihnen zunächst nur das voraus, was ihnen selbst zustoßen sollte.

Ferner sollten sie erkennen, dass dies ein ganz neues Kriegsgesetz sei und ein Kampf ganz ungewöhnlicher Art; er sandte sie ja ganz arm hinaus, nur mit einem Gewande bekleidet, ohne Schuhe, ohne Stab, ohne Gürtel und Reisetaschen und befahl ihnen, sich von dem zu ernähren, was sie erhielten. Gleichwohl beschloss er auch damit seine Rede nicht, sondern sagte zum Beweis seiner unaussprechlichen Macht: Und wenn ihr auf diese Weise auszieht, so zeiget die Sanftmut von Lämmern, obgleich ihr im Begriffe steht, zu Wölfen zu gehen, ja nicht bloß zu Wölfen, sondern mitten unter S. d474 die Wölfe. Auch gebietet er ihnen, nicht allein die Sanftmut von Lämmern zu besitzen, sondern auch die Einfalt der Tauben. Denn auf diese Weise, so sagt er gleichsam, werde ich am besten meine Macht zeigen, wenn Lämmer über Wölfe siegen, wenn sie mitten unter Wölfen sich befinden, ungezählte Wunden empfangen, aber nicht nur nicht zugrunde gehen, sondern sogar die anderen bekehren. Das verdient vielmehr Bewunderung und ist etwas viel Größeres, als andere umzubringen, dass nämlich die Feinde ihre Ansicht ändern und ihre Gesinnung umwandeln, und das alles, obwohl die Apostel nur zu zwölf waren, und die Welt mit Wölfen ganz gefüllt war.

Schämen wir uns also, die wir das Gegenteil davon tun, die wir gleich Wölfen unsere Feinde anfallen. Solange wir Lämmer sind, siegen wir. Mögen auch unzählige Wölfe uns umgeben, wir siegen doch und gewinnen die Oberhand. Wenn wir dagegen selbst zu Wölfen werden, unterliegen wir; es fehlt uns dann eben die Hilfe des Hirten. Er weidet ja nicht Wölfe, sondern Schafe; deshalb verlässt er dich und zieht sich von dir zurück. Du machst es ihm ja unmöglich, seine Macht zu zeigen. Wenn du dich bei Unbilden sanftmütig zeigst, so wird der ganze Siegespreis ihm zugeschrieben; wenn du dich dagegen wehrst und dich verteidigst, so tust du dem Siege Eintrag. Beachte indes, wer diejenigen sind, an die diese harten und schweren Gebote gerichtet wurden: Arme, einfältige Leute, die nicht schreiben und lesen gelernt, die niemand kannte, die sich niemals mit weltlichen Gesetzen befassten, die vielleicht nie in öffentlichen Versammlungen aufgetreten, Fischer, Zöllner, Leute, die mit tausenderlei Armseligkeiten behaftet waren. Wenn aber eine solche Aufgabe schon die Hohen und Großen zu verwirren vermag, wie sollte sie nicht diejenigen niederschmettern und erschrecken, die ganz unerfahren waren und niemals von Würde und Auszeichnung auch nur geträumt hatten? Aber es schreckte sie doch nicht ab. Das ist ganz natürlich, könnte vielleicht einer sagen; gab ihnen ja doch der Herr die Macht, Aussätzige rein zu machen und Teufel auszutreiben. Ich möchte dagegen lieber S. d475 sagen, dass gerade das sie am meisten bedenklich machen könnte, dass sie trotz Totenerweckungen so unerträgliche Leiden erfahren sollten, Gerichte, Gefangennahmen, allseitige Anfeindung, gemeinsamen Hass der ganzen Welt, und dass sie solches leiden sollten, obgleich sie Wunder wirkten. Was ist nun also ihr Trost in all dem? Die Macht dessen, der sie aussandte. Deshalb hat auch der Herr gerade das allem anderen vorangestellt und gesagt: „Siehe, ich sende euch.“ Das genügt zu eurer Beruhigung, das genügt, um euch Mut und Vertrauen zu geben und euch die Furcht vor denen zu nehmen, die euch anfeinden.


  1. Joh 16,6 u. 5 ↩

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