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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Vierte Homilie. Kap.1, V.17-22.

3.

Warum hat sie aber nicht vor der Verlobung empfangen? Damit das Geschehene, wie ich schon anfangs sagte, vorläufig verborgen bliebe, und die Jungfrau jedem bösen Verdacht entginge. Wenn nämlich derjenige, der am ehesten von allen Veranlassung zu Argwohn gehabt hätte, sie nicht nur nicht an den Pranger stellt und sie nicht der Schande preisgibt, sondern sie auch bei sich aufnimmt und auch noch nach der Empfängnis für sie sorgt, so geht daraus klar hervor, dass er vollkommen überzeugt war, das Geschehene sei der Wirkung des Heiligen Geistes zuzuschreiben; sonst hätte er sich nicht damit zufrieden gegeben, und wäre ihr nicht in allem zu Diensten gewesen. Ein meisterhafter Zug ist es sodann, dass der Evangelist die Worte hinzugefügt hatte; „Man fand, dass sie schwanger war“; das pflegte man nämlich bei wunderbaren und überraschenden, ganz unerwarteten Dingen zu sagen. Forsche also auch du nicht weiter nach; wolle nicht mehr wissen, als was der Evangelist gesagt hat, und frage nicht: „Aber wie hat der Heilige Geist dies bei einer Jungfrau vermocht?“ Man kann ja schon das Wirken der Naturkräfte selber bei diesem Bildungsprozesse nicht erklären; wie sollen wir also die Wunder des Heiligen Geistes verstehen? Dadurch, dass der Evangelist den Urheber des Wunders nennt, entzog er sich eben allen Einwänden und lästigen Fragen. Er sagt damit gleichsam: Ich weiß selber nicht mehr, als dass das, was geschehen ist, durch den Heiligen Geist geschehen ist. Dadurch mögen auch diejenigen beschämt werden, welche die S. 63himmlische Geburt1 grübelnd erforschen wollen. Wenn schon diese Geburt2 , die doch tausend Zeugen hat, die vor so langen Zeiten vorherverkündet wurde, deren Frucht man sehen und betasten konnte, wenn schon diese niemand erklären kann, welches Übermaß von Torheit beweisen dann diejenigen, die jene unaussprechliche Geburt ergrübeln und fürwitzig erforschen wollen? Nicht einmal Gabriel, so wenig wie Matthäus, konnten uns mehr sagen, als dass diese vom Heiligen Geist bewirkt wurde. Das Wie? aber und die nähere Art und Weise hat keiner von beiden erklärt, und sie konnten es auch nicht. Glaube auch nicht, du habest alles erfahren, wenn du hörst, die Empfängnis komme vom Heiligen Geist. Auch so wissen wir noch gar vieles nicht. Zum Beispiel, wie es möglich ist, dass der Unendlich vom Mutterschoß umschlossen wird; wie der, der alles in sich begreift, im Schoße eines Weibes getragen werden kann; wie eine Jungfrau gebären und doch Jungfrau bleiben kann? Ja, sage mir doch, wie hat der Heilige Geist jenen Tempel gebildet? Warum hat er nicht den ganzen Leib durch den Mutterschoß bilden lassen, sondern nur einen Teil, der dann größer wurde und sich weiter ausbildete? Denn dass sein Leib aus dem Fleische der Jungfrau gebildet war, bezeugt uns der Evangelist mit den Worten: „denn, was aus ihr geboren ward“, und Paulus sagt: „geworden aus dem Weibe“3 , womit er diejenigen widerlegte, die da behaupten, Christus sei durch Maria wie durch einen Kanal hindurchgegangen Denn wenn das wahr wäre, wozu brauchte er dann überhaupt eine Mutter? Er hätte dann aber auch gar nichts mit uns gemein; er wäre Fleisch aus anderem, nicht aus unserem Fleisch. Wie stammte er also noch aus der Wurzel Jesse; wie wäre er dann Reis geworden, wie der Menschensohn, wie die Blüte? Und wie wäre Maria Mutter? Wie stammte der Herr aus dem Geschlechte Davids; wie hätte er Knechtsgestalt annehmen, wie das Wort Fleisch werden S. 64können?4 . Wie könnte Paulus an die Römer schreiben:„ Von denen Christus dem Fleische nach abstammt, der zugleich Gott ist, der über alles herrscht“?5 Dass er also aus unserem Geschlechte und aus unserem Fleische stammt und aus dem jungfräulichen Mutterschoß, ergibt sich klar aus diesen und aus vielen anderen Gründen. Das Wie? aber ist noch nicht klar. Versuche also auch du nicht, es zu verstehen, sondern glaube einfach, was dir geoffenbart worden und grüble nicht dem nach, was dir geheim gehalten worden.

V.19: „Joseph aber, ihr Mann, da er gerecht war und sie nicht überführen wollte, trug sich mit dem Gedanken, sie heimlich zu entlassen.“

Nachdem der Evangelist gesagt hat: „aus dem Heiligen Geist“ und „ohne menschliches Zutun“, bekräftigt er seine Worte auch noch auf andere Weise. Damit keiner sage: Wie kannst du das beweisen? Wer hat jemals etwas Ähnliches gesehen oder gehört? Damit du den Jünger nicht im Verdacht habest, er hätte nur seinem Meister zu Gefallen so etwas erfunden, führt er den Joseph ein, der durch seine eigene Erfahrung das Gesagte bestätigen kann und sagt damit gleichsam: Wenn du mir nicht glaubst und gegen mein Zeugnis Argwohn hegst, glaube wenigstens diesem: „denn Joseph, ihr Mann war gerecht“. Gerecht heißt aber hier soviel wie: in allem vollkommen Zur Gerechtigkeit gehört es ja auch, nicht habsüchtig zu sein; ja sie ist der Inbegriff jeglicher Tugend. Ganz besonders in diesem Sinne gebraucht die Hl. Schrift das Wort: „Gerechtigkeit“, wie wenn sie z.B. sagt: „Der Gerechte ist wahrhaftig“6 , und ein anderes Mal: „Es waren beide gerecht“7 .


  1. des Logos aus dem Vater ↩

  2. aus Maria ↩

  3. Gal 4,4 ↩

  4. Joh 1,14 ↩

  5. Röm 9,5 ↩

  6. Ijob 1,1 ↩

  7. Lk 1,6 ↩

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