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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Zweiundfünfzigste Homilie. Kap. XV, V.21-31.

4.

Wenn es euch recht ist, wollen wir zuerst den Landbau ins Auge fassen. Er ist auf die Schmiedekunst angewiesen, von der er Hacke und Pflugschar, Sichel und Axt und anderes mehr entlehnt; dann braucht er die Wagnerei, die den Pflug baut, das Joch zimmert und die Wagen zum Dreschen der Ähren; ferner die Sattlerei, die Riemen macht, und die Baukunst, welche den Pflugstieren Ställe und den Feldarbeitern Wohnungen errichtet; ferner die Sägerei, welche das Holz schneidet, und zu guter Letzt auch die Bäckerei; ohne das kann sie nicht bestehen. Ähnlich verhält es sich mit der Weberei; um etwas zustande zu bringen, bedient sie sich vieler anderer Künste, die mithelfen müssen; denn wenn diese ihr nicht beistehen und ihr die Hand reichen, steht auch sie ratlos da. Und so bedarf jede Kunst einer anderen. Zum Almosengeben brauchen wir jedoch gar nichts anderes, als nur die gute Absicht. Wenn du aber einwendest, es seien dazu Geld, Häuser, Kleider, Schuhe notwendig, so lies nur, was Christus von der Witwe sagte1 und du wirst deinen Widerstand aufgeben. Denn wenn du auch noch so arm, ja selbst ein Bettler bist, wenn du zwei Heller gibst, hast du alles getan, und wenn du bloß ein Gerstenbrot hast und gibst es, so hast du das höchste in dieser Kunst geleistet. Diese Kunst wollen wir also recht gut erlernen und sie eifrig betreiben; denn sie zu verstehen ist besser, als König zu sein und eine Krone zu tragen.

Es ist aber nicht ihr einziger Vorzug, dass sie keiner anderen Künste bedarf; sie bringt auch selbst mannigfaltige Werke in großer Zahl und der verschiedensten Art zuwege. Sie baut Häuser im Himmel, die ewig S. d749 stehen, und lehrt diejenigen, die sie üben, wie sie dem ewigen Tode entgehen können; sie beschenkt dich mit unvergänglichen Schätzen, die vor jeder Schädigung sicher sind, vor Räubern, Würmern, Motten und vor dem Zahn der Zeit. Wahrlich, könnte dich jemand dasselbe hinsichtlich der Aufbewahrung des Weizens lehren, was würdest du nicht darum geben, um imstande zu sein, das Getreide auf viele Jahre hinaus unversehrt zu bewahren? Diese Kunst unterweist dich aber nicht etwa bloß über die Aufbewahrung von Weizen, sondern über alle Dinge, sie zeigt, wie nicht bloß dein Vermögen, sondern auch Leib und Seele unversehrt bleiben. Doch wozu alle Vorzüge dieser Kunst im einzelnen aufzählen? Sie lehrt dich, wie du Gott ähnlich werden kannst, und das ist die Krone aller Güter. Siehst du also, wie sie nicht nur eine gute Wirkung erzielt, sondern deren viele? Ohne einer anderen Kunst zu bedürfen, baut sie Häuser, webt Kleider, vermittelt unvergängliche Schätze, hilft den Tod überwinden, den Teufel besiegen und macht die Menschen Gott ähnlich. Was könnte es also Nützlicheres geben als diese Kunst? Denn abgesehen von dem, was ich schon sagte, hören die anderen Künste mit dem gegenwärtigen Leben auf, sie werden vom Künstler nicht betrieben, wenn er krank ist, ihre Werke haben keinen dauernden Bestand, erheischen aber viel Arbeit, Zeit und manch anderes dazu; diese Kunst kommt aber gerade dann besonders zur Geltung, wenn die Welt vergangen sein wird, wenn wir gestorben sind; dann steht sie in vollem Glanze da und zeigt die Werke, die sie vollbracht. Sie verlangt weder Arbeit noch Zeit, noch eine andere besondere Mühe, und wenn du krank oder alt geworden bist, kann sie noch immer geübt werden, sie geht auch mit dir in das andere Leben hinüber und verlässt dich niemals.

Sie macht dich auch den Gelehrten und Rednern überlegen. Denn wer sich in diesen Fächern auszeichnet, hat viele Neider; wer aber im Almosengeben hervorragt, hat unzählige Fürbitter. Jene stehen vor einem menschlichen Gerichtshofe und verteidigen diejenigen, denen Unrecht geschieht, oft auch diejenigen, die im Unrecht sind; diese Kunst steht vor dem Gerichtshofe S. d750 Christi und verteidigt den Angeklagten nicht bloß allein, sondern überredet sogar die Richter, ihn zu verteidigen und das Urteil zu seinen Gunsten zu fällen; und hätte er tausendmal gefehlt, sie krönt ihn und preist ihn laut. Denn: „Gebet Almosen und alles ist rein für euch“2 . Aber was rede ich von zukünftigen Dingen? Schon im gegenwärtigen Leben, wenn ich die Leute frage, was sie lieber wollten, viele Gelehrte und Redner oder mehr mildtätige und barmherzige Menschen, so wirst du hören, dass sie letztere vorziehen. Und mit Recht. Denn gäbe es keine Beredsamkeit mehr, so erlitte das Leben keinen Schaden, da es ja lange schon vor ihr bestand: scheidest du aber die Mildtätigkeit aus, so ist alles dahin und verloren. Und wie man das Meer nicht mehr befahren könnte, wenn man alle Häfen und Ankerplätze verschüttete, so hätte auch das Leben keinen Bestand, wenn Barmherzigkeit, Versöhnlichkeit und Menschenfreundlichkeit verbannt würden.


  1. Lk 21,3 ↩

  2. Lk 11,41 ↩

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