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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Dreiundfünfzigste Homilie. Kap. XV, V.32-Kap XVI, V.12.

3.

Wenn man dagegen auf die Zeichen unter Pharao hinweisen wollte, so wäre zu sagen, dass es sich damals um die Befreiung von einem Feinde handelte und jene Zeichen deshalb geschehen mussten. Wer aber zu Freunden kommt, bedarf keiner solchen Zeichen. Wie kann ich aber auch, sagt gleichsam der Herr, das große Zeichen gewähren, wenn man den kleinen nicht glaubt? Klein nenne ich sie nach dem äußeren Ansehen; denn hinsichtlich der Macht, mit der sie gewirkt wurden, waren sie größer als jene. Oder was wäre so groß wie Sünden nachlassen. Tote erwecken, Teufel austreiben, einen Leib erschaffen und andere derartige Werke verrichten? Beachte aber du, wie verhärtet die Herzen der Juden sind, da sie keine Frage stellen, obwohl sie hören: „Es wird ihnen kein Zeichen gegeben werden, es sei denn das Zeichen des Propheten Jonas.“ Da sie den Propheten und alle seine Schicksale kannten, und diese Rede schon zum zweiten Male hörten, hätten sie doch gewiss fragen und zu erfahren trachten sollen, was er mit diesen Worten sagen wollte. Allein, wie gesagt, sie handelten nicht aus Verlangen, sich zu belehren. Darum ließ er sie auch gehen und entfernte sich.

V.5: „Und nachdem die Jünger über den See gekommen waren, hatten sie vergessen, Brot mitzunehmen.

V.6: Jesus aber sprach zu ihnen: Sehet euch vor und hütet euch vor dem Sauerteige der Pharisäer und Sadduzäer.“

Warum sagt er nicht gerade heraus: Hütet euch vor ihrer Lehre? Er will ihnen das Vorhergeschehene ins Gedächtnis zurückrufen, weil er wusste, dass sie es schon vergessen hatten. Es schien jedoch nicht zweckmäßig, sie ohne weiteres zu tadeln; wenn er jedoch den Anlass hierzu von ihnen selbst nahm, so machte er den Tadel S. d761 erträglicher. Warum schalt er sie aber nicht damals, als sie sagten: „Woher sollen wir in der Wüste so viele Brote nehmen?“ Damals schien es am Platze zu sein, so zu reden. Weil er sich nicht den Anschein geben wollte, als dränge es ihn selbst, das Wunder zu wirken. Dann wollte er ihnen auch nicht vor der ganzen Volksmenge Vorwürfe machen, noch sich gleichsam als über sie erhaben zeigen. Jetzt aber war der Tadel wohl berechtigt, weil sie nach dem doppelten Wunder noch immer so warten1 . Deshalb wirkt er noch ein Wunder, ehe er sie tadelt; er spricht nämlich das aus, was sie bei sich dachten. Und was dachten sie?

V.7: „Weil wir kein Brot mitgenommen haben“, heißt es. Sie waren noch den jüdischen Reinigungen und Speisevorschriften ergeben. Aus all diesen Gründen macht er ihnen scharfe Vorwürfe und spricht:

V.8: „Was denket ihr bei euch, Kleingläubige, weil ihr keine Brote mit habet?“ Habt ihr noch immer keine Einsicht und keinen Verstand? Ist euer Herz verhärtet? Seid ihr blind trotz eurer Augen? Seid ihr taub, obwohl ihr Ohren habt?

V.9: „Erinnert ihr euch nicht an die fünf Brote für die Fünftausend und wieviel Körbe ihr aufhobet?

V.10: Noch auch an die sieben Brote für die Viertausend und wieviel Körbe ihr aufhobet?“

Siehst du, wie heftig sein Unwille ist? Sonst finden wir ja nie, dass er sie in solcher Weise getadelt hätte. Weshalb handelt er nun so? Um ihnen noch einmal ihr Vorurteil betreffs der Speisen zu nehmen. Denn deshalb sagte er früher: „Ihr wisset nicht, ihr verstehet nicht“2 ; jetzt aber sagt er mit scharfem Tadel: „Ihr Kleingläubige!“ Denn Sanftmut ist nicht in jedem Falle angebracht. Er wirkt eben ihr Heil durch wechselndes Verhalten: er spricht ihnen einmal Mut zu, dann weist er sie aber auch wieder zurecht. Beachte dazu auch, dass zwar sein Tadel groß ist, groß aber auch S. d762 seine Milde. Denn fast wie eine Entschuldigung dafür, dass er sie so strenge zurechtgewiesen, klingt es, wenn er sagt: „Sehet ihr noch nicht ein und denket auch nicht an die fünf Brote und wieviel Körbe ihr aufhobet?“ Darum erwähnt er, wie viele gesättigt worden waren und wieviel übrig geblieben war, um ihnen das Vergangene ins Gedächtnis zu rufen und sie zugleich auf das Kommende aufmerksam zu machen. Damit du aber sehest, was für eine Wirkung der Tadel hatte, wie er ihren schläfrigen Geist weckte, vernimm, was der Evangelist berichtet. Erst erzählt er, Christus habe weiter nichts gesagt, sondern sie bloß gescholten und nur hinzugesetzt:

V.11: „Wie könnt ihr nicht einsehen, dass ich nicht von Brot zu euch gesprochen habe; Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer?“

Dann fährt er fort:

V.12: „Da verstanden sie, dass er nicht davon gesprochen habe, man solle sich hüten vor dem Sauerteige des Brotes, sondern vor der Lehre der Pharisäer und Sadduzäer“;

und doch hatte er ihnen das nicht selbst erklärt. Siehe, welch gute Wirkung der Tadel hatte. Er brachte sie von den Vorschriften der Juden ab, machte sie gegenüber ihrer früheren Sorglosigkeit achtsamer, und befreite sie von der Kleingläubigkeit, so dass sie sich nicht mehr fürchteten oder ängstigten, wenn es sich etwa zeigen sollte, dass sie zu wenig Brot besaßen, noch auch sich wegen des Hungers Sorgen machten, sondern sich über alles das hinwegsetzten. Also wollen auch wir nicht bei jeder Gelegenheit den Untergebenen schmeicheln, noch darnach trachten, von unseren Vorgesetzten nur immer Angenehmes zu hören. Die Seele des Menschen braucht eben beide Heilmittel. Gerade deshalb leitet Gott die ganze Welt so, dass er bald das eine, bald das andere3 gebraucht, und lässt es nicht zu, dass das Angenehme oder das Unangenehme allein und ausschließlich vorherrsche. Denn wie es bald Tag, bald Nacht ist, bald S. d763 Sommer, bald Winter, so herrscht auch bei uns bald Leid, bald Freude; manchmal sind wir krank, dann wieder gesund. Wundern wir uns daher nicht, wenn wir krank sind, da wir uns auch wundern müssten, wenn wir gesund sind. Beunruhigen wir uns nicht, wenn wir Schmerzen leiden, denn wir müssten uns auch beunruhigen, wenn wir voll Freuden sind. Denn alle diese Dinge treten ein nach den Gesetzen und dem Laufe der Natur.


  1. wie zuvor ↩

  2. Mt 15,16 ↩

  3. Heilmittel ↩

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