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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Sechsundfünfzigste Homilie Kap. XVI, V.28-Kap. XVII, V.9.

5.

S. d813 Damit also uns nichts Derartiges widerfahre, lasset uns die besudelten Kleider ab- und die Waffen des Lichtes anlegen, dann wird auch uns die Herrlichkeit Gottes umkleiden. Welches Gebot könnte da schwer sein und welches wäre nicht vielmehr leicht? Höre nur, was der Prophet sagt, und du wirst verstehen, warum sie leicht sind. "Nicht wenn du deinen Nacken niederbeugst wie einen Reif, und dir Sack und Asche als Lager streust, nicht dies nenne richtiges Fasten; sprenge vielmehr alle Bande des Unrechts, löse die Fesseln erzwungener Verträge1 . Siehe, wie weise der Prophet vorgeht. Zuerst erwähnt er das, was schwer ist, und befreit dich davon; dann verlangt er, dass man durch Erfüllung der leichteren Pflichten sein Heil wirke, indem er zeigt, dass Gott nicht mühevolle Abtötungen fordert, sondern Gehorsam. Darauf erklärt er, dass die Tugend etwas Leichtes, das Böse hingegen schwer und drückend ist, und beweist es aus dem, bloßen Namen desselben. Die Bosheit, sagt er, ist eine Fessel, eine Schlinge; die Tugend befreit und löst davon. "Zerreiße jede ungerechte Urkunde", damit meint er die Schuld und Wucherverschreibungen; "lasse, die geknechtet worden, frei", d.h. die sich in Not befinden. Das gilt nähmlich vom Schuldner; wenn er seinen Gläubiger erblickt, befällt Zagen sein Herz, er fürchtet sich mehr vor ihm als vor einem Raubtiere. "Arme und Heimatlose führe in dein Haus; so du einen Nackten siehst, kleide ihn, und behandle die Genossen deines Fleisches nicht verächtlich"2 .

Neulich haben wir in einer Predigt3 , wo wir vom Lohne der Mildtätigkeit handelten, darauf hingewiesen, dass sie großen Reichtum im Gefolge hat; heute wollen wir sehen, ob einer ihrer Vorschriften schwer ist und die Kräfte unserer Natur übersteigt. Wir werden aber nichts dergleichen finden, vielmehr das gerade Gegenteil, nämlich, dass die Tugend sehr leicht zu üben ist, während das Böse viel Mühe fordert. Was ist wohl mühsamer S. d814 als Geld zu leihen, um die Zinsen und Verschreibungen sich kümmern, Guthaben eintreiben, wegen der Pfandsummen, wegen des Kapitals, der Urkunden, der Zinsen, wegen der Bürgschaft in Furcht und Angst schweben zu müssen? Das ist eben die Natur der weltlichen Geschäfte. Diese scheinbare und viel überlegte Sicherheit ist im Grunde gar morsch und verdächtig. Wohltätig zu sein ist dagegen leicht und entledigt aller Sorgen. Machen wir darum aus der Not des Nebenmenschen kein Geschäft; treiben wir keine Krämerei mit der Nächstenliebe. Ich weiß wohl, dass viele nicht gerne solche Reden hören; aber was hätte es für einen Zweck wenn ich schweige? Gesetzt, ich täte es und fiele euch durch meine Worte nicht lästig, so könnte ich euch doch durch mein Schweigen unmöglich vor der Strafe bewahren; ja, sie würde sogar im Gegenteil nur um so schwerer ausfallen, und nicht bloß euch, sondern auch mir würde ein solches Schweigen gerechte Züchtigung eintragen. Was nützen also angenehme Worte, wenn sie nicht zu Taten verhelfen, sondern obendrein noch Nachteil bringen? Was nützt es durch Worte Freude zu bereiten, in der Tat aber Leid zuzufügen? Dem Ohre zu schmeicheln, während die Seele der Strafe verfällt? Darum muss ich jetzt notgedrungen Schmerz bereiten, damit wir im Jenseits nicht zu büßen brauchen.

Wahrlich eine schwere, mein Lieber, eine schwere und sorgfältiger Behandlung bedürftige Seuche hat die Kirche befallen. Während man nämlich nicht einmal durch rechtmäßige Bemühungen trachten soll, Schätze aufzuhäufen, vielmehr sein Haus dem Hilfbedürftigen öffnen soll, ziehen manche noch Nutzen aus der Armut des Nächsten, indem sie dem Raube unter einem schönen Namen und der Habsucht unter einem hübschen Vorwande huldigen. Es komme mir ja niemand mit der Berufung auf die bürgerlichen Gesetze. Auch der Zöllner beobachtet das weltliche Gesetz; aber gleichwohl trifft ihn Strafe. So wird es auch uns ergehen, wenn wir nicht aufhören, die Armen zu bedrücken, ihre Not und bedrängte Lage als Anlass zu schamloser Bereicherung zu missbrauchen. Nicht um die Armut auszubeuten, sondern um ihr abzuhelfen, besitzest du Reichtum; aber S. d815 unter dem Vorwande, das Elend zu lindern, erschwerst du es noch und treibst um Geld Schacher mit der Liebe. Verkaufe sie immerhin, ich habe nichts dagegen; nur verkaufe um das Himmelreich. Begnüge dich doch für eine so edle Tat nicht mit dem geringen Zins von einem Prozent, sondern nimm dafür das unsterbliche Leben in der Ewigkeit. Wie magst du nur so bettelhaft, knauserig und kleinlich sein, dass du um einen niedrigen Erlös das Wertvolle verhandelst, da doch das Geld vergänglich ist, während das Himmelreich ewigen Bestand hat? Wie kannst du Gott preisgeben, um Gewinn bei Menschen einzustreichen? Wie magst du nur den Reichen unbeachtet lassen, um dafür den Armen zu bedrücken, wie den verlassen, der belohnen kann, um dich an den zu hängen, der keinen Dank kennt? Gott ist voll Verlangen, zu belohnen; dieser ist unwillig, wenn er den Zins bezahlen soll. Dieser gibt kaum den hundertsten Teil als Lohn, jener das Hundertfältige und das ewige Leben dazu. Dieser schmäht und lästert dabei, jener lobt und segnet dazu; dieser erweckt dir Neid, jener flicht dir auch noch Kränze; dieser ist es kaum hier imstande, jener vermag es hier und im Jenseits. Ist es also nicht der Gipfel der Albernheit, wenn man es nicht versteht, Gewinn zu machen? Wie viele haben schon um der Zinsen willen das Kapital eingebüßt! Wie viele sind schon ins Elend geraten, weil sie nach Zinsen strebten! Wie viele haben wegen ihrer unsäglichen Habgier sich und andere in die äußerste Armut gestürzt!


  1. Jes 58,56 ↩

  2. Jes 58,67 ↩

  3. Hom.52 S.134ff ↩

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