• Start
  • Werke
  • Einführung Anleitung Mitarbeit Sponsoren / Mitarbeiter Copyrights Kontakt Impressum
Bibliothek der Kirchenväter
Suche
DE EN FR
Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Fünfte Homilie. Kap. I, V.22-25.

3.

Wenn die Juden aber auch deren Zeugnis gegen uns vorbrächten, so wäre der Sieg dennoch unser. Die Hl. Schrift pflegt nämlich auch sonst den Ausdruck, der nur Jugendlichkeit bezeichnet, für Jungfrau zu gebrauchen, und zwar nicht bloß bei Frauen, sondern auch bei S. 89Männern. So heißt es: Jünglinge und Jungfrauen, Greise und Jugendliche1 . Und ein andermal, wo sie von einem Mädchen redet, dem man Nachstellungen bereitet, sagt sie: Wenn das junge Mädchen, d.h. die Jungfrau, schreit2 . Diese Erklärung findet ihre Bestätigung in dem, was hier vorausgeht. Denn es heißt nicht einfachhin: „Siehe, eine Jungfrau wird im Schoße tragen“, sondern nachdem die Hl. Schrift früher gesagt:„Siehe, der Herr selbst wird euch ein Zeichen geben“, fügt sie jetzt hinzu: „Siehe, eine Jungfrau wird in ihrem Schoße tragen.“ Nun also, wenn sie, die da gebären sollte, keine Jungfrau war, sondern die Sache nach dem Gesetze der Natur vor sich ging, wie könnte dann das Geschehene ein Zeichen sein? Ein Zeichen muss mehr sein als das Alltägliche, muss etwas Ungewöhnliches, Außerordentliches sein. Wie wäre es denn sonst ein Wunderzeichen?

V.24: „Als aber Joseph sich vom Schlafe erhob, tat er, wie der Engel des Herrn ihm befohlen hatte.“

Siehst du da seinen Gehorsam und seinen bereitwilligen Sinn? Siehst du seine wachsame und ganz und gar rechtlich denkende Seele? Da er etwas Böses und Sündhaftes argwöhnte, wollte er die Jungfrau nicht länger behalten; als er aber von seinem Verdacht befreit worden, beharrte er auch nicht auf ihrer Entfernung; im Gegenteil, er behält sie bei sich und trägt so bei zum allgemeinen Erlösungswerk. „Und er nahm Maria, sein Weib, zu sich.“ Siehst du, wie häufig der Evangelist diesen Ausdruck3 gebraucht? Er will eben, dass jenes Geheimnis nicht jetzt schon geoffenbart, und dass doch zugleich jener böse Verdacht beseitigt würde.

V.25: „Nachdem er sie aber zu sich genommen, erkannte er sie nicht, bis sie ihrem erstgeborenen Sohn das Leben geschenkt.“

Das „bis“ hat der Evangelist nicht in dem Sinne gebraucht, dass du etwa argwöhnen solltest, Joseph habe S. 90sie nachher erkannt, sondern damit du wissest, dass die Jungfrau vor dieser Geburt vollkommen unversehrt war. Warum hat er dann aber „bis“ gesagt? Weil es zum gewöhnlichen Sprachgebrauch der Hl. Schrift gehört, dass sie diesen Ausdruck nicht bloß von fest abgegrenzten Zeiten gebraucht. Auch da, wo von der Arche die Rede ist, sagt sie: „Der Rabe kehrte nicht zurück, bis die Erde trocken war“4 ; allein er kehrte ja auch nachher nicht zurück. Und wo sie von Gott redet, heißt es: „Von Ewigkeit bis zu Ewigkeit bist du“, ohne dass sie ihm damit eine Grenze setzen wollte. Und ein anderes Mal verkündet sie: „In jenen Tagen wird Gerechtigkeit erstehen und vollkommener Friede, bis dass der Mond verschwinden wird“5 . Sie will aber damit diesem schönen Himmelskörper kein Ende setzen. So setzte sie also auch hier das Wörtchen „bis“, was uns ganz beruhigt für die Zeit vor der Geburt, und uns für die Zeit nachher den entsprechenden Schluss ziehen lässt. Denn soviel du vom Evangelisten hattest erfahren sollen, hat er dir gesagt, dass nämlich die Jungfrau bis zur Geburt unversehrt blieb; was sich dagegen aus dem Gesagten durch deutliche Schlussfolgerung erkennen lässt, das überlässt er deiner eigenen Denkkraft; dahin gehört, dass Joseph in seiner Rechtschaffenheit es sich auch später nicht erlaubte, diejenige zu erkennen, die auf solche Weise Mutter geworden, die einer so ganz neuen Empfängnis, einer nie erhörten Mutterschaft gewürdigt worden. Denn hätte er sie erkannt und sie als sein Weib behandelt, wie hätte sie da der Herr wie eine, die frei S. 91war und niemand angehörte, dem Jünger übergeben, und ihm befohlen, sie in sein eigenes Haus zu nehmen? Wieso aber, fragst du, heißen dann Jakob und die anderen seine „Brüder“? Nun, im gleichen Sinne, wie Joseph der Mann Marias genannt wurde. Man hat eben damals noch diese6 Geburt auf vielfache Weise verschleiern wollen. Darum gab ihnen auch Johannes diesen Namen und sagte: „Nicht einmal seine Brüder glaubten an ihn“7 . Trotzdem wurden aber diejenigen, die zuerst nicht glaubten, nachher gefeiert und berühmte Apostel. Als darum Paulus mit seinen Freunden nach Jerusalem kam, begab er sich alsbald zu Jakobus. Denn dieser war so angesehen, dass er der erste Bischof dort geworden war. Ja er soll auch ein so strenges Leben geführt haben, dass alle seine Glieder wie abgestorben waren, und da er unablässig betete, und dabei stets am Boden lag, sei die Haut seiner Stirne so hart geworden, wie die Schwielen an den Knien eines Kameles. Er hat auch den hl. Paulus, da er später nochmals nach Jerusalem kam, mit den Worten begrüßt: „Siehst du, Bruder, wie viele Tausende zusammen gekommen sind“8 . So groß war seine Einsicht und sein Eifer, oder vielmehr so groß die Macht Christi. Denn diejenigen, die ihn in seinem Leben verhöhnten, wurden nach seinem Tode so ergriffen, dass sie mit großer Bereitwilligkeit ihr Leben für ihn opferten. Das beweist am besten, welche lebendige Kraft seiner Auferstehung innewohnt. Gerade deshalb ist das größte Wunder erst später geschehen, damit dessen Beweiskraft um so S. 92deutlicher würde. Denn wenn wir solche, die wir im Leben bewundert haben, nach ihrem Tode vergessen, wie hätten diejenigen, die den Herrn im Leben verspotteten, ihn nachher für Gott halten können, wenn er nicht mehr war als alle anderen? Wie hätten sie sich um seinetwillen töten lassen, wenn sie nicht den klaren Beweis erkannt hätten, der in der Auferstehung liegt?


  1. Ps 148,12 ↩

  2. Dtn 22,27 ↩

  3. Weib ↩

  4. Gen 8,7 ↩

  5. Ps 71,7 ↩

  6. wunderbare ↩

  7. Joh 7,5 ↩

  8. Apg 21,20 ↩

pattern
  Drucken   Fehler melden
  • Text anzeigen
  • Bibliographische Angabe
  • Scans dieser Version
Download
  • docxDOCX (1.04 MB)
  • epubEPUB (1.01 MB)
  • pdfPDF (3.23 MB)
  • rtfRTF (3.18 MB)
Übersetzungen dieses Werks
Commentaire sur l'Evangile selon Saint Matthieu vergleichen
Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)

Inhaltsangabe

Theologische Fakultät, Patristik und Geschichte der alten Kirche
Miséricorde, Av. Europe 20, CH 1700 Fribourg

© 2025 Gregor Emmenegger
Impressum
Datenschutzerklärung