• Start
  • Werke
  • Einführung Anleitung Mitarbeit Sponsoren / Mitarbeiter Copyrights Kontakt Impressum
Bibliothek der Kirchenväter
Suche
DE EN FR
Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Achtundsechzigste Homilie. Kap. XXI, V.33-46.

3.

Nichts stößt und treibt den Menschen so mächtig in den Abgrund, nichts bringt ihn so leicht um die ewigen Güter, als wenn er sich an die zeitlichen hängt, wie anderseits auch nichts mehr geeignet ist, ihn in den Genuss beider Güter zu setzen, als wenn er die ewigen allen anderen vorzieht. Sagt ja Christus: „Suchet zuerst das Reich Gottes, und seine Gerechtigkeit und dieses alles wird euch dazugegeben werden“1 . Und würde auch all dies nicht dazugegeben, so dürfte man doch nicht darnach streben. Nun aber gewinnt man sie obendrein, wenn man die ewigen Güter erlangt, und trotzdem lassen sich manche nicht überzeugen, sondern sind hart wie Stein und jagen schattenhaften Freuden nach. Gibt es denn so viel Angenehmes im irdischen Leben? so viel Erfreuliches? Ich will heute mit besonderem Freimute reden; lasset es euch gefallen, damit ihr einsehet, dass ein scheinbar so beschwerliches und drückendes Leben, wie es die Mönche und die Büßer führen, bei weitem lieblicher und begehrenswerter ist als vermeintlich so angenehme und bequeme. Zeugen für meine Behauptung seid ihr selbst, da ihr euch oft bei Widerwärtigkeiten und Trübsalen den Tod wünscht und jene Leute glücklich preist, die im Gebirge, in Höhlen wohnen und ein eheloses Leben fern vom weltlichen Getriebe führen, während ihr Handwerker oder Soldaten seid oder ohne Arbeit müssig im Theater oder bei Tanzunterhaltungen euer Leben hinbringt. Mag ein solches Leben scheinbar auch ein Strudel von allen möglichen Vergnügungen und Freuden sein, es bringt doch in sich ungezählte Bitterkeiten. Wer sich z.B. in eine Tänzerin verliebt, hat weit ärgere Folterqualen auszustehen, als wer tausendmal S. d986 ins Feld ziehen oder die Heimat verlassen muss, und ist elender daran als eine belagerte Stadt.

Doch wir wollen nicht näher darauf eingehen, das überlassen wir der Erfahrung der hiervon Betroffenen. Wir wollen lieber vom Leben der großen Menge reden. Da finden wir zwischen ihrem und dem Leben der Mönche einen so großen Unterschied, wie zwischen einem Hafen und einer sturmgepeitschten See. Schon ihre Behausungen sind ein Beweis ihres Glückes. Fern von dem Lärm der Märkte und Städte haben sie ihren Aufenthalt in den Bergen gewählt, wo sie vom weltlichen Treiben unberührt und von den Widerwärtigkeiten der Menschen verschont bleiben; da gibt es keinen irdischen Kummer, kein Weh, keine Sorgen, keine Gefahren, keine Nachstellungen, keinen Neid, keine Eifersucht, keine unerlaubten Liebschaften oder dergleichen. Ihre Sorge gilt nur mehr dem Himmelreich, sie verkehren nur mit den Tälern, den Bergeshöhen, den Quellen, der Ruhe und dem Frieden und vor allem mit Gott. In ihrer Zelle gibt es keinen Lärm, ihre Seele, frei von Leidenschaften und Makeln, ist leicht und empfänglich und reiner als die klarste Luft. Ihre Arbeit ist dieselbe wie die Adams, als er im Anfange, noch vor dem Falle, in Herrlichkeit gekleidet mit Gott innig verkehrte in jenem überglückseligen Lande, das er bewohnte. Oder wo sollten unsere Mönche schlimmer dran sein als Adam vor der Sünde, da er mit der Bebauung des Paradieses betraut war? Er kannte keine weltlichen Sorgen. Sie kennen sie ebenfalls nicht. Er verkehrte reinen Gewissens mit Gott. Sie desgleichen; ja, sie gehen noch weit vertraulicher mit Gott um, weil sie vom Heiligen Geiste mit größeren Gnaden ausgestattet werden. Ihr solltet es mit eigenen Augen beobachten. Das wollt ihr aber nicht; ihr weilet lieber im Strudel des Marktgetümmels. So will ich euch denn wenigstens eine Schilderung davon entwerfen. Da wir aber unmöglich ihr ganzes Leben beschreiben können, wollen wir wenigstens einen Teil ihrer Lebensweise herausgreifen.

Diese Leuchten der Welt erheben sich mit Sonnenaufgang, ja schon lange vor dem ersten Sonnenstrahle gesund, ausgeruht und munter von ihrem Lager; denn S. d987 es drückt sie weder Leid noch Sorge, weder Kopfschmerz noch Kummer noch der Wust der Geschäfte oder sonst etwas dergleichen; ihr Leben gleicht eher dem der Engel im Himmel. Kaum haben sie heiter und fröhlich ihr Lager verlassen, so bilden sie einen Chor und stimmen mit reinem Gewissen alle zusammen wie aus einem Munde zu Ehren Gottes, des Schöpfers aller Dinge, Hymnen an, zum Preis und Dank für seine Wohltaten, die sie und ihre Mitmenschen von ihm empfangen. Sehen wir also ganz ab von Adam und fragen wir, wenn es beliebt, welcher Unterschied bestehe zwischen den Engeln und dem Chor dieser Männer, die auf Erden Gott lobpreisen und singen: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen auf Erden, die guten Willens sind“2 . Ihre Kleidung steht im Einklang mit ihrer Manneswürde, sie tragen keine Gewänder wie die Entnervten und Verweichlichten, die lange Kleider nachschleppen, sondern wie jene Engel im Fleische, wie Elias, Elisäus, Johannes und die Apostel. Diese Kleider sind teils aus Ziegen, teils aus Kamelhaaren, ja einige begnügen sich mit bloßen Fellen, die schon längst schäbig geworden sind. Wenn sie dann ihre Hymnen gesungen haben, so werfen sie sich auf die Knie und tragen dem Herrn, den sie gepriesen, Bitten vor, wie sie manch anderen gar nicht einmal in den Sinn kommen. Nicht um Dinge dieser Erde bitten sie, davon kommt kein Wort über ihre Lippen, sondern sie flehen, dass sie einst vertrauensvoll vor dem furchtbaren Gerichte erscheinen dürfen, wenn der eingeborene Sohn Gottes kommen wird zu richten die Lebendigen und Toten; dass zu keinem die entsetzlichen Worte gesprochen werden:„Ich kenne euch nicht“3 ; dass sie reinen Gewissens und reich an guten Werken dieses mühereiche Leben vollenden und bei günstigem Winde dieses gefährliche Meer durchfahren können. Das Gebet wird von ihrem Obern, der ihr Vater ist, geleitet. Nach Beendigung ihrer heiligen und andauernden Gebete erheben sie sich beim Aufgang der Sonne, um an ihre Arbeit zu gehen und S. d988 durch sie reiche Mittel zur Unterstützung der Notleidenden zu erwerben.


  1. Mt 6,33 ↩

  2. Lk 2,24 ↩

  3. Mt 25,12 ↩

pattern
  Drucken   Fehler melden
  • Text anzeigen
  • Bibliographische Angabe
  • Scans dieser Version
Download
  • docxDOCX (1.04 MB)
  • epubEPUB (1.01 MB)
  • pdfPDF (3.23 MB)
  • rtfRTF (3.18 MB)
Übersetzungen dieses Werks
Commentaire sur l'Evangile selon Saint Matthieu vergleichen
Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)

Inhaltsangabe

Theologische Fakultät, Patristik und Geschichte der alten Kirche
Miséricorde, Av. Europe 20, CH 1700 Fribourg

© 2025 Gregor Emmenegger
Impressum
Datenschutzerklärung