5.
Siehe also, da tritt schon ein anderer herein, der sehr ernst über diese Krankheit spricht; oder vielmehr der Meister spricht durch seinen Mund: „Nicht könnet ihr Gott dienen und dem Mammon“1 . Ja, sagst du, wie soll aber das möglich sein, wie sollen wir die Begierde zum Schweigen bringen? Auch darüber kann man Belehrung finden. Und wie? Höre nur, wie er auch das erklärt: „Häufet euch nicht Schätze an auf Erden, wo Rost und Motten zehren und wo Diebe einbrechen und stehlen“2 . Siehst du, wie er durch Hinweis auf den Ort und die Schädlinge deine Begierden vom Irdischen abkehren und auf den Himmel hinlenken will, wo alles sicher geborgen ist? Wenn ihr euren Reichtum dort hinterlegt, wo weder Rost noch Motten zehren, wo keine Diebe einbrechen und stehlen, so werdet ihr diese Krankheit heilen und eure Seele in den größten Wohlstand versetzen. Seine Worte erläutert er noch durch ein Beispiel, um dich zu überzeugen. Wie nämlich ein Arzt den Kranken vom kalten Trinken abzuschrecken sucht, indem er erzählt, der oder jener sei daran gestorben, so erzählt auch er von dem Reichen, der zwar sehnsüchtig nach Leben und Gesundheit verlangt, es aber infolge seiner Habsucht nicht erlangen konnte, sondern leer ausging. Ein anderer Evangelist zeigt dir noch einen, der in der Hölle um einen Tropfen Wasser bittet, ohne ihn erhalten zu können. Dann zeigt er, dass seine Gebote leicht zu beobachten seien, indem er sagt: „Schauet an die Vögel des Himmels“3 . Und um auch die Reichen nicht in Verzweiflung zu stürzen, spricht er mit Rücksicht auf die menschliche Schwachheit: „Was unmöglich ist bei Menschen, ist möglich bei Gott“4 . Magst du auch reich sein, unser Arzt kann dich dennoch heilen, denn nicht den Reichtum wollte er abschaffen, sondern nur die Knechtschaft des Geldes und die Habsucht.
S. d1066 Wie kann nun aber ein Reicher gerettet werden? Der Besitzende muss sein Vermögen mit den Bedürftigen teilen, wie es Job tat, die Habsucht aus der Seele ausmerzen und niemals die Grenze des Notwendigen überschreiten. Überdies zeigt er dir auch, dass selbst der Zöllner rasch vom Fieber der Habsucht, das ihn so gewaltig ergriffen hatte, geheilt wurde. Oder gibt es noch geldsüchtigere Menschen als einen Zöllner? Und doch wurde er alsbald ein Mann, der vom Besitze losgeschält war, weil er den Vorschriften unseres Arztes folgte. Er hatte ja auch Jünger, die an denselben Krankheiten litten wie wir, und sie genasen rasch. Darum stellt er sie uns allen vor Augen, damit wir nicht verzagen. Sieh also auf diesen Zöllner. Schaue auch auf den Oberzöllner: Er verspricht, von den unrechtmäßigen Erwerbe das Vierfache zu erstatten und die Hälfte seines ganzen Vermögens hinzugeben, nur um Jesus zu beherbergen. Allein du hast ein glühendes Verlangen nach Besitz. So tausche mit deinem Besitze die ganze Welt ein, sagt Christus. Ich gebe dir mehr, als du begehrst, ich öffne dir die Häuser aller Reichen auf der ganzen Welt. Denn „jeglicher, der verlassen hat Vater oder Mutter oder Haus oder Äcker, wird Hundertfaches empfangen“5 . Auf diese Weise wirst du nicht bloß mehr besitzen, sondern auch den bösen Durst6 gründlich löschen und alles leicht ertragen, damit du nicht nach größerem Besitz verlangst, sondern oft nicht einmal nach dem Notwendigen. So litt Paulus Hunger und war glücklicher, als wenn er gegessen hätte. Ein Ringkämpfer, der im Kampfe steht und nach dem Siegeskranze strebt, wird nicht an Erholung und Müßiggang denken, und ein Kaufmann, der einen überseeischen Handel eröffnet hat, wird gewiss nicht nach Ruhe verlangen. Also werden auch wir, wenn wir die geistlichen Früchte verkosten, wie von einem wunderschönen Rausche ergriffen nach den ewigen Gütern verlangen und das Zeitliche nicht mehr so hoch anschlagen. Kosten wir also davon, um die Unruhe, welche die zeitlichen Güter bereiten, abzustreifen und die ewigen zu gewinnen S. d1067 durch die Gnade und Liebe unseres Herrn Jesus Christus, dem Ehre und Macht gebührt jetzt und allezeit und in alle Ewigkeit. Amen!