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Works John Chrysostom (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Fünfundsiebtigste Homilie. Kap. XXIV,V.1-15.

5.

Verstehst du nun, dass dieser Mann so fürchterliche Qualen leiden muss, da er seinen Lohn schon auf Erden empfangen hat? Wenn du also siehst, dass jemand trotz seiner Gottlosigkeit reich und glücklich ist, so beweine und beklage ihn, denn sein Reichtum erschwert S. d1079 ihm nur seine Strafe. Wer sündigt und sich nicht bekehren will, fordert nur den Zorn Gottes um so heftiger heraus, und so ziehen sich diejenigen, die hier von der Zuchtrute verschont bleiben und es sich wohl gehen lassen, um so härtere Strafe zu. Wenn ihr wollt, kann ich diese Tatsache nicht bloß durch Hinweis auf die Ewigkeit erhärten, sondern auch durch ein Beispiel aus dem irdischen Leben belegen. Als der hl. König David jene bekannte Sünde mit Bersabee begangen hatte, wies ihn der Prophet dafür zurecht, wobei er namentlich den Umstand besonders hervorhob, dass der König eine solche Freveltat verübt hatte, obschon er einen so großen Wohlstand besaß. Höre nur, wie ihn Gott gerade diesen Umstand vorhält: „Habe ich dich nicht zum König gesalbt, und habe ich dich nicht gerettet aus des Sauls Hand, gab ich dir nicht das gesamte Besitztum deines Gebieters und das ganze Haus Israel und Juda? Und wenn dir das zu wenig war, so wollte ich dir noch viel mehr dazu geben. Warum hast du nun getan, was Sünde ist in meinen Augen?“1 . Es sind eben nicht für jede Sünde die gleichen Strafen festgesetzt, sondern verschiedene, entsprechend den Zeitumständen, der Person, der Würde, dem Gewissen und anderen Gesichtspunkten. Um meine Ausführungen noch einleuchtender zu machen, hebe ich eine Sünde heraus, die Unzucht. Wie mannigfaltig sind die Strafen, die ich dafür finde, nicht etwa aus mir selbst, sondern in der Hl. Schrift! Wer Unzucht getrieben hat, bevor noch das Gesetz gegeben wurde, wird anders gestraft als ein späterer; so spricht sich Paulus aus: „Alle, die ohne das Gesetz gesündigt haben, werden ohne das Gesetz zugrunde gehen. Wer aber nach der Gesetzgebung Unzucht treibt, verfällt einer schwereren Strafe, denn alle, die innerhalb des Gesetzes Unzucht getrieben haben, werden durch das Gesetz gerichtet werden“2 . Wenn ein Priester buhlte, so wurde seine Strafe infolge seiner Würde bedeutend verschärft. Daher erklärt es sich auch, dass gewöhnliche Weiber im Falle der Unzucht einfach getötet, Töchter S. d1080 eines Priesters für das gleiche Vergehen verbrannt wurden; der Gesetzgeber wollte darin deutlich zeigen, welche Strafe ein Priester für eine derartige Sünde zu gewärtigen hätte. Denn wenn schon die Tochter eines Priesters bloß wegen dieses Umstandes strenger gestraft wurde, wieviel mehr musste dies bei einem Priester selbst der Fall sein? Wurde ein Weib vergewaltigt, so ging sie straflos aus. Ebenso war die Strafe verschieden, je nach dem eine Reiche oder eine Arme Unzucht getrieben hatte, wie wir es in der eben berichtete Geschichte Davids gesehen haben. Noch schwerer als alle bereits erwähnte wird die Strafe nach Christi Ankunft sein, wenn ein Ungetaufter Unzucht treibt und so stirbt. Wie aber, wenn jemand nach Empfang der Taufe Unzucht treibt? Für einen solchen Sünder gibt es gar keinen Milderungsgrund mehr, wie es ebenfalls Paulus zu verstehen gibt, wenn er schreibt: „Hat jemand das Gesetz des Moses übertreten, stirbt er ohne Erbarmen auf zwei oder drei Zeugen hin, um wieviel schlimmerer Strafen, meint ihr, wird schuldig erachtet werden, wer den Sohn Gottes mit Füßen getreten und das Blut des Bundes für unrein geachtet hat, in welchem er geheiligt worden ist, und die Gnade des Geistes gehöhnt hat?“3 . Und wenn sich gar ein gottgeweihter Priester etwas Unzüchtiges zuschulden kommen lässt? Dann ist es das Übermaß aller Schlechtigkeit.

Siehst du also, wie verschiedene Grade derselben Sünde es gibt? Anders ist die Sünde vor dem Gesetze als nach demselben, anders beim Priester als bei einem Laien, anders bei einem Reichen als bei einem Armen, anders bei einem Katechumenen als bei einem Getauften, und wieder anders bei der Tochter eines Priesters. Ebenso bedingt auch das Gewissen einen großen Unterschied, denn „jener Knecht, welcher den Willen seines Herrn gekannt und nicht getan hat, wird viel Schläge erhalten“4 . Wer viele Beispiele vor Augen hat und dennoch sündigt, zieht sich ebenfalls eine größere Strafe zu. So lesen wir: „Wiewohl ihr es sahet, wurdet ihr S. d1081 auch später nicht reuigen Sinnes“5 , trotzdem ich euch so viel Fürsorge zugewandt habe. Daher macht er Jerusalem diesen Vorwurf: „Wie oft wollte ich eure Kinder versammeln, und ihr habt nicht gewollt“6 . Für jene, die ein üppiges Leben führen, bietet uns die Geschichte des Lazarus ein Beispiel. Auch der Ort kann von Einfluss auf die Bosheit einer Sünde sein, wie dies der Herr andeutet durch die Worte: „zwischen Tempel und Altar“. Dann die Beschaffenheit der Sünde selbst, denn es heißt: „Man darf sich nicht wundern, dass einer beim Stehlen ertappt wird, wenn er nämlich stiehlt, um seine hungernde Seele zu sättigen“7 , und anderswo: „Du hast durch deine Unzucht und Niedertracht deine Söhne und Töchter geopfert“8 . Ferner die Umstände der Person: „Versündigt sich ein Mensch gegen den anderen, so werden sie für ihn beten; wenn aber ein Mensch sündigt gegen den Herrn, wer soll da für ihn bitten?“9 .

Ein weiterer Unterschied ergibt sich dann, wenn jemand schlechte Menschen an Schlechtigkeit noch überbietet, weshalb Ezechiel spricht: „Ihr seid ärger geworden als die Heiden“10 ; dann, wenn sich einer durch anderer Beispiel nicht bessern lässt: „Jerusalem sah seine Schwester und hat sie gerechtfertigt“11 ; oder wenn jemandem eine ganz besondere Fürsorge zuteil geworden, da es heißt: „Wenn in Tyrus und Sidon die Wunder geschehen wären, längst schon hätten sie Buße getan; Tyrus und Sidon wird es erträglicher sein als euch“12 . Siehst du also, wie sorgfältig alles abgewogen ist, wie nicht alle für die gleiche Sünde auch gleich bestraft werden? Wenn nun Gott seine Langmut an uns offenbart, ohne dass wir Nutzen daraus ziehen, wird es uns um so schlimmer ergehen. Das geht klar aus den Worten Pauli hervor, wo er schreibt: „Gemäß deiner Härte und deinem reuelosen Herzen häufest du dir Zorn an“13 S. d1082 Nachdem wir also das alles jetzt wissen, sollen wir an keinem Ereignisse Anstoß nehmen, uns durch nichts irre machen lassen, sollen in unserer Gesinnung nicht hin und her schwanken, sondern uns vielmehr an die unerforschliche Vorsehung Gottes klammern, auf die Tugend bedacht sein und das Böse fliehen. Dann werden wir auch den ewigen Lohn erlangen durch die Gnade und die Güte unseres Herrn Jesus Christus, durch den und mit dem Vater und dem Heiligen Geiste Ehre sei jetzt und allezeit und in alle Ewigkeit. Amen!


  1. 2 Kön 12,79 ↩

  2. Röm 2,12 ↩

  3. Hebr 10,2829 ↩

  4. Lk 12,47 ↩

  5. Mt 21,32 ↩

  6. Mt 23,37 ↩

  7. Spr 6,30 ↩

  8. Ez 16,20 ↩

  9. 1 Kön 2,25 ↩

  10. Ez 5,7 ↩

  11. Ez 16,51 ↩

  12. Mt 11,2122 ↩

  13. Röm 2,5 ↩

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