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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Sechsundsiebzigste Homilie. Kap.XXIV,V.16-31.

5.

Handelt Gott also nicht gerecht, wenn er uns von sich weist und uns züchtigt, da er sich uns gänzlich hingibt, während wir widerstreben? Das ist doch vollkommen klar. Denn, sagt er, willst du dich schmücken, mein ist der Schmuck; willst du dich kleiden, mein sind die Kleider; willst du speisen, von mir ist der Tisch; willst du reisen, mein ist der Weg; willst du erben, von mir kommt die Erbschaft; willst du in die Heimat, in die Stadt zurückkehren, ich habe sie gebaut und errichtet; oder willst du bauen, mein sind die Gezelte. Für alles, was ich gebe, verlange ich keinen Lohn, ja, ich mache mich sogar noch zu deinem Schuldner, wenn du nur all mein Eigentum benützen willst. Kann es eine Großmut geben, die dieser gleich käme? Ich bin Vater, Bruder, Bräutigam, Familie, Nahrung, Gewand, Wurzel, Baugrund; alles, was du wünschest, bin ich; an nichts fehlt es dir. Ich werde auch dein Diener sein, denn ich bin gekommen, um zu dienen, nicht um mich bedienen zu lassen1 . Ebenso bin ich Freund, Glied, Kopf, Bruder, Schwester, Mutter, alles bin ich, du musst mir nur Vertrauen entgegenbringen. Deinetwegen bin ich arm, deinetwegen ohne Heim, deinetwegen gekreuzigt, deinetwegen begraben worden; droben bin ich dein Anwalt beim Vater, hienieden bin ich der Gesandte des Vaters an dich. Du bist mir alles: Bruder, Miterbe, Freund, Glied. Was willst du noch mehr? Warum kehrst du mir, deinem Liebhaber, den Rücken? Warum mühst du dich für die Welt ab? Warum schöpfst du in ein durchlöchertes Fass? So tut nämlich, wer für das irdische S. d1095 Leben schafft. Warum wirfst du dich ins Feuer? Warum ringst du mit der Luft? Warum läufst du umsonst? Hat nicht jede Kunst ihren Zweck? Das ist doch allgemein bekannt. So nenne auch du mir den Zweck deines weltlichen Jagens. Du kannst es nicht, denn: „Eitelkeit über Eitelkeit und alles ist Eitelkeit“2 . Steige einmal mit mir in die Grüfte hinab, zeige mir deinen Vater, zeige mir dein Weib. Wo ist der Mann in den goldenen Gewändern? Wo der, welcher im Wagen ausfuhr? Der ein Heer besaß und die Feldbinde trug, vor welchem Herolde einhergingen? Der die einen hinrichten, andere ins Gefängnis werfen ließ? Der tötete, wenn er wollte, und frei ließ, wenn es ihm gefiel? Ich sehe nichts als Gebeine, Maden und Spinnen; all jener Glanz ist nur Erde, alles ist nur Einbildung, alles nur Traum und Schatten, ein bloßes Märchen, ein Bild. Ja nicht einmal ein Bild: das Bild stellt doch etwas vor, hier fehlt auch das.

Und wenn das Entsetzliche nur auch hier sein Ende hätte! Nun aber sind Ehre, Üppigkeit, Glanz zwar nur Schatten und leere Worte, was aber damit zusammenhängt, ist nicht mehr bloß Schatten und leerer Schall, sondern ist bleibend, wird uns hinüber begleiten und vor aller Augen offenbar werden: die Räubereien, die Übervorteilungen, die Unzüchtigkeiten, die Ehebrüche, die tausend andere Untaten; all das besteht nicht nur im Bilde oder ist in Asche zerfallen, sondern Worte wie Werke sind im Jenseits aufgezeichnet. Wie entsetzt werden unsere Augen auf Christus blicken? Wenn jemand den Anblick seines Vaters nicht ertragen kann, wenn er sich einer Verfehlung gegen ihn bewusst ist, wie wird er dann dem ins Auge sehen können, der noch unendlich milder als ein Vater ist? Wie sollen wir das ertragen? Wir werden einst vor den Richterstuhl Christi hintreten müssen und die allerstrengste Prüfung bestehen. Wer etwa an das einstige Gericht nicht glaubt, der sehe hin auf die irdischen Verhältnisse, auf die Verurteilten in den Kerkern, in den Bergwerken, in den Kloaken, auf die Besessenen, die Wahnsinnigen, die S. d1096 unheilbar Kranken, auf die Leute, die mit beständiger Armut ringen, die Hunger leiden müssen, die von unerträglichem Leid betroffen oder die gefangen sind. Sie würden jetzt nicht von solchen Leiden heimgesucht, wenn nicht auch aller anderen, die ähnliche Sünden begangen haben, Rache und Strafe harrte. Wenn die anderen hier solchen Heimsuchungen entgehen, so musst du daraus den Schluss ziehen, dass es jedenfalls nach dem Tode etwas gibt. Denn da Gott mit allen gleich verfährt, könnte er nicht die einen strafen und die anderen, die gleiche oder noch schwerere Sünden begangen haben, straflos ausgehen lassen, wenn er ihnen nicht im Jenseits eine Strafe vorbehalten hätte. Auf Grund solcher Erwägungen und Beispiele wollen wir uns also demütigen, und die an das Gericht nicht glaubten, sollen fortan daran glauben und sich bessern, damit wir hienieden des Himmelreiches würdig leben, und dann den Lohn im Jenseits empfangen durch die Gnade und Güte unseres Herrn Jesus Christus, dessen Ehre währt in alle Ewigkeit. Amen!


  1. Mt 20,28 ↩

  2. Eccl 1,2 ↩

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