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Works John Chrysostom (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Einundachtzigste Homilie. Kap. XXVI,V.17-25.

4.

Betrachten wir nun, was die Habsüchtigen sich selbst antun? Nackt wandeln sie durch die Stadt, denn es fehlt ihnen das Gewand der Tugend. Und wenn sie darin nichts Unschickliches finden, so rührt auch das von ihrem Wahnsinn her, der so weit geht, dass ihnen ihre Schändlichkeit gar nicht mehr zum Bewusstsein kommt; ja, während sie sich schämen, am Leibe nackt zu sein, prahlen sie noch damit, dass sie eine nackte Seele mit sich herumtragen. Ich kann euch auch erklären, wie es kommt, dass sie so unempfindlich sind. Woher kommt es? Sie sind nackt unter vielen, die ebenso nackt sind; deshalb schämen sie sich nicht, wie man sich auch in den Bädern nicht schämt. Gäbe es doch viele, die mit der Tugend angetan wären, dann würde ihre S. d1161 Schande deutlicher zutage treten. Nun ist aber gerade das so beweinenswert, dass das Böse kein Schamgefühl weckt, weil es ebenso viele Böse gibt. Zu allem anderen Unheil hat es der Teufel auch dahin gebracht, dass man das Böse gar nicht mehr merkt, da durch die Menge der Schlechten die Schande der Sünde verschleiert wird. Müßte ein Bösewicht unter vielen Tugendhaften leben, so würde er alsbald seiner Nacktheit inne werden. Es ist mithin klar, dass die Habsüchtigen nackter sind als die Besessenen. Es wird aber auch niemand in Abrede stellen, dass sie in Einöden umherziehen. Ist doch die Straße und das weite Stadtgebiet öder als jede Einöde. Wenn auch eine große Anzahl Leute darin herumgehen, so sind es doch keine Menschen, sondern Schlangen, Skorpione, Wölfe, Nattern und Vipern. Solcher Art sind nämlich die Bösewichter. Eine solche Gegend ist nicht bloß eine Einöde, sondern auch weit unwirtlicher, wie sich aus folgendem ergibt. Steine, Schluchten, Bergeshöhen bringen den Wanderern keinen solchen Schaden, wie Raub und Habsucht den Seelen, die solche Dinge betreiben. Ebenso klar ist es, dass sie wie die Besessenen in Grüften wohnen, ja eigentlich selbst Gräber sind. Was ist denn ein Grab? Ein Stein, unter dem ein Leichnam liegt. Inwiefern unterscheidet sich nun ihr Leib von solchen Grabsteinen? er ist nur noch viel jämmerlicher. Es ist nicht ein Stein, der eine Leiche birgt, sondern ein Leib, der unempfindlicher ist als Steine, da er eine tote Seele in sich trägt. Daher geht man auch nicht fehl, wenn man sie Grüfte heißt. Gab doch auch unser Herr hauptsächlich aus diesem Grund den Juden diesen Namen, denn er sagte: „Inwendig sind sie voll Raub und Habsucht“1 .

Soll ich euch auch noch zeigen, wie die Habsüchtigen ihre Köpfe an Steinen zerschlagen? Sage mir, woran willst du es zuerst sehen? Am Diesseits oder am Jenseits? Aber aus dem Jenseits machen sie sich nicht arg viel; wir müssen also beim Diesseits bleiben. Sind die Sorgen, die zwar nicht den Kopf verletzen, wohl aber die Seele aufreiben, nicht schlimmer als noch so viele S. d1162 Steine? Sie leben in der Furcht, es könnte das unrecht Erworbene auf gerechtem Wege wieder aus ihrem Hause gehen; sie fürchten immer das Schlimmste, sind zornig und erbittert gegen Angehörige und Fremde; Kummer, Angst, Zorn wechseln miteinander ab, und wie von Abgrund zu Abgrund schreitend lauern sie täglich auf neuen Gewinn. Deshalb bringt ihnen ihr Besitz auch keine Freude, weil sie über die Sicherheit desselben in Unruhe sind und all ihr Trachten nur auf das ausgeht, was sie noch nicht besitzen. Wie einer, der an fortwährendem Durst leidet, keinen Genuss findet, wenn er auch viele Brunnen austränke, weil er sich eben nicht satt trinken kann, so geht es auch dem Habsüchtigen; anstatt sich zu freuen, sind sie voll Qual, je mehr sie auch erwerben; denn diese Leidenschaft kennt keine Grenzen. So steht es schon hienieden um sie: Sprechen wir nun auch vom Tage des Gerichtes. Wenn sie selbst sich auch nicht daran kehren, so ist es doch notwendig, dass ich darüber rede. Am Tage des Gerichtes wird man nun sehen, dass es immer die Habsüchtigen sind, die gestraft werden. Denn wenn der Herr sagen wird: „Ich war hungrig, und ihr habt mich nicht gespeist, ich war durstig, und ihr habt mich nicht getränkt“2 , so gilt diese Strafe ihnen; und wenn er spricht: „Weichet von mir in das ewige Feuer, das dem Teufel bereitet ist“3 , so sind es wieder die ungerechten Reichen, die er dahin überweist. Zu dieser Klasse gehört auch der böse Knecht, der seinen Mitknechten die Habe des Herrn nicht austeilte: eben der Knecht, der das Talent vergraben hatte, sowie die fünf törichten Jungfrauen. Wohin du dich auch wendest, überall findest du, dass gerade die Habsüchtigen gestraft werden. Das eine Mal müssen sie hören: „Eine Kluft ist zwischen uns und euch“4 , ein andermal: „Weichet von mir in das Feuer, das bereit steht“; dann wieder sind sie es, die abgesondert werden und an den Ort gehen müssen, wo Zähneknirschen ist. Überall sieht man, wie sie vertrieben werden, wie sie S. d1163 nirgends einen Platz finden, als allein in der Hölle, wohin sie verstoßen werden.


  1. Mt 23,25 ↩

  2. Mt 25,42 ↩

  3. ebd.V.41 ↩

  4. Lk 16,26 ↩

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