4.
Ja, was sagst du? Ich rede allzeit von Almosengeben? Es wäre auch mein eigener Wunsch, anstatt so oft dieselbe Aufforderung an euch richten zu müssen, vom Kampf gegen Juden, Heiden und Ketzer predigen zu können. Allein wie kann man Leute, die noch nicht so gesund sind, unter die Waffen rufen? Wie sie ins Feld führen, da sie noch Wunden und Schrammen haben? Wenn ich sehe, dass ihr vollständig gesund wäret, so führte ich euch schon in diesen Kampf, und da würdet ihr durch Christi Gnade Tausende sehen, die tot zu Boden gestreckt wurden und deren Köpfe hoch aufgetürmt liegen. In anderen Büchern haben wir viel darüber gesagt, aber trotzdem können wir wegen der Lässigkeit so vieler diesen Sieg nicht ungeteilt feiern. Denn wenn wir sie auch tausendmal mit den Lehrsätzen schlagen, so werfen sie uns doch das Leben, die Wunden und Krankheiten der Seele vor, an der die große Mehrheit unserer Leute leiden. Wie können wir euch also kühn in der Schlachtreihe sehen lassen, wenn ihr Schmach über uns bringet, da ihr sofort vom Feinde geschlagen und verhöhnt werdet? Der eine hat eine kranke Hand; sie ist so verkrüppelt, dass sie nichts geben kann. Wie wird ein solcher imstande sein, den Schild zu halten und sich damit zu decken, um nicht durch rohen Spott verwundet zu werden? Andere hinken, das sind jene, welche die Schauspiele und die Freudenhäuser besuchen. Wie werden sie in der Schlacht standhalten können, ohne von den Vorwürfen der Wollust getroffen zu werden? Ein dritter hat kranke Augen und ist halbblind, kann nicht gerade sehen, sondern S. d1245 fällt voll Lüsternheit die Tugend der Frauen an und bricht in die Ehen ein. Wie wird er dem Feinde ins Auge sehen, den Speer schwingen und den Pfeil abschließen können, da man von allen Seiten Hohn gegen ihn schleudert? Auch solche findet man, die wie Wassersüchtige am Unterleibe leiden, da sie von Schwelgerei und Trunkenheit befallen sind. Wie werde ich imstande sein, diese Trunkenen in den Krieg zu führen? Andere haben die Mundfäule, wie z.B. die Jähzornigen, Schmähsüchtigen und Lästerer. Wie wird ein solcher in der Schlacht das Kampfgeschrei ausstoßen und eine große, wackere Tat vollbringen, da er einen Rausch hat und den Feinden reichlich Anlass zum Gelächter gibt? Deshalb gehe ich täglich dieses Lager ab, um die Wunden zu heilen und die Geschwüre zu behandeln. Wenn ihr ernüchtert seid und fähig werdet, andere anzugreifen, so werde ich euch auch in diesem Kampfe gegen die Heiden und Juden unterrichten und die Handhabung der Waffen lehren, oder vielmehr, eure eigenen guten Werke werden eure Waffen sein, wenn ihr mildtätig, freundlich, sanftmütig, geduldig werdet und von allen anderen Tugenden Beweise gebet. Wenn aber dann noch jemand widersprechen sollte, werden wir die Antwort nicht schuldig bleiben, sondern euch ins Feld führen. Vorläufig aber werden wir durch eure Schuld gehindert, diesen Sturmlauf anzutreten.
Siehe nur! Wir predigen, Christus habe ein großes Werk vollbracht, indem er aus Menschen Engel macht. Wenn man dann von uns die Beweise fordert und verlangt, wir sollen doch aus unserer Herde Beisspiele dafür erbringen, so müssen wir still sein aus Furcht, anstatt Engel in Wirklichkeit Schweine aus dem Saustall und brünstige Hengst vorzuführen. Ich weiß, dass euch das verletzt, aber meine Worte beziehen sich auch nicht auf jeden einzelnen, sondern nur auf die Schuldigen, ja und nicht so sehr gegen sie rede ich, als vielmehr für sie, wofern sie es nur einsehen wollen. In der Gegenwart ist wahrlich alles herabgekommen und verderbt; die Kirche unterscheidet sich nicht von einem Ochsen, Esel und Kamelstalle, und wenn ich herumgehe, um ein Schäflein zu suchen, so kann ich keines finden. S. d1246 Alle schlagen um sich wie Rosse und Wildesel und machen alles ringsumher voll Schmutz, solche Reden führen sie. Könnte man vernehmen, was Männer und Weiber bei allen ihren Zusammenkünften reden, so würde man Worte hören, die weit schmutziger sind als solcher Mist. Ich beschwöre euch darum, leget diese böse Gewohnheit ab, damit die Kirche von Salböl dufte. Wir brennen jetzt darin freilich Rauchwerk, das äußerlich duftet, geben uns aber keine sonderliche Mühe, den geistlichen Schmutz wegzuräumen und zu entfernen. Was nützt also das? Wir verunehren die Kirche nicht so sehr durch Einschleppen von Kot, als durch solche Gespräche, die wir miteinander führen über Gewinn, Handel und Geschäfte, über Dinge, die für uns keinen Wert haben, während doch die Reigen der Engel daselbst weilen und wir die Kirche zum Himmel machen sollten, indem wir nichts anderes daselbst dulden als eifriges Gebet, Stillschweigen und Aufmerksamkeit. Lasset uns wenigstens von jetzt an so handeln, um unser Leben zu reinigen und den verheißenen Lohn zu erlangen durch die Gnade und Liebe unseres Herrn Jesus Christus, dessen Ehre währt in alle Ewigkeit. Amen!