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Bibliothek der Kirchenväter
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Works John Chrysostom (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Neunte Homilie. Kap II, V.16-22.

4.

Siehst du, wie auch hier wieder auf den Sturm Ruhe folgte? Und der Ruhe folgte dann wieder eine neue Gefahr. Von der Verbannung ward er zwar befreit und konnte in seine Heimat zurückkehren und sehen, wie der Mörder der Kinder selbst dahingerafft worden. Doch kaum langt er zu Hause an, da stößt er schon wieder auf die Erinnerung an die früheren Gefahren, S. 154nämlich den Sohn des Tyrannen, der jetzt lebte und die Regierung führte. Wie konnte aber Archelaus König von Judäa sein während doch Pontius Pilatus Statthalter war?1 Herodes war eben erst vor kurzem gestorben, und das Königreich war noch nicht in mehrere Teile geteilt. Da also jener kurz zuvor gestorben, so hatte inzwischen der Sohn die Herrschaft inne an Stelle des Herodes, seines Vaters. Auch sein Bruder trug ja den gleichen Namen, deshalb fügt der Evangelist hinzu:

V.22: „ An Stelle des Herodes, seines Vaters.“

Denn, wollte er damit sagen, wenn Joseph wegen des Archelaus sich fürchtete, nach Judäa zu gehen, so musste er auch Galiläa meiden, des Herodes wegen. Wenn er hingegen den Aufenthalt wechselte, so blieb die Sache mehr verborgen, da die ganze Aufmerksamkeit2 sich auf Bethlehem und seine Umgebung richtete. Nachdem also der Mord geschehen war, glaubte der Sohn Archelaus, die ganze Sache sei damit zu Ende, und unter den vielen anderen sei auch der getötet worden, den man eigentlich allein gesucht hatte. Dann aber, als er gesehen, dass auch sein Vater auf solch gewaltsame Weise das Leben verloren, erfasste ihn doch zu große Scheu, als dass er auf diesem Wege weiter geschritten und mit unrechten Mitteln gekämpft hätte. Joseph ging also nach Nazareth, wich auf diese Weise der Gefahr aus, und hatte doch zugleich die Freude, in seiner Heimat zu wohnen. Damit er sich aber noch sicherer fühle, empfing er hierüber wunderbarer Weise vom Engel auch noch eine besondere Weisung. Lukas sagt allerdings nicht, dass Joseph auf diese Weisung hin dorthin gekommen sei, sondern nur, dass sie sich nach Vollzug des ganzen Reinigungsritus nach Nazareth begaben. Wie ist also dies zu erklären? Durch die Tatsache, dass Lukas so redet, weil er nur über die Zeit von der Flucht nach Ägypten berichten S. 155will. Der Engel führte sie ja auch nicht vor der Reinigung dorthin, damit nicht das Gesetz verletzt würde, sondern wartete, bis die Reinigung vorüber und sie nach Nazareth gekommen waren und dann erst hieß er sie nach Ägypten ziehen. Dann, nach ihrer Rückkehr, befahl er ihnen, nach Nazareth zu gehen. Das erstemal war ihnen nicht durch eine Erscheinung befohlen worden, dorthin zu gehen, sondern sie taten dies aus Liebe zur Heimat und aus eigenem Antrieb. Sie waren ja auch aus keinen anderen Grunde nach Bethlehem, gegangen, als wegen der Volkszählung, und konnten nicht einmal Unterkunft finden. Als daher der Zweck ihrer Reise erfüllt war, kehrten sie wieder nach Nazareth zurück. Darum brachte sie auch der Engel zuletzt wieder in ihre Heimat, und zwar nicht ohne besonderen Grund, sondern im Hinblick auf eine Prophetie: „Auf dass erfüllt werde“, sagt er, „was der Prophet gesprochen: er werde Nazarener genannt werden“3 Und welcher Prophet hat denn dies gesagt? Nun, sei nicht vorwitzig und wolle nicht zuviel wissen. Es sind ja viele prophetische Bücher verloren gegangen, wie man aus der Geschichte der Paralipomena ersehen kann. Die Juden waren eben nachlässig und fielen immer wieder ab von Gott; so ließen sie einige Bücher verloren gehen, andere haben sie selbst verbrannt und zerstört. Den einen Fall berichtet uns Jeremias4 , den anderen der Verfasser des vierten Buches der Könige, der erzählt, man habe nach langer Zeit nur mit Mühe das Deuteronomium finden können, das irgendwo begraben und versteckt gewesen sei5 . Wenn sie aber schon zur Zeit, da keine Feinde im Lande waren, die hl. Bücher so geringschätzig behandelten, dann um so mehr, als die Barbaren das Land erobert hatten.

Indes nennen auch die Apostel, wie die Propheten es vorausgesagt, den Herrn allenthalben Nazarener. Und ist es also das, fragst du, wodurch die Prophetie über Bethlehem etwas unverständlich und dunkel S. 156gemacht wurde? Ganz und gar nicht. Vielmehr gab gerade das den Anstoß und den Antrieb zur Erforschung dessen, was über ihn verheißen worden. Das veranlasste ja auch Nathanael zu seiner Frage bezüglich des Herrn: „Kann denn aus Nazareth etwas Gutes kommen?“6 . Es war dies nämlich ein ganz unansehnlicher Ort; oder vielmehr nicht bloß der Ort allein war unbedeutend, sondern das ganze Land Galiläa. Darum sagten auch die Pharisäer: „Forsche nach und du wirst sehen: Aus Galiläa ist kein Prophet hervorgegangen“7 . Trotzdem schämt sich der göttliche Heiland nicht, nach dieser Gegend benannt zu werden; er zeigt dadurch, dass er von menschlichen Rücksichten unabhängig ist; ja auch seine Apostel beruft er aus Galiläa. Er will eben dadurch auf jede Weise den Vorwänden derer begegnen, die sich lieber ihrer Trägheit hingeben möchten, will zeigen, dass wir keiner äußerlichen Hilfe bedürfen, wenn wir nur die Tugend üben. Aus diesem Grunde wollte er nicht einmal ein eigenes Haus haben, denn, sagt er: „Der Menschensohn hat nicht, wohin er sein Haupt neige“8 . Als Herodes ihm nach dem Leben trachtet, flieht er; nach seiner Geburt wird er in eine Krippe gelegt; er wohnt in einer Herberge und eine arme Mutter wählt er sich aus, nur um uns die Lehre zu geben, dass wir nichts von all dem für entehrend halten sollen, um den menschlichen Stolz in seinem Ursprung zu zertreten, und um uns anzuhalten, uns nur der Übung der Tugend zu weihen.


  1. Hier irrt sich Chrysostomus. Archelaus war König vom Jahre 1-10 n.Chr.<resp.4 vor - 6 n.Chr.> und Pilatus war Landpfleger vom Jahre 26-36 n.Chr. ↩

  2. der Feinde Christi ↩

  3. Mt 1,2223; vgl. Jes 11,1; ↩

  4. Jer 36,131 ↩

  5. 4 Kön 22 ↩

  6. Joh 1,46 ↩

  7. Joh 7,52 ↩

  8. Lk 9,58 ↩

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