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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In Matthaeum homiliae I-XC Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV)
Elfte Homilie. Kap. III, V.7-12.

8.

Gleichwohl bitte und ermahne ich euch nochmals: Lasset euch doch in dieser Hinsicht wenigstens den Eifer S. 195der Kleinen als Beispiel dienen. Die lernen zuerst die einfacheren Buchstaben; dann suchen sie auch die schwierigeren zu verstehen, und zuletzt erst gehen sie an das eigentliche Lesen. So wollen es auch wir machen; und, um die Tugend in ihre einzelnen Teile zu zerlegen, lernen wir zuerst, nicht zu fluchen, nicht meineidig zu werden, keine üble Nachrede zu führen; dann gehen wir über zu einer anderen Klasse, und hüten wir uns vor Neid, vor Fleischesliebe, vor Wohlleben und Trunksucht, und seien wir nicht gefühllos und der Trägheit ergeben. Um dann von da wieder zu geistigen Tugenden überzugehen, seien wir bedacht auf Enthaltsamkeit und Abtötung, auf Keuschheit und Gerechtigkeit, suchen wir besser zu sein als zu scheinen, seien wir bescheiden und zerknirschten Sinnes; und dann vereinigen wir all dies miteinander, und schreiben wir es in unsere Seelen ein. Und das alles sollen wir dann auch üben zu Hause an unseren Freunden, bei unserer Frau und unseren Kindern. Und zunächst wollen wir den Anfang mit dem Ersten und Leichteren machen, z.B. damit, dass wir nicht mehr fluchen, und wollen dann zu Hause fortwährend an diesen Anfang der Tugendübung denken. Denn es sind ja viele, die einen zu Hause in diesen Gedanken stören; da ärgert dich z.B. ein Diener, da kommt dir die Frau in die Quere und bringt dich in Zorn: dein Junge ist faul und hält keine Ordnung und reizt dich zum Schimpfen und Fluchen. Wenn du also zu Hause beständig von deinen Angehörigen gereizt wirst und es doch zustande bringst, dich nicht zum Fluchen hinreißen zu lassen, dann wird es dir leicht fallen, auch in der Öffentlichkeit die Selbstbeherrschung zu wahren. Ja, du wirst es sogar fertig bringen, niemand mehr zu beleidigen, weder deine Frau, noch deinen Diener, noch sonst jemand in deiner Familie. Da lobt z.B. deine Frau alle Augenblicke einen anderen Mann und bejammert sich selbst, und reizt dich dadurch, schlecht über jenen anderen zu reden. Aber du, lass dich nicht zwingen, auf den zu schimpfen, den sie lobt, trage alles gelassen. Und wenn du deine Dienstboten andere Herrschaften loben hörst, lass dich nicht aus der Fassung bringen, bleibe ruhig. Dein Haus soll ein Kampfplatz S. 196sein und ein Feld der Tugendübung, damit du dann, tüchtig geschult und mit großer Erfahrung ausgerüstet, dich auch in der Öffentlichkeit zeigen kannst. Ebenso verfahre gegen die Untugend eitler Ruhmsucht. Wenn du dich bemühst, gegenüber deiner Frau und deinem Gesinde von Ruhmsucht frei zu bleiben, dann wirst du auch im Verkehr mit anderen nicht leicht von dieser Leidenschaft erfasst werden. Dieser Fehler ist zwar überall schwer und hartnäckig, am meisten aber, wenn die Frau zugegen ist. Wenn wir also ihr gegenüber seine Macht brechen, dann werden wir ihn leicht auch im Verkehr mit anderen beherrschen. Dann gehen wir in gleicher Weise gegen die anderen Leidenschaften vor; üben wir uns zu Hause gegen sie, und rüsten wir uns jeden Tag von neuem dafür. Damit uns aber diese Übung leichter werde, müssen wir uns selbst eine Buße auferlegen, wenn wir einen unserer Vorsätze übertreten haben. Aber auch diese Buße soll so sein, dass die keine Strafe, sondern einen Lohn bedeutet und uns recht großen Nutzen bringt. Das wird der Fall sein, wenn wir uns z.B. zu angestrengtem Fasten verurteilen, zu hartem Lager und anderen ähnlichen Abtötungen. Auf diese Weise werden wir in jeder Beziehung großen Nutzen daraus ziehen, werden hienieden das süße Leben der Tugend führen, und dann auch noch der zukünftigen Güter teilhaftig werden, und ewig Gottes Freunde sein.

Damit es aber jetzt nicht wieder gehe wie früher, und ihr nicht hier meine Worte bewundert, dann fortgeht, die Tafel eurer Seele aufs Geratewohl irgendwo hinwerft, und den Teufel alles wieder auslöschen lasst, so gehe jetzt ein jeder nach Hause, rufe seine Frau, teile ihr dies alles mit, nehme sie zur Gehilfin, und trete vom heutigen Tage an auf diesen herrlichen Kampfplatz, mit dem Öle des Heiligen Geistes zum Wettspiel gesalbt. Und wenn du bei dieser Übung einmal, zweimal, ja oftmals strauchelst, lass den Mut nicht sinken, stehe wieder auf und kämpfe weiter, und lass nicht früher ab, bevor du nicht einen glänzenden Sieg über den Teufel errungen, und deine Beute in der diebessicheren Schatzkammer der Tugend niedergelegt hast. Wenn du einmal in der Gewohnheit dieser herrlichen Lebensweise gefestigt bist, S. 197dann kannst du selbst aus Unachtsamkeit diese Gebote nicht mehr übertreten, weil eben die Gewohnheit dasselbe wirkt wie natürliche Standhaftigkeit. Denn wie uns das Schlafen, Essen, Trinken und Atmen leicht fällt. so wird uns auch die Tugendübung leicht werden, und wir werden deren reine Freude genießen, werden1 im sicheren Hafen liegen, ungestörter Windstille uns freuen, und unser Fahrzeug mit Schätzen beladen an jenem Tage in jene Stadt führen, in der wir die unverwelklichen Siegeskränze erlangen, deren wir alle teilhaft werden mögen durch die Gnade und Liebe unseres Herrn Jesus Christus, dem Ruhm und Macht gebührt, jetzt und immer und in alle Ewigkeit. Amen!


  1. gleich einem Schiff ↩

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