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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In epistula ad Romanos commentarius Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Römer (BKV)
SIEBENUNDZWANZIGSTE HOMILIE: Kap. XIV, V. 14—23.

3.

Unter „Glauben“ versteht hier der Apostel nicht den Glauben an die Lehrsätze des Christentums überhaupt, sondern den Glauben in betreff der in Rede stehenden Frage. Von jenem Glauben im allgemeinen heißt es: „Mit dem Munde wird das Bekenntnis abgelegt zum Heil“ 1, und: „Wer mich vor den Menschen bekennen wird, den werde auch ich bekennen“ 2. Dieser Glaube (im allgemeinen) gereicht zum Schaden, wenn er nicht bekannt wird, der andere (in bezug auf den Unterschied der Speisen], wenn er zur Unzeit bekannt wird.

„Glücklich, wer sich selbst nicht zu verurteilen braucht in dem, was er für wahr hält.“

Wieder führt da der Apostel einen Hieb gegen den (im Glauben) Schwächeren; dem andern spricht er den Lohn seines eigenen guten Gewissens zu. Wenn auch kein Mensch von deiner Tugend wüßte, dir genügt dein eigenes Bewußtsein zu deinem Glück. Damit man nicht S. d216 meine, der Apostel schätze den Richterstuhl des eigenen Bewußtseins gering, wenn er spricht: „Behalte deinen Glauben für dich“, sagt er, daß dieser Richterstuhl höher stehe als das Urteil der ganzen Welt. Wenn dich alle anklagen, du selbst brauchst dich aber in deinem Innern nicht zu verurteilen, und dein Gewissen macht dir keinen Vorwurf, so bist du glücklich. Das gilt freilich nicht einfachhin von allen. Es gibt nämlich manche, die sich selbst nicht verurteilen, obzwar sie schwere Fehler begehen. Diese sind die Allerunglücklichsten. Der Apostel hält sich nur an die vorliegende Frage.

V. 23: „Wer aber einen Speisenunterschied anerkennt, der ist verurteilt, wenn er ißt.“

Das sagt der Apostel wieder als Mahnung, mit dem Schwächeren schonungsvoll umzugehen. Denn was hat es für einen Nutzen, wenn man ißt, obzwar man den Speisenunterschied anerkennt und sich selbst verurteilt? Auch ich billige es, daß der Judenchrist ißt, und zwar daß er ißt, ohne an der Erlaubtheit zu zweifeln. — Siehst du, wie der Apostel ihn nicht bloß zum Essen bringen will, sondern auch zum Essen mit reinem Gewissen? — Hierauf macht der Apostel den Grund namhaft, weswegen mancher (der ißt) verurteilt ist, indem er fortfährt und sagt:

„Weil er nicht aus Überzeugung ißt.“

Nicht weil die Speise unrein ist, sündigt einer, sondern weil er nicht mit Überzeugung ißt. Er ist nämlich nicht überzeugt davon, daß die Speise rein ist, sondern er berührt sie als etwas Unreines. Damit hält er den Heidenchristen den Schaden vor Augen, den manche von innen dadurch anrichten, daß sie Judenchristen nötigen, gegen ihre Überzeugung Speisen zu berühren, die ihnen bisher als unrein erscheinen; sie sollen mit ihrem Nörgeln aufhören.

„Alles aber, was nicht aus Überzeugung kommt, ist Sünde.“

Wie sollte ein solcher Judenchrist nicht sündigen, will der Apostel sagen, wenn er nicht traut und nicht S. d217 überzeugt ist, daß die Speise rein ist? Das alles ist übrigens nur mit Bezug auf den in Rede stehenden Gegenstand gesagt, nicht ganz allgemein. — Beachte, wie sehr der Apostel besorgt ist, daß kein Ärgernis gegeben werde! Oben hat er gesagt: „Wenn aber einer Speise wegen dein Bruder von dir Harm erfährt, dann wandelst du nicht mehr nach der Liebe.“ Wenn man nun aber keinen Harm zufügen darf, so darf man um so weniger Ärgernis geben. Und wieder: „Reiße ja nicht wegen einer Speise das Werk Gottes ein!“ Wenn es ein schweres Verbrechen ist, eine Kirche zu zerstören, so ist es dies um so mehr, den geistigen Tempel Gottes zu zerstören; denn der Mensch ist etwas viel Erhabeneres als eine Kirche. Nicht für steinerne Mauern ist Christus gestorben, sondern für diese geistigen Tempel.

Laßt uns stets umsichtig handeln und niemandem auch nur einen geringen Schaden zufügen! Denn eine Rennbahn ist dieses irdische Leben; wir müssen tausend Augen überall haben und dürfen nicht glauben, daß die Unwissenheit uns zur Entschuldigung genügen wird. Ganz gewiß, auch die Unwissenheit kann bestraft werden, wenn sie nämlich unentschuldbar ist. Auch die Juden befanden sich in Unwissenheit, aber ihre Unwissenheit verdiente keine Nachsicht. Ebenso befanden sich die Heiden in Unwissenheit, aber sie hatten keine Entschuldigung. Wenn du dich nämlich betreffs solcher Dinge in Unwissenheit befindest, die du nicht wissen kannst, dann wirst du darob keine Anklage zu gewärtigen haben. Sind es aber Dinge, die du leicht wissen könntest, so wirst du dafür die schwerste Strafe erleiden. Andererseits, wenn wir uns nicht grober Nachlässigkeit schuldig machen, sondern von unserer Seite alles nur Mögliche mitwirken, so wird uns Gott die Hand reichen, mögen wir uns auch in Unwissenheit befinden. Das sagt Paulus den Philippern: „Solltet ihr auch etwas anders verstehen, so wird Gott euch darüber Aufschluß geben“ 3. Wollen wir aber auch das nicht tun, was in unserer Macht liegt, so werden wir in solchen Dingen uns nicht seines Beistandes zu erfreuen haben. Das war der Fall S. d218 bei den Juden. „Darum rede ich in Gleichnissen zu ihnen“, heißt es, „weil sie sehen und doch nicht sehen“ 4. Wieso sahen sie und sahen doch nicht? Sie sahen, daß Teufel ausgetrieben wurden, und sagten, daß Jesus einen Teufel habe. Sie sahen, daß Tote auferweckt wurden, und fielen nicht anbetend nieder, sondern suchten Jesus zu töten. Nicht so handelte Kornelius. Weil er alles von seiner Seite mit Eifer tat, darum gab ihm Gott das Übrige hinzu. Sag’ darum nicht: Wieso kommt es, daß Gott sich um diesen oder jenen Heiden, der ihn aufrichtig und ehrlich sucht, nicht kümmert? Erstlich einmal können Menschen gar nicht wissen, ob jemand aufrichtigen Sinnes ist, sondern Gott allein, der das Herz eines jeden gebildet hat. Dann muß man auch das sagen, daß oft einer sich eben nicht bemüht und keinen Eifer bewiesen hat. Ja, sagst du, wie konnte er es auch, da er ganz aufrichtigen Sinnes war? Nun, so beobachte nur einmal diesen verständnislosen und (scheinbar) einfältigen Menschen in Dingen des täglichen Lebens, und du wirst sehen, daß er eine bis ins kleinste gehende Sorgfalt an den Tag legt. Hätte er eine solche in geistlichen Dingen aufwenden wollen, er wäre sicher nicht von Gott im Stiche gelassen worden. Die Wahrheit ist heller als die Sonne. Wohin auch immer einer kommen mag, er kann überall leicht sein Heil wirken, wenn er nur darauf achthaben will und es nicht als eine Nebensache betrachtet. Sind denn jene Tatsachen (des Lebens Jesu) etwa nur auf Palästina beschränkt geblieben? Etwa nur auf einen kleinen Winkel der Erde? Kennst du nicht das Prophetenwort: „Alle werden mich kennen lernen vom Kleinsten bis zum Größten“? 5 Siehst du denn nicht die Tatsachen, die zur Wahrheit geworden sind? Wie können also solche Menschen Verzeihung finden, da sie die Glaubenswahrheit vor sich liegen sehen und sich doch keine Mühe geben und sich nicht bestreben, sie kennen zu lernen?


  1. Röm. 10, 10. ↩

  2. Luk. 9, 26. ↩

  3. Phil. 3, 15. ↩

  4. Matth. 13, 13. ↩

  5. Jer. 31, 34. ↩

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