• Accueil
  • Œuvres
  • Introduction Instructions Collaboration Sponsors / Collaborateurs Copyrights Contact Mentions légales
Bibliothek der Kirchenväter
Recherche
DE EN FR
Œuvres Jean Chrysostome (344-407) In epistula ad Romanos commentarius Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Römer (BKV)
ZEHNTE HOMILIE: Kap. IV, V. 23—25 und Kap. V, V. 1-11.

4.

So ahmen denn auch wir jene überirdischen Mächte nach! Streben wir eifrig darnach, nicht bloß S. b165 nahe am Throne zu stehen, sondern auch den in uns innewohnend zu haben, der auf dem Throne sitzt! Er hat ja auch solche geliebt, die ihn haßten, und liebt sie noch immer. Er „läßt ja die Sonne aufgehen über Böse und Gute und regnen über Gerechte und Ungerechte“ 1. Liebe also ihn, der dich liebt! Er liebt dich ja. — Wie kommt es aber, fragst du, daß er, wenn er uns liebt, Hölle und Strafe und Rache angedroht hat? — Eben wieder aus Liebe. Um deine Bosheit abzutun, um dich durch die Furcht wie durch einen Zügel zurückzuhalten von dem reißenden Strom des Bösen, tut er alles und setzt er alles ins Werk. Durch Liebes und Unliebes zügelt er deinen Drang nach unten, zieht dich an sich und hält dich zurück von aller Sünde, die schlimmer ist als die Hölle. Wenn du über diese Rede lachst und tausendmal lieber in der Sünde leben willst, als einen Tag lang gestraft werden, so nimmt mich das nicht wunder. Es ist dies nur ein Zeichen deiner wenig edlen Art, zu denken, deiner Betäubung, deiner heillosen Seelenerkrankung. Wenn kleine Kinder den Arzt sehen, wie er mit Feuer oder einem Schnittmesser an sie herankommt, so fahren sie zurück und strampeln, heulen und kratzen und wollen lieber an der beständig schmerzenden Eiterbeule ihres Körpers zugrunde gehen, als eine kurze Unannehmlichkeit ausstehen, um dann wieder gesund zu sein. Vernünftige Leute wissen aber, daß krank sein schlimmer ist, als geschnitten werden, wie es auch schlimmer ist, zu sündigen, als gestraft zu werden. Das eine bedeutet, geheilt werden und gesund sein, das andere, in beständigem Siechtum zugrunde gehen. Daß aber Gesundheit besser ist als Siechtum, ist jedem klar. So sind auch Raubmörder beweinenswert, nicht wenn ihnen der Brustkorb eingebrochen wird, sondern wenn sie Mauern einbrechen und morden. Wenn die Seele mehr wert ist als der Leib — wie es denn auch so ist — so soll man gerechterweise auch den Verlust derselben mehr betrauern und beweinen. Wenn sie es aber selbst nicht empfindet, dann ist sie um so mehr zu beklagen. Die, welche von unreiner Liebe brennen, sind bemitlei- S. b166 denswerter als die, welche im hitzigen Fieber liegen, und die Betrunkenen mehr als die, welche auf die Folterbank gespannt sind. — „Wenn aber diese Dinge schlechter sind“, fragst du, „warum geben wir ihnen dann den Vorzug?“ — Weil vielen Menschen sonderbarerweise das Schlechtere gefällt und sie es wählen, während sie am Besseren vorbeigehen. Das kann man beobachten in bezug auf Speisen, Lebensführung, Lebensberuf, sinnlichen Genuß, Weiber, Häuser, Sklaven, Felder, kurz in allem. Sag mir, was ist vergnüglicher, der Geschlechtsgenuß mit Weibern oder mit Männern? Mit Weibern oder mit Eselinnen? Gleichwohl finden wir viele, die Weiber verschmähen, dagegen mit unvernünftigen Tieren sich geschlechtlich vermischen und Mannsleiber schänden. Und doch gewährt der natürliche Genuß mehr Vergnügen als der widernatürliche. Gleichwohl gibt es viele, die lächerlichen und unvergnüglichen und strafbaren Dingen nachjagen, als wären sie vergnüglich. — „Sie kommen ihnen aber vergnüglich vor“, wendest du ein. — Gerade deswegen sind sie elend daran, daß sie unvergnügliche Dinge für vergnüglich halten. In derselben Weise halten sie die Strafe für etwas Schlechteres als die Sünde. Es ist aber nicht so, sondern gerade das Gegenteil. Denn wenn Strafe etwas Schlechtes wäre für die Sünder, so würde doch Gott nicht Schlechtes zu Schlechtem hinzutun, er würde sie nicht noch schlechter machen wollen. Er, der ja alles tut, um das Schlechte auszutilgen, würde sonach das Schlechte noch vermehren. Gestraft zu werden ist daher für den Fehlenden nichts Schlechtes, wohl aber, bei einer solchen Verfassung nicht gestraft zu werden, geradeso wie für einen Siechen, nicht geheilt zu werden. Nichts ist ein so großes Übel wie eine unsinnige Begier. Wenn ich sage eine „unsinnige“, so meine ich eine solche nach Wohlleben oder eine solche nach eitler Ehre oder eine solche nach Macht, kurz, nach allem, was jenseits wirklicher Lebensbedürfnisse liegt. Denn wer ein so üppiges und jeder Selbstzucht bares Leben führt, scheint zwar der Glücklichste von allen zu sein, ist aber elender daran als alle andern, weil er recht schlimme und tyrannische Herrinnen in seine Seele eingelassen hat. Aus diesem Grunde S. b167 hat uns Gott das gegenwärtige Leben mühevoll gemacht, damit er uns befreie von dieser Sklaverei und zur Reinheit und Freiheit hinführe. Aus demselben Grunde hat er auch Strafe angedroht und Mühe und Arbeit zu unserem Lebenslos gemacht, um so die Üppigkeit zu dämpfen. So ging es mit den Juden; solange sie an ihre Lehmgrube und ihre Ziegelmacherei gefesselt waren, waren sie auch fügsam und riefen Gott unaufhörlich an; als sie aber die Freiheit genossen, da murrten sie und reizten den Herrn und stürzten sich in tausenderlei Übel.

„Was sagst du aber“, fragt man, „zu denen, die unter dem Druck der Trübsal oft verkehrt werden?“ — Daß sie verkehrt werden, kommt nicht von der Trübsal, sondern von ihrer Schwachheit. Wenn jemand magenkrank ist und die bittere Arznei, die er zur Magenreinigung einnimmt, ihn noch mehr herunterbringt, so geben wir nicht der Arznei die Schuld, sondern der Krankheit des Organs. So ist es auch mit der geistigen Schwäche. Wer unter dem Druck der Trübsal verkehrt wird, der wird es um so mehr werden, wann er davon frei ist; wer fällt, obzwar er angebunden ist — das tut nämlich die Trübsal —, der um so mehr, wenn er losgelöst ist; wer verkehrt wird, obzwar er im Zügel gehalten wird, der um so mehr, wenn er ohne Zügel ist.

„Und wie mache ich es“, fragst du, „daß ich unter dem Druck der Trübsal nicht verkehrt werde?“ — Bedenke, daß du sie tragen mußt, ob du willst oder nicht. Trägst du sie unter Dank (gegen Gott), dann hast du davon reichen Gewinn; trägst du sie unwillig, mißmutig und unter Lästerungen, dann machst du dadurch das Unglück nicht geringer, sondern vergrößerst nur den Sturm.

Von dieser Erwägung geleitet, laßt uns das, was die Not uns auferlegt, zum Gegenstand unserer freien Wahl machen! Z. B.: Da hat einer sein vortreffliches Kind verloren, ein anderer sein ganzes Vermögen; wenn du bedenkst, daß das Geschehene nicht zu ändern ist, daß es aber in deiner Hand steht, aus dem unabwendbaren Schicksalsschlage Nutzen zu ziehen, indem du ihn männlich erträgst und anstatt Lästerreden zu führen dem Herrn Dank sagst, so wird dir das Übel, das ohne dei- S. b168 nen Willen über dich kam, so verdienstvoll, als hättest du es frei erwählt. Du siehst dir deinen Sohn vorzeitig entrissen? Sprich: „Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen.“ Du siehst dem Vermögen dahin? Sprich: „Nackt bin ich aus meiner Mutter Leibe gekommen, und nackt kehre ich dahin zurück“ 2. Du siehst es den Bösen wohl ergehen, die Gerechten dagegen im Unglück und in tausenderlei Not und weißt den Grund dafür nicht zu finden? Sprich: „Wie ein Lasttier bin ich vor dir geworden; doch war ich immer bei dir“ 3. Willst du den (wahren) Grund wissen, so denke daran, daß Gott einen Tag bestimmt hat, an dem er die ganze Welt richten wird, und du wirst allen Zweifel abtun. Dann wird jeder empfangen, was er verdient hat wie Lazarus und der Reiche. Denk an die Apostel! Sie wurden gegeißelt, verfolgt und hatten tausenderlei Ungemach zu erdulden; sie freuten sich aber, gewürdigt zu werden, um des Namens Christi willen Schmach zu erdulden. So ertrag auch du es mannhaft, wenn du krank bist, und sage Gott Dank dafür; dann wirst du denselben Lohn empfangen wie jene. — Wie kannst du aber in Krankheit und Ungemach dem Herrn Dank wissen? Wenn du ihn wahrhaft liebst. Wenn die drei Jünglinge im Feuerofen, wenn andere in Banden und tausenderlei Nöten nicht aufhörten, Gott zu danken, dann können es solche, die krank sind und in bösem Siechtum darniederliegen, um so mehr tun. Es gibt nichts, rein gar nichts, was die Liebe nicht besiegte. Ist es gar Liebe zu Gott, so ist sie erhabener als alle anderen Arten derselben. Weder Feuer noch Ketten noch Armut noch Krankheit noch Tod noch irgend etwas dergleichen kommt dem schrecklich vor, der von dieser Liebe beseelt ist; alles verlacht er und fliegt zum Himmel empor; nicht weniger wohl ist ihm als denen, die dort wohnen; er sieht nichts anderes, weder Himmel noch Erde noch Meer, sondern sein Blick ist einzig gerichtet auf die Schöne jener Herrlichkeit. Weder kann ihn das Leidvolle des gegenwärtigen Lebens darniederdrücken noch S. b169 das Günstige und Freudige übermütig und aufgeblasen machen.

Laßt uns also lieben diese Liebe — denn ihr ist nichts gleich — wegen der Gegenwart sowohl wie wegen der Zukunft, zu allermeist aber wegen der Natur dieser Liebe selbst! Denn dann werden wir befreit werden von den Übeln des gegenwärtigen Lebens und von den Strafen in der Ewigkeit und werden des Himmelreichs Freuden genießen. Übrigens ist weder das Befreitsein von der Hölle noch der Genuß der himmlischen Freuden etwas Großes im Vergleich zu dem, was ich gleich sagen werde. Ein größeres Gut als alles das ist es, Christus lieb zu haben und von ihm geliebt zu werden. Wenn schon unter Menschen solche gegenseitige Liebe über jede andere Wonne geht, wie wird sich aussprechen, wie begreifen lassen die Seligkeit einer Seele, die zu Gott in ein solches Verhältnis getreten ist? Da gibt es keine andere Möglichkeit als einzig und allein die eigene Erfahrung. Damit wir also diese geistige Freude, dieses selige Leben, diesen Schatz tausendfältigen Gutes durch eigene Erfahrung kennen lernen, laßt uns alles hingeben und diese Liebe uns zu eigen machen zu unserer eigenen Glückseligkeit und zur Verherrlichung des geliebten Gottes. Ihm sei Ehre und Herrlichkeit mit seinem eingeborenen Sohne und dem Hl. Geiste jetzt und allezeit bis in alle Ewigkeit. Amen. S. b170


  1. unleserlich ↩

  2. Job 1, 21. ↩

  3. Ps. 72, 23. ↩

pattern
  Imprimer   Rapporter une erreur
  • Afficher le texte
  • Référence bibliographique
  • Scans de cette version
Download
  • docxDOCX (477.49 kB)
  • epubEPUB (446.80 kB)
  • pdfPDF (1.69 MB)
  • rtfRTF (1.43 MB)
Traductions de cette œuvre
Commentaire sur l'épître aux Romains Comparer
Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Römer (BKV)
Commentaires sur cette œuvre
Einleitung

Table des matières

Faculté de théologie, Patristique et histoire de l'Église ancienne
Miséricorde, Av. Europe 20, CH 1700 Fribourg

© 2025 Gregor Emmenegger
Mentions légales
Politique de confidentialité