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Works John Chrysostom (344-407) In epistulam ii ad Corinthios argumentum et homiliae 1-30 Homilien über den zweiten Brief an die Korinther (BKV)
Zwölfte Homilie.

V.

Du aber kümmerst und quälst dich, weil du nicht Vorrath hast für das ganze Jahr. „Mit Recht,“ sagst du; „denn Paulus brauchte bloß für sich zu sorgen, ich aber auch für die Angehörigen, für Weib und Kind.“ Aber Paulus hatte wahrlich nicht für sich allein Sorge zu tragen, sondern für die ganze Welt; Gegenstand deiner Sorge ist ein einziges Haus, Gegenstand der seinigen waren die so zahlreichen Armen in Jerusalem, die in Macedonien, die Dürftigen aller Orte, und die Geber nicht minder als die Empfänger. Denn ihm oblag eine doppelte Sorge für die Welt, daß Niemand am Nöthigen Mangel leide, und daß Alle reich seien an geistigen Gütern. Und dir geht der Hunger deiner Kleinen nicht so nahe wie dem Apostel jegliche Lage der Gläubigen. Und was sage ich der Gläubigen? Auch der Sorge für die Ungläubigen konnte er sich nicht entschlagen, ja diese verzehrte ihn in dem Grade, daß er sogar Anathema für sie zu werden wünschte. Bei dir aber dürfte die Hungersnoth tausendfach überhandnehmen, du würdest dich doch nie entschließen können, für Jemand zu sterben. Und deine Sorge umfaßt ein einziges Weib, die des Paulus aber alle Kirchen der Welt. „Meine Sorge,“ sagt er, „für alle Kirchen.“1 Wie lange erlaubst du dir denn noch, o Mensch, dich neben Paulus zu stellen, wie lange willst du noch in deiner kleinlichen Gesinnung verharren? Weinen sollten wir nicht wenn wir in Armuth sind, sondern wenn wir sündigen; ja, Das verdiente Thränen, dagegen das Übrige eher Lachen.

„Aber nicht Das allein betrübt mich,“ sagst du, „sondern auch weil ich sehen muß, daß ein Anderer in Ehre S. 223 und Ansehen steht, während ich ungeehrt und verachtet bin.“ Und was soll Das? Auch der heilige Paulus galt in den Augen der Menge für ehrlos und verächtlich. „Aber das war eben Paulus,“ sagst du. So liegt also der Grund deines Kleinmuthes nicht in den Dingen selbst, sondern in der Schwachheit deines Geistes. So klage demnach nicht über die Armuth, sondern über dich selbst, daß du so armselig bist; oder laß vielmehr ganz das Klagen und bessere dich, und statt nach Reichthum zu verlangen, strebe nach Dem, was ruhmvoller macht als alle Schätze der Welt, nach Weisheit und Tugend; denn wo die Tugend ist, da ist bei der Armuth kein Schaden; wo die Tugend nicht ist, da ist beim Reichthum kein Nutzen. Was hat man denn auch, sage mir, vom Reichthum, wenn in der Seele Armuth herrscht? Du hältst dich selbst nicht für so unglücklich, wie ein solcher Reicher sich hält, weil er nicht die Habe Aller besitzt. Und weint er auch nicht gleich dir, so enthülle nur sein Inneres und du siehst Jammer und Klage.

Soll ich dir wohl deinen eigenen Reichthum zeigen, damit du aufhörest, Die glücklich zu preisen, die an Hab und Gut reich sind? Siehst du den Himmel da, wie schön, wie groß er ist und wie hoch er sich wölbt? Von dieser Pracht hat der Reiche keinen größeren Genuß als du, da kann er dich nicht bei Seite schieben und Alles für sich allein nehmen; denn sie ist für dich so gut wie für ihn geschaffen. Und die Sonne, dieses glänzende, fernleuchtende Gestirn, das unser Auge erfreut, steht nicht auch sie für Alle gemeinsam am Himmel, und genießen sie nicht Alle gleichmäßig, Reiche und Arme? Und der Kranz der Sterne und der Kreis des Mondes, sind sie nicht für Alle in gleicher Weise? Ja, wenn man etwas Seltsames sagen darf, so haben sogar wir Arme mehr Genuß davon als die Reichen. Denn Jene, meist in Trunkenheit versunken und nur zwischen Gelagen und tiefem Schlafe wechselnd, haben kaum eine Wahrnehmung von diesen Din- S. 224 gen, da sie aus Dach und Schatten nicht herauskommen; die Armen aber sind es vorzugsweise, die an diesen ursprünglichen Dingen sich ergötzen. Und betrachtet man die Luft, die überallhin ausgegossen ist, so wird man finden, daß der Arme sie reiner und reichlicher genießt. Der Wanderer und der Landmann wird mehr von ihr erquickt als der Bewohner der Stadt, und von eben diesen Bewohnern wieder mehr der Arbeiter als Der, welcher den ganzen Tag über trunken ist. Und der Boden, ist er nicht Allen gleichmäßig überlassen? „O nein,“ sagst du. Wie so? erkläre mir. „Weil der Reiche sowohl in der Stadt größere Flächen wegnimmt und lange Einfassungen aufführt, als auch auf dem Lande viele Theile für sich nimmt.“ Wie nun, wenn er sie für sich nimmt, genießt er sie dann auch allein? Das gewiß nicht, selbst wenn er es tausendmal wollte; er muß den Ertrag an Alle vertheilen, für dich baut er Getreide, Wein und Öl, und allenthalben dient er dir. Und von seinen langen Umzäunungen und seinen Gebäuden hat er nach unermeßlichen Kosten, Mühen und Kümmernissen weiter Nichts, als daß er sie dir zur Nutznießung überläßt, um für solchen Dienst ein bischen Silber zu empfangen. So kann man es an Bädern und sonst allenthalben sehen, daß den Reichen Aufwand, Sorgen und Mühe verzehrt, während der Arme ganz sorglos für wenige Obolen von all Diesem die Frucht genießt. Auch vom Boden hat er durchaus nicht mehr Genuß als du; denn er kann doch nicht zehnfach sich sättigen, und du nur einfach. „Aber die Speisen,“ sagst du, „sind doch köstlicher, die er genießt?“ Das ist doch wohl ein geringer Vorzug, und ausserdem werden wir finden, daß du auch da im Vortheile bist. Denn dieses köstliche Leben scheint dir darum so beneidenswerth, weil es größere Lust bewahrt; aber diese ist im Gegentheil größer beim Armen, und nicht bloß die Lust, sondern auch das Wohlbefinden; und Das allein hat der Reiche voraus, daß er den Leib mehr schwächt und mehr Stoff zu Krankheiten sammelt. Denn beim Armen kommt Alles zur naturgemäßen Verwendung, beim Reichen läuft S. 225 wegen des Übermaßes Alles auf Verderbniß und Krankheit hinaus.


  1. II. Kor. 11, 28. ↩

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Commentaire sur la deuxième épitre aux Corinthiens Compare
Homilien über den zweiten Brief an die Korinther (BKV)

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