2.
Doch was sage ich? Paulus brauchte nur einfach zu reden, da frohlockten und jubelten die Himmel. S. 60 Wenn schon beim Auszuge der Israeliten aus Ägypten „die Berge hüpften wie Widder1“, was für eine Freude mußte es erst sein, als Menschen von der Erde in den Himmel auswanderten! Deshalb ist im Fleische zu bleiben notwendiger um euretwillen“. — Was werden wir hinfort noch zu unserer Entschuldigung vorbringen können? Denn oft geschieht es, daß ein Mensch, dem eine kleine und ärmliche Stadt als Wohnsitz zufällt, dennoch nicht anderswohin ziehen will, weil er seine eigene Ruhe allem andern vorzieht. Paulus hätte zu Christus gehen können und er wollte nicht; zu Christus, nach dem er so innig verlangte, daß er um seinetwillen sogar in die Hölle gegangen wäre, und er harrte um der Menschen willen noch weiter im Kampfe aus. Welche Entschuldigung bleibt uns da noch? Dürfen wir des hl. Paulus überhaupt auch nur gedenken? Siehe, was er tat! Er zeigte, daß es besser (für ihn) wäre, von hinnen zu scheiden, um sie zu bestimmen, daß sie sich seinetwegen nicht betrübten; er zeigte, daß, wenn er noch bleibe, er aus eben diesem Grunde bleibe, ihretwegen, daß es nicht infolge der Bosheit seiner Feinde geschehe. Um sie nun davon zu überzeugen, fügt er den Grund auch bei: Wenn dieses notwendig ist, so werde ich jedenfalls bleiben, und nicht bloß überhaupt bleiben, sondern unter euch bleiben. Denn das ist der Sinn der Worte: „Und ich werde (mit euch allen) zusammenbleiben“, d. h. ich werde euch sehen. Weshalb? „Zu eurer Förderung und Freude des Glaubens.“ Damit ermuntert er sie, auf sich selbst acht zu haben. Denn wenn ich um euretwillen bleibe, will er sagen, so sehet zu, daß ihr mein Hierbleiben nicht zuschanden macht. Obwohl ich bereits daran war, Christum zu schauen, zog ich es vor, „zu eurer Förderung“ zu bleiben. Weil meine Anwesenheit sowohl zu eurem „Glauben“ als auch zu eurer „Freude“ beiträgt, darum zog ich es vor zu bleiben. — Wie nun? Blieb er nur den Philippern zuliebe? Er blieb nicht nur ihnen zuliebe; aber er drückt sich so aus, um ihnen seine besondere Hochachtung zu bezeigen. S. 61 — Wie konnte er sie aber im Glauben fördern? Daß ihr noch mehr erstarket, gleichwie junge Vögel, die der Mutter bedürfen, bis sie flügge geworden sind. Das ist ein Beweis von großer Liebe. In gleicher Weise suchen auch wir mitunter zu ermuntern, so wenn wir sagen: Deinetwegen bin ich geblieben, um aus dir einen braven Menschen zu machen. — „Damit euer Frohlocken über mich,“ heißt es weiter, „in Christo Jesu um so überschwenglicher werde durch meine abermalige Ankunft bei euch.“ Siehst du, daß die Worte: „Ich werde (mit euch allen) zusammenbleiben,“ den obenerwähnten Sinn haben? Beachte seine Demut! Nachdem er gesagt hatte, „zu eurer Förderung“, zeigt er jetzt, daß es auch ihm selbst Nutzen bringen werde. Das tut er auch im Briefe an die Römer, wenn er schreibt: „Das aber heißt, um zugleich bei euch getröstet zu werden“, nachdem er vorher gesagt: „Damit ich euch etwas mitteile von geistiger Gnadengabe2.“ — Was aber bedeuten die Worte: „Damit euer Frohlocken um so überschwenglicher werde“? Dasselbe, was auch das Wort „Frohlocken“, nämlich die Befestigung im Glauben. Denn „frohlocken in Christo“ heißt soviel als tugendhaft leben. — „Euer Frohlocken über mich ... durch meine abermalige Ankunft bei euch?“ — Ja, antwortet er. „Denn wer ist unsere Hoffnung oder unser Ruhmeskranz? Seid es nicht ihr3?“ „Ihr seid unser Stolz, gleichwie wir der eurige4.“ Er will sagen: Damit ich noch mehr Ursache habe, mich eurer zu rühmen. Inwiefern? „Damit euer Frohlocken um so überschwenglicher werde.“ Ich habe umso mehr Veranlassung zu frohlocken, je mehr Fortschritte ihr macht. — „Durch meine abermalige Ankunft bei euch.“ Wie nun? Kam er wirklich zu ihnen? Ihr wollt doch nicht die Frage untersuchen, ob er wirklich kam?
V. 27: „Wandelt nur', fährt er fort „würdig des Evangeliums Christi!“
S. 62 Siehst du, daß alle seine Worte nur das eine bezwecken, sie zum Wachstum in der Tugend zu ermuntern? „Wandelt nur würdig des Evangeliums Christi!“ Was bedeutet der Ausdruck „nur“? — Das allein ist es, worauf es ankommt, und nichts anderes. Ist das der Fall, so kann uns nichts Trauriges begegnen. — „... Damit ich, mag ich kommen und euch sehen, oder abwesend sein, von euch höre ...“ Nicht als habe er sich eines andern besonnen und als wolle er nicht mehr zu ihnen kommen, spricht er so; sondern er will sagen: Wenn das der Fall ist, so kann ich mich auch abwesend freuen. — „Wenn ich höre, daß ihr feststeht in einem Geiste und in einer Seele.“