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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In epistulam ad Philippenses Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Philipper (BKV)
Zwölfte (Elfte) Homilie. *Phil. III, 7—12.*

2.

Siehst du, wie er überall nicht die Sache als solche einen Schaden nennt, sondern „um Christi willen“? — „Ja, und ich halte auch alles für Schaden.“ Warum wieder? „Wegen der alles übertreffenden Erkenntnis“, „um derentwillen ich auf alles verzichtet habe“. Und wiederum: „Darum halte ich auch alles für Schaden, damit ich Christus gewinne.“ Siehst du, wie ihm überall Christus die feste Grundlage ist, auf die er sich stützt, und wie er nirgends das Gesetz bloßstellen und angreifen läßt, sondern es von allen Seiten schützt? — „... und in ihm erfunden werde nicht mit meiner Gerechtigkeit, die aus dem Gesetze ist.“ Wenn er, der die Gerechtigkeit1 hatte, weil dieselbe hinfällig war, zu dieser Gerechtigkeit2 seine Zuflucht nahm: wie sollten dann jene, die sie nicht besitzen, nicht noch weit mehr nötig haben, zu Christus ihre Zuflucht zu nehmen? — Treffend sagt er: „Nicht mit meiner Gerechtigkeit“, d. h. nicht mit derjenigen, die ich mir durch Mühe und Schweiß erworben, sondern mit derjenigen, die ich durch die Gnade gefunden habe. Wenn also er, der so viel Gutes getan, nur durch die Gnade gerettet wird, so ist das noch viel mehr bei euch der Fall Weil nämlich zu vermuten stand, daß sie dieser durch eigene Bemühung erworbenen Gerechtigkeit das größere Gewicht beilegen würden, so zeigt er, daß dieselbe im Vergleich mit jener andern nur Unrat S. 171 sei: sonst hätte ich sie nimmermehr trotz meiner guten Werke weggeworfen und zu dieser meine Zuflucht genommen. Was für eine Gerechtigkeit aber ist das? Die aus dem Glauben an Gott; d. h. auch sie ist von Gott verliehen; von Gott rührt diese Gerechtigkeit her; sie ist ein lauteres Gnadengeschenk. Gottes Gnadengeschenke aber gehen über das bescheidene Maß der Tugendwerke, die wir durch unsere Bemühung zustande bringen, weit hinaus. — Was aber bedeuten die Worte: „Auf Grund des Glaubens, so daß ich ihn erkenne“? Also kommt die Erkenntnis aus dem Glauben, und ohne Glauben ist es unmöglich, Gott zu erkennen. Wieso nämlich? Durch den Glauben sollen wir erkennen „die Kraft seiner Auferstehung“. Denn wie könnte die bloße Vernunft über die Auferstehung uns Aufschluß verschaffen? Sie kann das nie und nimmer, sondern nur der Glaube. Wenn aber schon die Auferstehung Christi dem Fleische nach nur durch den Glauben erkannt wird, wie sollte dann die Menschwerdung des göttlichen Wortes durch die bloße Vernunft begriffen werden? Denn die Auferstehung tritt in dieser Beziehung hinter der Menschwerdung zurück. Warum? Weil es für die erstere zahlreiche Beispiele gibt, für die letztere dagegen nicht ein einziges. Es waren nämlich schon vor Christus viele Tote auferstanden, wenn sie auch nach ihrer Auferstehung wieder sterben mußten; von einer Jungfrau aber war noch nie jemand geboren worden. Wenn also schon das, was (verhältnismäßig) unbedeutender ist als die Menschwerdung, durch den Glauben erfaßt werden muß: wie sollte das weit größere, ja unendlich und unvergleichlich größere Geheimnis durch die bloße Vernunft begriffen werden können? — Dies macht die Gerechtigkeit aus. Denn das muß man glauben, daß Gott es konnte; aber wie er es konnte, das läßt sich nicht mehr erklären. Denn aus dem Glauben geht auch „die Teilnahme an seinen Leiden“ hervor. Wieso? Wenn wir nämlich nicht glaubten, so würden wir auch nicht leiden wollen. Wenn wir nicht glaubten, daß wir, mit ihm ausharrend, mit ihm herrschen werden3, so würden wir die Leiden nicht auf S. 172 uns nehmen. Nur durch den Glauben wird die Menschwerdung und die Auferstehung begriffen. — Siehst du, daß der Glaube schlechthin nicht zureicht, sondern daß er sich „durch Werke“ betätigen muß? Denn derjenige glaubt so recht eigentlich an die Auferstehung Christi, der sich kühn den Gefahren preisgibt, der mit ihm an den Leiden teilnimmt; dadurch tritt er eben in innigste Gemeinschaft mit dem Auferstandenen, mit dem Lebendigen. Deswegen sagt der Apostel: „und (damit ich) in ihm erfunden werde nicht mit meiner Gerechtigkeit, die aus dem Gesetze ist, sondern mit jener durch den Glauben an Christus, mit der Gerechtigkeit aus Gott auf Grund des Glaubens,

V. 10: „so daß ich ihn erkenne und die Kraft seiner Auferstehung und die Teilnahme an seinen Leiden, indem ich gleichgestaltet bin seinem Tode,“

V. 11: „ob ich etwa gelangen möge zur Auferstehung von den Toten.“

„Gleichgestaltet seinem Tode“, sagt er; d. h. daran teilnehmend. Gleichwie nämlich er von den Menschen zu leiden hatte, so auch ich. Aus diesem Grunde sagt er: „gleichgestaltet“; und an einer anderen Stelle wieder: „Ich ersetze vollends, was noch abgeht an den Leiden Christi, in meinem Fleische4“, d. h. diese Verfolgungen und Leiden bringen jenes Abbild seines Todes zustande. Denn er suchte nicht, was ihm, sondern was den Vielen frommte5. Daher sollen Verfolgungen, Trübsale und Bedrängnisse euch nicht nur nicht aus der Fassung bringen, sondern sogar mit Freude erfüllen, weil wir durch dieselben „seinem Tode gleichgestaltet“ werden — er hätte dafür ebenso gut sagen können: „wir werden ihm genau nachgebildet“ (ἐξεικονιζόμεθα) — wie er sich auch in einem anderen Briefe ausdrückt: „Wir tragen das Sterben des Herrn Jesus an unserem Leibe umher6.“ Auch dies ist eine Folge lebendigen Glaubens. Wir glauben nämlich nicht bloß, daß er auferstanden ist, sondern daß er auch S. 173 nach seiner Auferstehung eine große Macht besitzt. Deswegen wandeln wir denselben Weg, den er gewandelt ist, d. h. wir werden auch in dieser Beziehung seine Brüder, wie wenn der Apostel gesagt hätte: Jeder von uns wird in dieser Beziehung zu einem Christus. — O wie groß ist der Wert der Leiden! Wir glauben, daß wir durch die Leiden seinem Tode gleichgestaltet werden. Denn gleichwie wir durch die Taufe mitbegraben sind in Ähnlichkeit seines Todes7, ebenso werden wir auf diesem Wege (gleichgestaltet) seinem Tode. Dort gebraucht er mit Recht die Wendung: „in Ähnlichkeit seines Todes.“ Denn (durch die Taufe) haben wir nicht im vollen Sinne des Wortes den Tod verkostet; da sind wir ja nicht dem Leibe und Fleische abgestorben, sondern der Sünde. Weil also vom Tode in zweifacher Beziehung die Rede ist, da Christus den leiblichen Tod erlitten hat, wir aber der Sünde abgestorben sind, und in Christus der Mensch, den er in unserem Leibe angenommen hat, gestorben ist, in uns aber der Mensch der Sünde; deswegen spricht er (dort) nur von der „Ähnlichkeit seines Todes“, hier aber nicht mehr von der Ähnlichkeit des Todes, sondern vom Tode selbst.


  1. Nämlich durch das Gesetz. ↩

  2. Nämlich durch den Glauben au Jesus Christus. ↩

  3. Vgl. 2 Tim. 2, 12. ↩

  4. Kol. 1, 24. ↩

  5. Vgl. 1 Kor. 10, 33. ↩

  6. Vgl. 2 Kor. 4, 10. ↩

  7. Röm. 6, 4. 5. ↩

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