1.
V. 12: „Es grüßt euch Epaphras, der einer aus euch ist, ein Diener Christi1, allezeit kämpfend für euch in den Gebeten, daß ihr feststehet, vollkommen und erfüllt mit allem Willen Gottes.“
V. 13: „Denn ich gebe ihm das Zeugnis, daß er vielen Eifer hat für euch und die in Laodicea und die in Hierapolis.“
Schon im Eingange des Briefes hat er sich über diesen Mann wegen seiner Liebe empfehlend ausgesprochen; ein Beweis für dessen Liebe aber liegt schon darin, S. 399 daß er Rühmliches von ihnen meldet; wie es denn gleich anfangs heißt: „Der uns kund getan hat eure Liebe im Geiste2.“ Ein weiterer Beweis für seine Liebe, ganz geeignet, ihm Gegenliebe zu erwerben, liegt darin, daß er für sie betet. — Er empfiehlt ihn aber, um seinen Worten Eingang zu verschaffen; denn die Ehrwürdigkeit des Lehrers ist ein Vorteil für die Schüler. Dem gleichen Zwecke dient ferner auch die Bemerkung: „der einer aus euch ist“; sie sollen selbst stolz sein auf diesen Mann, da ja aus ihrer Mitte solche Männer hervorgehen. — Er fährt fort: „und allezeit kämpfend für euch in den Gebeten.“ Es heißt nicht schlechthin: betend, sondern „kämpfend“, in steter Angst und Sorge. — „Denn ich gebe ihm das Zeugnis,“ sagt er, „daß er Eifer hat für euch.“ Gewiß ein glaubwürdiger Zeuge! — Die Worte „daß er vielen Eifer hat für euch“ bedeuten so viel als: daß er euch innig liebt und von Sehnsucht nach euch verzehrt wird. — „... und die in Laodicea“, fügt er bei, „und die in Hierapolis.“ Auch diesen empfiehlt er ihn. Allein woher sollten sie das erfahren? Sie hätten nun ganz gut durch Hörensagen davon Kunde erhalten können; indes wurden sie auch ausdrücklich davon in Kenntnis gesetzt, da ja der Brief ihnen vorgelesen werden mußte. Denn es heißt: „Sorget, daß er auch in der Gemeinde der Laodiceer vorgelesen werde3!“ — Der Apostel sagt: „daß ihr feststehet, vollkommen.“ Damit spricht er ihnen sowohl einen Tadel als auch in schonendster Form eine Ermahnung und einen Rat aus. Denn man kann vollkommen (eingeweiht) sein, ohne festzustehen, wie wenn jemand zwar in allem unterrichtet ist, aber noch immer hin und her schwankt; man kann auch nicht vollkommen (eingeweiht) sein und doch feststehen, wie wenn jemand zwar nur zum Teile unterrichtet ist, aber unerschütterlich feststeht. Allein hier wünscht Paulus beides, „daß ihr feststehet, sagt er, „vollkommen“. Beachte, wie er sie wiederum an die Lehre von den Engeln4 und von dem vollkommenen S. 400 Lebenswandel erinnert! — Er setzt hinzu: „und erfüllt mit allem Willen Gottes“. Denn es reicht nicht hin, den göttlichen Willen nur so obenhin zu tun. Wer mit demselben erfüllt ist, der läßt keinen andern Willen in sich aufkommen; denn sonst wäre er nicht „erfüllt“. — „Denn ich gebe ihm das Zeugnis,“ heißt es, „daß er vielen Eifer hat.“ „Eifer“ und „vielen“; beide Ausdrücke lassen auf den hohen Grad desselben schließen. Wie er denn auch von sich selbst im Briefe an die Korinther sagt: „Ich eifere um euch mit Gottes Eifer5.“
V. 14: „Es grüßt euch Lukas, der Arzt, der Vielgeliebte,...“
Dies ist der Evangelist. Indem aber Paulus ihn erst jetzt erwähnt, beabsichtigt er keineswegs, ihn herabzusetzen, sondern den obgenannten Epaphroditus6 auszuzeichnen. — („Lukas, der Arzt“; denn) es läßt sich leicht denken, daß es auch andere dieses Namens gab. — „... und Demas.“ — Den Worten: „Es grüßt euch Lukas, der Arzt“ aber fügt er noch bei: „der Vielgeliebte“. Auch das ist kein geringes, sondern sogar ein sehr großes Lob, „der Vielgeliebte“ eines Paulus zu sein.
V. 15: „Grüßet die Brüder in Laodicea und den Nymphas und die Kirche in seinem Hause!“
Beachte, wie innig er sie miteinander verbindet und vereinigt, nicht nur dadurch, daß er seinen Gruß entbieten läßt, sondern auch dadurch, daß er sie die Briefe gegenseitig austauschen heißt. Sodann wieder erweist er dem Nymphas die besondere Gunst, daß er ihn eigens nennt. Dies tut er aber nicht ohne Grund, sondern um auch die übrigen zu demselben Eifer anzuspornen. Denn es ist durchaus nichts Geringes, wenn derselbe nicht unter den übrigen aufgezählt wird. Sieh nur, wie er die Bedeutung dieses Mannes charakterisiert, da ja sein Haus eine Kirche war.
V. 16: „Und wenn dieser Brief bei euch vorgelesen ist, so sorget, daß er auch in der Kirche der Laodiceer vorgelesen werde, ...“
S. 401 Meiner Ansicht nach war darin manches enthalten, was auch diese hören sollten. Und diese zogen den größeren Nutzen daraus, da sie durch die Zurechtweisung anderer zur Erkenntnis ihrer eigenen Fehler gebracht wurden. — „... und daß den aus Laodicea auch ihr leset.“ Einige behaupten, damit sei nicht der von Paulus an sie, sondern der von ihnen an Paulus gerichtete Brief gemeint; denn es heiße nicht: den an die Laodiceer, sondern ausdrücklich: „den aus Laodicea“ geschriebenen.
V. 17: „Und saget dem Archippus: Habe acht auf das Amt, das du empfangen hast im Herrn, daß du es erfüllest!“
Weshalb schreibt er nicht an ihn selbst? Wahrscheinlich bedurfte es dessen nicht, sondern nur einer einfachen Erinnerung, um eifriger zu werden.
V. 18: „Gruß von mir, Paulus, eigenhändig.“
Damit gibt er ihnen einen Beweis seiner aufrichtigen Liebe, daß sie selbst seine Schrift sehen und beim Anblick derselben ergriffen werden sollten. — „Seid eingedenk meiner Bande!“ O welch großer Trost! War doch dieser Gedanke allein schon hinreichend, sie zu jedem Opfer zu begeistern und für die bevorstehenden Kämpfe mit größerer Standhaftigkeit auszurüsten. Aber nicht nur standhafter wollte er sie machen, sondern auch noch inniger an sich ketten. — „Die Gnade sei mit euch! Amen.“