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Works John Chrysostom (344-407) In epistulam ad hebraeos argumentum et homiliae 1-34 Homilien über den Brief an die Hebräer (BKV)
Dreiundzwanzigste Homilie.

III.

So sind die Verheissungen Gottes beschaffen; so erfüllen sich seine Versprechen. Ist aber Dasjenige, was er als Zugabe verheissen hat, so bewunderungswürdig, so herrlich und so glänzend, wie werden dann jene Güter beschaffen sein, von denen Dieses die Zugabe und den Überschuß bildet? Was gibt es nun Glückseligeres als Die, welche derselben theilhaftig werden? was Elenderes als Die, welche dieselben verlieren? Denn wenn Derjenige, der aus dem Vaterlande vertrieben worden ist, Allen Mitleid einflößt, und der sein Vermögen eingebüßt hat, Allen beklagenswerth erscheint: mit wie vielen Thränen muß dann Derjenige S. 348 der den Himmel und die dort aufbewahrten Güter verloren hat, beweint werden, oder vielmehr nicht beweint werden; denn beweint wird man dann, wenn man Leiden erduldet, an denen man nicht selber die Schuld trägt; wenn man sich aber aus selbsteigenem Entschlusse durch Lasterhaftigkeit zu Grunde richtet, dann sind nicht Thränen, sondern Wehklagen oder vielmehr Klaggestöhn nothwendig. Denn auch unser Herr Jesus Christus betrauerte und beweinte Jerusalem, obgleich es gottlos war. Wahrhaftig, unsägliches Wehklagen muß über uns ergehen, Thränenströme müssen unsertwegen fließen! Wenn der ganze Erdkreis stimmbegabt wäre, und die Steine und das Gehölz und die Bäume und die wilden Thiere und die Vögel und die Fische und überhaupt der ganze Erdkreis mit seiner Stimme uns, die wir jener Güter verlustig geworden, beweinte: wir würden nicht nach Gebühr beweint und beweheklagt werden. Denn welche Worte, welcher Verstand werden im Stande sein, jene Seligkeit und jene Tugend, jene Freude, jenen Ruhm, jene Heiterkeit und jenen Glanz auszudrücken? „Kein Auge,“ heißt es, „hat es gesehen, kein Ohr hat es gehört, und in keines Menschen Herz ist es gekommen, was Gott Denen bereitet hat, die ihn lieben.“1 Er sagt nicht einfach, daß es die Sinne übersteige, sondern daß noch Niemand es eingesehen habe, was Gott Denen bereitet hat, die ihn lieben. Denn wie müssen natürlicher Weise die Güter beschaffen sein, welche der Herr selber zubereitet und besorgt? Wenn er uns ja gleich nach unserer Erschaffung, da von unserer Seite noch gar Nichts gewirkt worden war, so Vieles geschenkt hat, das Paradies, den Verkehr mit ihm, die Unsterblichkeit und ein sorgenfreies Leben versprach: was wird er nun Denen geben, die für ihn so Vieles gewirkt und durchgekämpft und erduldet S. 349 haben? Seines Eingebornen hat er für uns nicht geschont, seinen wirklichen Sohn hat er für uns in den Tod dahin gegeben. Wenn er uns nun, als wir seine Feinde waren, so Großes hat zukommen lassen, wessen wird er uns dann nicht würdigen, da wir seine Freunde geworden? woran uns nicht theilnehmen lassen, da er uns mit sich versöhnt hat? Und er ist sehr reich und verlangt und bemüht sich außerordentlich, unsere Freundschaft zu besitzen; wir aber, Geliebte, bemühen uns gar wenig um die seine! Was sage ich: wir bemühen uns nicht? Wir wollen nicht einmal so seiner Güter theilhaftig werden, wie er selber es will. Und daß er Solches mehr verlangt, hat er durch Das bewiesen, was er für uns gethan hat. Denn wir verachten, was uns betrifft, kaum ein wenig Gold; er aber hat für uns seinen eigenen Sohn hingegeben. Benutzen wir, Geliebte, wie es nothwendig ist, die Liebe Gottes, genießen wir seine Freundschaft! „Denn ihr seid,“ sagt er, „meine Freunde, wenn ihr thut, was ich euch sage.“2 Ha! seine Feinde, die gränzenlos weit von ihm entfernt standen, von denen er durch Alles in unvergleichbarem Übermaße sich auszeichnete, hat er zu Freunden gemacht und nennt sie Freunde. Was soll man nun nicht für diese Freundschaft zu erdulden wünschen? Wir aber unterziehen uns für die Freundschaft der Menschen sogar Gefahren, für die Freundschaft Gottes wollen wir nicht einmal Geld zum Opfer bringen. Wir sind von unserer Hoffnung abgefallen, von unserer Höhe heruntergestürzt, unwürdig erschienen, von Gott Ehre zu empfangen; wir haben uns als undankbar und nach den Wohlthaten als böse erwiesen; der Teufel hat uns aller Güter beraubt. Wir, die gewürdiget worden, seine Söhne zu sein, die Brüder und Miterben, haben uns seinen Feinden, die ihm Schmach zufügen, gleichgestellt. Welcher Trost S. 350 wird uns noch übrig bleiben? Er hat uns zum Himmel berufen, wir selbst verstoßen uns in die Hölle. Daher haben sich auch Lüge und Diebstahl und Ehebruch auf der Erde verbreitet. Die Einen mischen Blut mit Blut, die Andern verüben Dinge, die schlimmer sind als Blut. Viele von Denen, die Unrecht leiden, Viele, die betrogen werden, wünschen lieber tausend Mal zu sterben, als Solches zu erdulden; und wenn die Furcht vor Gott sie nicht erzittern machte, würden sie Selbstmörder werden; so blutgierig sind sie gegen sich selbst. Ist Das nicht schlimmer als Blut? „Wehe mir,“ sprach mit Zagen der Prophet, „weg sind die Frommen aus dem Lande, und Rechtschaffene gibt es unter den Menschen nicht.“3 Jetzt aber können wir Dieß zuerst in Bezug auf uns selbst laut ausrufen. Seid doch ihr meine Trauergenossen! Vielleicht gehen Einige ihres Weges und lachen; wahrhaftig, Das muß die Thränen noch vermehren, weil wir zu einem solchen Grade von Raserei und Verrücktheit gelangt sind, daß wir nicht erkennen, wie rasend wir geworden, sondern darüber lachen, worüber wir aufseufzen sollten. „Denn es offenbart sich, o Mensch, der Zorn Gottes vom Himmel über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen.“4 „Gott kommt offenbar, unser Gott schweigt nicht; Feuer brennt auf vor seinem Angesichte, und um ihn her ist starkes Wetter.“5 „Feuer geht vor ihm her und verzehrt ringsum seine Feinde.“6 „Denn siehe, es wird kommen der Tag, entflammt wie ein Ofen.“7 Und Niemand erwägt Das in seinem Geiste, sondern gleich Märchen werden diese schauerlichen und fürchterlichen Dinge verachtet und beschimpft. Niemand hört sie, Alle lachen und spotten darüber. Was für ein Ausweg wird uns bleiben? S. 351 Woher werden wir Rettung finden? Wir sind zu Grunde gegangen, wir sind zum Nichts herabgesunken, sind unsern Feinden zum Gelächter und den Heiden und Teufeln zum Gespötte geworden.


  1. 1 Kor 2,9 ↩

  2. Joh 15,14 ↩

  3. Mi 7,2 ↩

  4. Röm 1,8 ↩

  5. Ps 49,3 ↩

  6. Ps 96,3 ↩

  7. Mal 4,1 ↩

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Translations of this Work
Commentaire de Saint Jean Chrysostome sur l'épître de Saint Paul aux Hébreux Compare
Homilien über den Brief an die Hebräer (BKV)
Commentaries for this Work
Einleitung: Homilien über den Brief an die Hebräer

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