11.
Dieses fürwahr ist das Erste und Königlichste: daß man sich selbst beherrsche, die Vernunft als Lenkerin über das verwandte Thier aufstellend; nicht aber, während man über viele Tausende gebieten will, selbst Sklave sei der schändlichsten Gebieterinnen: der Lust und Trauer, und welche verwandte Ungeheuer dem Thiere einwohnen. Daher wird er, von sich selbst ausgehend, zuerst mit Verwandten und Freunden Umgang pflegen und in ihrem Kreise über das Ganze rathschlagen. Er wird sie Freunde nennen, nicht spottend des Namens, nicht, wie jene, welche das rauhe und widrige Werk der Gewaltherrschaft zu mildern suchen, mit einem milderen Namen, als die Wahrheit verstattet. Denn welcher Besitz ist so königlich, als ein mitfühlender Freund? Wer ein süßerer Theilnehmer an dem Glücke? Wer beharrlicher des Unglücks schwere Last zu tragen? Wer untrüglicher im Lobe? Wer weniger kränkend bei schar- S. 79 fem Tadel? Was zeugt mehr von einem edeldenkenden Könige, als wenn er die, welche stets um ihn sind, wahrhaft glücklich macht? So wird er auch in der Ferne beliebt seyn und Guten den Wunsch erregen, königlicher Freundschaft theilhaftig zu werden, wovon das Gegentheil bei Tyrannen statt findet, von denen das artige Sprüchwort gilt weit fern von Zeus und seinem Blitze, woraus, weil sie hinterlistig gegen Freunde handeln, offenbar hervorgeht, daß Sicherheit und Muße besser sind, als die Gefahren in einem glanzvollen Leben; denn kaum wird man wegen der Freundschaft mit einem Tyrannen glücklich gepriesen, so wird man schon wegen der Feindschaft bemitleidet. Allein der König weiß, daß das Selbstgenügende in Gott ist, und Gott als Urwesen über das Beherrschte emporragt; einem Menschen aber, der über viele und gleiche Menschen herrscht, seine Natur zur Umsicht bei jedem Werke nicht genügt. Ergänzend also den Mangel der Natur, vereint er sich ganz mit seinen Freunden, seine Kraft vervielfältigend; denn so wird er mit Aller Augen schauen, mit Aller Ohren hören und mit Aller Geistern, die in Eins zusammenstreben, rathschlagen.