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Auch ist es nicht königlich, die Staaten mit Abgaben zu drücken; denn wozu bedarf ein Guter vieler Schätze, da er weder im Geistesschwindel auf kostspielige Werke Aufwand macht und anstatt mäßigem Gebrauche falschem Ehrgeitze huldigt, noch jugendlichen Sinnes den Schweiß der Edlen auf Theaterspiele vergeudet; ja nicht einmal in die S. 109 Notwendigkeit geräth, viele Kriege zu führen, die, wie der Lakoner sagt, nicht bestimmte Portionen speisen; denn der Gute ist gemäß unserer Rede vor Nachstellung und Angriff sicher. Wenn er das Nöthige besitzt, so bedarf er des Ueberflußes nicht. Jenes kann er eintreiben, ohne im Geringsten zur Last zu fallen, wenn er die schuldigen Rückstände nachläßt und sich mit dem begnügt, was den Kräften der Leistenden entspricht. Ein habsüchtiger König aber ist schändlicher, als ein Krämer; denn dieser steuert dem Mangel seines Hauses; an jenem aber läßt sich die schlechte Denkart nicht entschuldigen. Oft über jegliche Leidenschaften nachsinnend, welche Erscheinungen sie an jenen Menschen, die mit ihnen behaftet sind, hervorbringen, glaube ich sogar an Privatleuten bemerkt zu haben, daß diese erwerbtreibende Klasse durchaus niedrig, schlechtgeartet und ohne alle edle Bildung sei, und nur in einem krankhaften Staate einen nicht ganz ehrlosen Platz finden könne. Diese verachten fürwahr zuvörderst sich selbst, weil sie nicht im Einklange mit dem Willen der Natur über das Höchste und Niedrigste denken; denn sie bestimmte den Körper für den Dienst des Geistes, das Aeußere aber für den Bedarf des Körpers und räumte dem Letztern die zweite Stelle ein; jene aber verknüpfen Körper und Geist mit einem Dritten. Sich selbst also entehrend und das Leitende in ihnen zum Skla- S. 110 ven herabwürdigend, was können sie wohl noch Großes und Herrliches unternehmen oder berathschlagen? Wenn ich erkläre, daß sie schlechter und thörichter, als Ameisen sind, so darf ich ob der Wahrheit nicht erröthen; denn diese messen die Einkünfte nach dem Bedarf für das Leben, jene aber wollen das Leben nach dem Bedarf der Einkünfte messen. Diese grause Pest muß demnach von ihm und von den Unterthanen entfernt werden, damit er ein Guter über Gute herrsche, und der Eifer für Tugend dagegen erweckt werden, so daß der König selbst hierin Wettstreiter und Kampfrichter ist; denn schändlich ist es, sagte jemand, im Wurfspiesseschleudern und Faustkämpfen öffentliche Wettstreite zu halten und den Siegern Kronen zu bestimmen; in der Mäßigkeit aber und Tugend nicht zu wetteifern. Wahrscheinlich, ja mehr, als wahrscheinlich, sogar durchaus nothwendig ist es, daß die Staaten, wenn sie dieser Gemüthsstimmung des Königs folgen, jenes alte, goldene und gefeierte Leben leben, nicht dem Bösen, sondern dem Guten huldigend und vor allem der Gottseligkeit. Hiezu wird der König selbst Führer seyn, jedes Werk, sei es ein kleineres oder ein größeres, mit Gott beginnend. Denn es ist nichts Erhabneres zu schauen und zu hören, als wenn ein König in des Volkes Mitte die Hände erhebt und zu seinem und des Volkes gemeinschaftlichem Kö- S. 111 nige fleht. Vernunftgemäß ist es, daß auch die Gottheit sich freue, wenn sie verherrlicht wird durch die Verehrung eines gottseligen Königs, und durch geheimnißvolle Verbindungen einen solchen sich befreunde. Daher ist er außerdem, daß er gottliebend ist, vorzüglich menschenliebend, sich so gegen seine Unterthanen zeigend, wie er jenen überirdischen König findet. Ein solcher aber wird jede Pflicht erfüllen. Die Rede kehrt nun wieder zu dem zurück, was wir kurz zuvor gesagt.