45. Philoromus.
[In Galatien verlebten wir lange Zeit mit dem Priester Philoromus, einem Manne von streng asketischem Wesen und härtester Abtötung. Seine Mutter war eine Sklavin, sein Vater ein Freigelassener. Im Wandel nach dem Vorbilde Christi bewies er solchen Adel, daß sogar die Rotte der Unüberwindlichen vor seiner Tugendhaftigkeit zurückscheute. Philoromus entsagte der Welt in den Tagen des Kaisers Julian unseligen Angedenkens, nachdem er diesem offen die Meinung ausgesprochen hatte. Jener ließ ihn deshalb scheren und von jungen Sklaven ins Angesicht schlagen; doch Philoromus ertrug es tapfer und sprach ihm seinen Dank aus. So hat er uns selbst erzählt. Anfangs quälten ihn Unzucht und Gaumenlust; er bekämpfte sie damit, daß er sich einschloß, eiserne Ketten trug und weder Brot aß noch etwas anderes, das am Feuer zubereitet war. So hielt er achtzehn Jahre lang aus; dann sang er Christo das Siegeslied.1 Von bösen Geistern auf mancherlei Weise geplagt, zog er sich in ein Kloster zurück und blieb da vierzig Jahre. Dreißig Jahre genoß er nach eigenem Geständnis keine Früchte. Weil ihn einst Mutlosigkeit befiel, schloß er sich sechs Jahre lang in ein Grabmal. Der selige Bischof Basilius war ihm sehr S. 410 gewogen, denn er fand Gefallen an seiner unbeugsamen Strenge. Jetzt noch hat er Schreibrohr und Papier bei sich und ist mit Schreiben beschäftigt, obgleich er schon im achtzigsten Lebensjahre steht. Er sagte: "Seit ich in die Geheimnisse eingeführt und getauft wurde bis auf den heutigen Tag hab' ich niemals fremdes Brot umsonst gegessen, sondern nur solches, das ich durch eigene Mühe verdiente." Bei Gott gab er uns die Versicherung, er habe von der Arbeit seiner Hände zweihundertfünfzig Goldstücke2 den Krüppelhaften geschenkt und dennoch niemand ein Unrecht zugefügt. Er wanderte zu Fuß bis nach Rom und oblag dem Gebet in der Märtyrerkirche des seligen Petrus; auch kam er nach Alexandrien und betete dort in der Kirche des Märtyrers Markus, besuchte Jerusalem zweimal zu Fuß und lebte dabei vom eigenen Gelde. Er sagte: "Niemals hat sich, soweit ich zurückdenke, mein Geist von Gott entfernt."]